Pianistin Rita Kaufmann und Marie Theres Relin beim Hauskonzert in der Altheimer Straße Foto: Richard Menzel

Marie Theres Relin. Ein großer Name. Ein großer Auftritt im kleinen Kreis. Und ein Impuls, der auch das Kulturleben in der Region beleben könnte.

Horb – Hauskonzert bei Klaus Kaufmann. Diesmal steht seine Frau Rita und seine ehemalige Klavierschülerin im Mittelpunkt: Marie Theres Relin. Kaufmann: "Marie Theres Mutter Maria Schell hat mich angerufen und gefragt, ob ich ihren Kindern Klavierunterricht geben könnte. Nur eine Anekdote: Maria Schell fragte mich, ob ich mit Abendessen wollte. Ein Gast begrüßte mich: Gestatten, Brandauer." Da weiß jeder, wer gemeint ist: Schauspielerlegende Klaus Maria Brandauer (unter anderem spielte er den Mephisto).

 

Jetzt steht Marie Theres Relin neben Rita Kaufmann. Es gibt ein Melodram. Kaufmann: "Das ist eine Form, die vor allem im 18. Und 19. Jahrhundert en vogue war." Der Titel: Enoch Arden von Richard Strauss und dem damaligen Bestseller-Autor Alfred Tennyson. Klaus Kaufmann: "Der war der zweitbekannteste Engländer neben Königin Viktoria."

Dramatik und Virtuosität

Melodram. In Zeiten von intensivem Podcast wieder voll im Trend. Rita spielt erst auf dem Klavier die Themen für die beiden Männer Enoch und Philip vor, die um die Gunst von Annie buhlen. Marie Theres Relin hat das schwarze Buch geöffnet, trägt die Ballade vor. Agiert mit den Händen, zeigt die Wellen des Meeres. Gestikuliert entschlossen mit lauter Stimme, als Enoch erklärt, dass er jetzt mit dem Schiff nach China fährt, um genug Geld für die Erziehung seiner Kinder heimzubringen. Und als Annie zweifelt, passen sich die Worte und Gesten von Marie Theres perfekt in den Rhythmus der dramatische Klaviertöne ein, die im Dachboden am unteren Marktplatz verschmelzen. Ein Gesamtkunstwerk. Die Teile Vorlesen, Schauspiel und Klavierspiel in einer Choreographie und Dramaturgie. So viel mehr als ein Podcast oder Hörbuch. Ergreifend, mitreißend.

Kunstform Melodram

Marie Theres: "Das Melodram ist eine eigene Kunstform – geschaffen durch einen Komponisten und Literatur. Aber ich merke, das die Kombination zwischen Lesung und Musik unheimlich im Kommen ist auf den Bühnen." Der Grund: Wenig Aufwand, große Resonanz beim Publikum. Und ein tolles Erlebnis.

Darauf setzt Marie Theres Relin auch bei ihrem Projekt "Region 18 – wir holen die Stars aufs Land!". Die Künstlerin: "Die Idee war, die Kinos in der Verwaltungsregion 18 von Bayern – also in der Provinz und in den Städten - wieder zu beleben. Weil die meisten ohnehin eine Bühne haben, habe ich Schauspielkollegen gebeten, dort eine Matinee zu machen und vormittags eine Lesung zu halten. Daraus hat sich ein Baukastensystem entwickelt, mit denen wir für günstig Geld dem Kino eine neue Bedeutung geben. Als Kulturstätte." Stolz sagt Marie Theres Relin: "Das ganze mache ich ohne Förderung!"

Lustig: Am 3. Juli heißt es "Kroetz liest Kroetz". Da liest Relin zusammen mit ihrem Ex-Mann Franz Xaver Kroetz (Kir Royal) im Museum-Lichtspiele München. Eintritt 10.50 Euro. Im März waren Robert Atzorn und seine Frau bei einer Lesung im Park-Kino in Bad Reichenhall. Zuletzt traten Robert Atzorn und seine Frau, sowie Monika Baumgartner (Bergdoktor) mit Lesungen in den fünf Partnerkinos auf.

Idee für den Marktplatz?

Marie Theres: "Damit schaffen wir Kultur für jedermann und es gibt keine Barriere mehr. Das wäre doch auch etwas für Horb – für den Marktplatz beispielsweise!" Sie wäre auch gerne bereit, dabei zu unterstützen.

Auch ein zweites Projekt von Marie Theres könnte einen neuen Impuls in die Kulturszene der Region bringen. Es heißt "Kino – Frauen aller Kulturen". Inzwischen gibt es das in vier Städten (München, Kaiserslautern, Trostberg, Wasserburg). Dafür gabs 2019 den Integrationspreis. Die Künstlerin: "Die Idee ist: Wir laden einmal im Monat Frauen aller Nationen und Religionen ein zu einem Film, der einen Bildungsinhalt hat. Der Eintritt ist frei. Da gehen russische mit ukrainischen Frauen und muslimische mit katholischen Frauen Hand in Hand ins Kino – wir sind für zwei Stunden eine große Familie ohne Grenzen!"

Jede Menge Kunst, Inspiration und Anstöße. Ein Hauskonzert im kleinen Kreis, was hoffentlich neue Impulse setzen kann.

Übrigens: Wer Marie Theres Relin, Rita und Klaus Kaufmann mal auf der großen Bühne sehen will, der sollte sich das Wochenende des 10. Bis 12. Juni im Kalender notieren. Beim Wasserburger Klaviersommer (liegt nördlich vom Chiemsee) gibt es das Melodram am Sonntag um 11 Uhr. Eintritt frei.