Die Schirme aufgespannt, die Tische draußen: Die Calwer Gastronomen empfangen seit Sonntag wieder Gäste. Foto: Biermayer

Nach mehr als einem halben Jahr dürfen die Calwer Gastronomiebetriebe wieder Gäste empfangen. Die Calwer machten davon am Sonntag Gebrauch. Der ganz große Ansturm blieb jedoch aus.

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Calw - Genesen, geimpft oder getestet – das waren auch in Calw die Zauberworte. Denn eines davon musste man sein, um am Sonntag einen Platz in den wieder geöffneten Restaurants zu bekommen. Weil die Sieben-Tage-Inzidenz fünf Tage unter dem Wert von 100 lag, wurde dieser Öffnungsschritt möglich.

Doch genau diese Werte sorgten in der vergangenen Woche bei den Gastronomen für großen Wirbel. Da vom Landratsamt aufgrund einer Systemumstellung fehlerhafterweise Werte von über 100 verkündet wurden, stand das Öffnungsszenario kurzzeitig auf der Kippe.

Zu wenig Hilfe

"Die Stimmung ist angespannt", sagte Thomas Peter, Ortsverbandsvorsitzender der Dehoga in Calw und Wirt des "Alt-Calw". Nach der Meldung der Zahlen habe sein Handy dauerhaft geklingelt. Viele hätten nicht gewusst, was das bedeute. Regeln und Gesetze änderten sich schnell. Bei der Umsetzung bekämen Gastronomen aber wenig Hilfe, kritisierte Peter. Und nach mehr als einem halben Jahr Schließung lägen die Nerven blank.

Janina Müssle, Pressesprecherin des Landratsamtes, brachte immerhin etwas Licht ins Dunkle: Nur ein Tag mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 100 reiche nicht, um die Öffnungsschritte wieder zurückzunehmen. Dies müsste drei Tage am Stück der Fall sein. Ist das nur zwei Tage der Fall und der Wert falle dann wieder unter 100, beginne diese Zählung von Neuem.

Peter: Schließung war Fehler

Peter wollte sich aber auch nicht nur beschweren. Die finanziellen Hilfen für die Gastronomie seien wichtig gewesen und hätten Insolvenzen verhindert. Und auch in Calw sei das Management der Krise gut gewesen. Allerdings empfinde er die radikale Schließung der Restaurants nach wie vor als Fehler. Diese Orte seien keine Hotspots gewesen, so Peter.

Die Zeit hätten die meisten Gastronomen laut des Calwer Dehoga-Chefs aber gut genutzt. Viele hätten renoviert und saniert. Manche, wie er, hätten einen Abhol- und Lieferservice angeboten. Das sei vor allem mental wichtig gewesen, um bei der Stange zu bleiben. Denn man habe ja nicht gewusst, wann man wieder öffnen dürfe. Und eine Öffnung auf die Schnelle sei auch schwer. Das "Alt-Calw" hatte am Sonntag beispielsweise zu, da Peter das Service-Personal fehlte. Das befinde sich noch in Quarantäne.

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Andernorts hatten die Menschen in Calw mehr Glück. Und die, die Cafés und Restaurants besuchten, waren begeistert. Es sei der Hammer, befand eine Freundesgruppe aus Calw. Man habe lange darauf gewartet, sich endlich wieder so treffen zu können. Dass dies auch spontan ohne weitere Probleme funktioniere, habe sie dann aber doch überrascht.

"Ich bin wahnsinnig glücklich", meinte ein Mann, der genüsslich sein Bier trank. Es schmecke sogar noch besser, als er es in Erinnerung habe, scherzte er. Auch das mit dem Testen habe in der Badstraße unkompliziert und schnell geklappt. Dafür könne man die Stadt auch ruhig mal loben.

Die Öffnung der Gastronomie zog auch Gäste von außerhalb an. Eine Familie, die bei Rostbraten zusammensaß, hatte beispielsweise den Weg von Kirchheim unter Teck (Kreis Esslingen) auf sich genommen. Bei ihnen im Landkreis seien die Werte noch zu hoch. Sie seien alle aber schon geimpft und deshalb gerne nach Calw gekommen. Die Einkehr nach einer kleinen Wanderung sei einfach toll. Allerdings seien sie erstaunt, wie wenig los sei.

Spontanität wird genommen

Und der Eindruck täuschte nicht: Insgesamt war der erste Öffnungstag – wie auch das Wetter – etwas durchwachsen.

Der ganz große Ansturm blieb aus. Ein Wirt schob dies auf die kurze Geltungsdauer der Schnelltests. Das nehme den Menschen die Spontanität. Vielleicht müssen sich die Menschen aber auch erst wieder daran gewöhnen, dass man wo anders als in den eigenen vier Wänden essen und trinken kann.