Vor dem Tübinger Landgericht fand der Nagolder einen milderen Richter. Foto: SB-Archiv

46-jähriger Nagolder zieht vors Landgericht und kommt mit einer Bewährungsstrafe davon.

Nagold/Tübingen - Das Landgericht Tübingen hat einen 46-jährigen Mann aus Nagold wegen fortgesetzter sexueller Beleidigung seiner Exfrau zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung verurteilt. Außerdem muss er jeweils 500 Euro an das Frauenhaus, die Telefonseelsorge und die Staatskasse bezahlen.

Das Amtsgericht Nagold hatte ihn in der Verhandlung am 8. Februar 2012 ebenfalls zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt – aber ohne Bewährung. Dagegen legte der Familienvater Berufung ein.

"Bis 2008 haben wir eine normale Ehe geführt", versicherte der Angeklagte auf Befragen der Vorsitzenden Richterin Christiane Barth. Dann wurde er immer öfter in einem Nagolder Gasthaus gesehen und unternahm allein mehrere Flugreisen nach Thailand. Als seine ein Jahr jüngere Frau mitbekam, dass er dort eine Liebesbeziehung eingegangen war, stellte sie ihn zur Rede.

Am 8. September 2009 kam es zu einer tätlichen Auseinandersetzung. Der 46-Jährige schlug mehrmals auf seine Frau ein, die daraufhin den Schlussstrich zog. Dem Mann wurde nach der räumlichen Trennung verboten, der gelernten Friseurin näher als 200 Meter zu kommen. Seit Oktober 2011 ist das Paar offiziell geschieden.

Der heute zehnjährige Sohn blieb bei der Mutter, die inzwischen 18-Jährige Tochter lebt bei ihrem Vater. Als der Angeklagte über Facebook mitbekam, dass seine Exfrau eine Fernbeziehung zu einem Italiener aufgebaut hatte, drehte er durch. Innerhalb weniger Monate schrieb er ihr über 2000 SMS, nicht nur tagsüber, sondern auch nachts. "Drecksau, Hure, Schlampe, Rabenmutter" waren noch die harmlosesten Bezeichnungen. Außerdem drohte er der 46-Jährigen, sie und ihren "Stecher" totzuschlagen.

Verteidiger Marc Hufschmidt bat in der Verhandlung darum, nur wenige Kurzbotschaften vorzulesen. Weil neben der Richterin zwei Schöffen saßen, die einen Eindruck von den gesimsten Hasstiraden bekommen müssten, um sich ein Urteil zu bilden, las Christiane Barth mit tonloser Stimme 140 SMS vor und bekannte nachher, dass "ich so etwas noch nicht erlebt habe".

"Was ich getan habe, tut mir leid"

Für ihn sei eine Welt zusamengebrochen, als er erfuhr, dass seine Frau einen anderen Mann kennengelernt habe, begründete der Angeklagte sein Verhalten. Außerdem hätte er zu der Zeit viel Alkohol getrunken. "Was ich getan habe, tut mir leid. Ich hoffe, dass ich mit einem blauen Auge davonkomme." Ob ihm überhaupt klar gewesen sei, welche seelischen Verletzungen er seiner Exfrau zugefügt habe, fragte die Richterin und schüttelte missbilligend den Kopf.

Staatsanwalt Ivo Neher war bei der Verhandlung in Nagold besonders erbost, dass der 46-Jährige noch einen Tag vor dem Gerichtstermin seiner Exfrau 50 ekelerregende SMS schrieb und er nichts besser gewusst habe,als rechthaberisch darauf hinzuweisen, dass es nur 25 gewesen seien.

Verteidiger Marc Hufschmidt machte in seinem Plädoyer geltend, dass sein Mandant nach dem Urteil in Nagold und der gezeigten "Roten Karte" nicht mehr negativ aufgefallen sei, seinen Zahlungsverpflichtungen nachkomme, nicht vorbestraft und kein Alkoholiker sei – was durch zwei Untersuchungen festgestellt wurde – und selbst seine Exfrau angedeutet habe, dass sie nur ihre Ruhe haben wolle und ihr nicht daran gelegen sei, "dass er ins Gefängnis kommt".

Nach 20-minütiger Beratung mit den beiden Schöffen verkündete die Richterin das Urteil: zehn Monate Freiheitsstrafe, die drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird und die Zahlung einer Geldbuße über insgesamt 1500 Euro.