Die Schließung des Gertrud-Teufel-Seniorenzentrums sorgt noch immer für hitzige Diskussionen. Foto: Fritsch

Heftiger Disput im Gemeinderat nach öffentlichem OB-Lob für einzelne Fraktionen.

Nagold - Die Schließung des Gertrud-Teufel-Seniorenzentrums (GTSZ) – sie bleibt ein Zankapfel für den Nagolder Gemeinderat. Eigentlich ging’s in dessen jüngster Sitzung in der Stadthalle "nur" um das Nachschießen von Geldern für die Jahre 2018 und 2019. Aber just dabei gingen "alte Wunden" auf.

"Wir müssen noch einmal nachladen", so Oberbürgermeister Jürgen Großmann bei der Einleitung des Tagesordnungspunktes – und zwar für 2018 zur nachträglichen Deckung eines Fehlbetrags von über 130.000 Euro, für 2019 zumindest eine Abschlagszahlung von 1,5 Millionen Euro auf ein eigentlich aufgelaufenes Defizit von 1,86 Millionen Euro. Macht für das Haushaltsjahr 2020 eine außerplanmäßige Ausgabe für die Stadt von mehr als 1,63 Millionen Euro, die aus einer Deckungsreserve (300.000 Euro) und einer Rücklagen-Entnahme "aus Überschüssen des ordentlichen Ergebnisses beim Jahresabschluss 2020" (1,33 Millionen Euro) aufgebracht werden sollen.

"Das alles unterstützen wir natürlich"

Was letztlich so auch "mit einer großen Mehrheit" beschlossen werden sollte, wie es der OB – nach heftiger Debatte sichtlich konsterniert – formulieren sollte. Denn zuvor gab es da noch die Wortmeldung von Brigitte Loyal (Grüne-Fraktionssprecherin), die eigentlich gar nicht so kontrovers startete: Man sei (in ihrer Fraktion) sehr erfreut von der jüngsten Entwicklung der Stadt bei den Pflegeplätzen – gerade auch in Hochdorf, wo ja zusätzlich auch Tagespflegeplätze geplant seien, die man dort dringend bräuchte. "Das alles unterstützen wir natürlich – wie es irgend nur geht." Man konnte den OB da noch huldvoll lächeln sehen.

Aber dann kam Loyal auf die Berichterstattung des Schwarzwälder Boten zum geplanten Pflegeneubau auf der Scholderwiese zu sprechen – an der Loyal einerseits die Mitteilung der Stadt kritisierte, man hätte durch die Schließung des GTSZ lediglich 50 stationäre Pflegeplätze verloren. Tatsächlich seien es doch ursprünglich ganze 100 solche Pflegeplätze gewesen, die man dort vorgehalten hätte – und die durch den Wegfall des GTSZ in der Bilanz für Nagold komplett fehlten.

"Man muss auch die Menschen sehen"

Insofern stimme die Rechnung von Großmann nicht, man hätte die weggefallenen Pflegeplätze vollständig ersetzt und sogar in Zahlen übertroffen. Außerdem müsse man auch "die vier Jahre Vakuum" betrachten, in denen die neuen Pflegeplätze noch nicht verfügbar seien. Da hätte der Übergang gleitender gestaltet werden können und müssen. "Man muss auch die Menschen und ihre Schicksale sehen."

Aber so richtig erbost wurde Loyals Wortmeldung, als sie auf Großmanns ausdrückliches und öffentliches Lob jener Fraktionen zu sprechen kam, die die damals von der Verwaltung geforderte, sofortige Schließung des GTSZ beim entsprechenden Beschluss im Gemeinderat mitgetragen hatten (CDU, FWV und FDP). "Dass Sie uns nicht gelobt" haben, so Loyal, sei ein Akt "wider dem so oft beschworenen ›Nagolder Geist‹", der der Atmosphäre im Gremium und der gemeinsamen Arbeit nicht gerecht werde. Unmittelbare Entgegnung des OBs – mit schon auch versteinerter Miene: "Was wahr ist, muss gesagt werden!" Und wahr sei, so Großmann weiter, dass "es mit SPD und Grünen nur ein ›Weiter so‹ gegeben" hätte.

Was die "Übergangszeit" angehe, so habe die Berichterstattung über die Scholderwiese öffentlich dokumentiert: Die "Investoren waren erst in dem Moment da, als klar war, die Stadt steigt aus der Pflege komplett aus". Was Stadtrat Wolfgang Schäfer (CDU-Fraktionssprecher) um den Hinweis ergänzte, dass eine solche Übergangsphase wie nach der Schließung des GTSZ natürlicherweise "immer mit Einschränkungen" verbunden sei. Unabhängig davon habe es "im Mittelbereich" um Nagold – also mit den Regionen beispielsweise um Altensteig und Wildberg – immer, auch nach der GTSZ-Schließung, "genug Pflegeplätze" für den aktuellen Bedarf gegeben. Weshalb Schäfer – an dieser Stelle als erster Redner – darum bat, "dieses Kapitel endlich zuzumachen". Und ein neues aufzuschlagen. Kommentar von Eberhard Haizmann (FWV-Fraktionssprecher): Die Schließung des GTSZ sei sicher "ein Ende mit Schrecken" – wie gerade der weiterhin noch hohe Zuschussbedarf zeige. "Es war eine harte Entscheidung – aber eine notwendige!"

"Die Zeit heilt die Wunden nicht – sie vernarbt sie"

Doch das mochte Stadtrat Daniel Geese (SPD), als Pfarrer unter anderem einst für die GTSZ-Bewohner seelsorgerisch zuständig, so noch nicht stehen lassen. "Die Zeit heilt die Wunden nicht – sie vernarbt sie", so sein Einwurf. Auch Geese würdigte ausdrücklich den Mut der Stadt, "ins kalte Wasser" zu springen mit dem seinerzeitigen Entscheid, das GTSZ zu schließen, was sich nun im Nachhinein als vorteilhaft erweise. So sei auch der Bericht in der Zeitung, wer damals den Entscheid mitgetragen habe, sachlich richtig. Aber, so Geeses nachdrücklich vorgetragene Rüge, das öffentliche bevorzugen der anderen Fraktionen "hat weh getan!".

So kam in der sich tatsächlich im Gremium bei diesem Thema immer noch weiter aufheizenden Debatte letztlich ausgerechnet Günther Schöttle (AfD), der seinerzeit beim Entscheid über das Aus des GTSZ noch nicht dem Gemeinderat angehörte und dadurch in diesem Fall irgendwie "neutral" argumentieren konnte, die ungewohnte Rolle als Friedensstifter zu: "Könnten wir damit bitte aufhören, diese alten Schlachten hier zu führen!?", so sein schon auch ein bisschen genervter Ordnungsruf in Richtung der übrigen Ratskollegen und der Verwaltungsspitze. Der von der Mehrheit im Rat spontan auch mit Applaus gewürdigt wurde. Es folgte der ja noch notwendige Beschluss "mit großer Mehrheit" über die außerplanmäßigen Ausgaben fürs GTSZ. Dann war der unerwartet heftige Disput tatsächlich beendet.

Bleibt nachzutragen: Mit der "Liquidationsbilanz" und der Jahresrechnung zum Ende dieses Jahres, die sicher noch einmal mit Defiziten belastet sein werden – allein aus dem offen gebliebenen Fehlbetrag für 2019 – erfolgt laut Sitzungsvorlage "die vollständige finanzielle Abwicklung des Eigenbetriebs GTSZ", der dann auch formal endlich "Geschichte" sein wird.