Solidarität in Zeiten von Corona: Rund 220 Zollernälbler haben sich auf dem Balinger Marktplatz eingefunden. Foto: Ungureanu

"Mit Anstand, Abstand und Masken" für Solidarität und gesellschaftlichen Zusammenhalt in Corona-Zeiten: Rund 220 Menschen aus dem ganzen Zollernalbkreis sind dem Aufruf des Aktionsbündnisses von Parteien, Gewerkschaften und Kirchen zur Kundgebung auf dem Balinger Marktplatz gefolgt.

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Balingen - Vor der Bühne, die neben dem Rathaus aufgebaut war, brannten zahlreiche Kerzen – stellvertretend für die, die nicht dabei sein konnten. Die erkrankt waren oder durch Corona ihr Leben verloren hatten. Kein gewöhnlicher Tag sei es, sagte Alexander Maute, der die Kundgebung organisiert hatte: Am 27. Januar werde der Opfer des Holocaust gedacht, "jener, die damals vergebens auf Solidarität und Zusammenhalt gehofft haben". Das Aktionsbündnis von Parteien, Gewerkschaften und Kirchen stehe heute, in einer der größten Krisen der Nachkriegszeit, hier für Zusammenhalt und Solidarität. Friedlich sei man zusammengekommen, "nicht gegen jemanden, sondern für uns alle".

Bekenntnis zum Rechtsstaat

Nach einer musikalischen Einstimmung durch das Duo "Wir sind 4" trugen Bernd Romer, Hilla von Falkenstein, Laura Hanke, Marlies Kempka und David Knoblich kurze Statements aus dem Programm des Aktionsbündnisses vor. Alle begannen mit dem Wörtchen "wir", das sich durch die ganze Veranstaltung zog. Es ging dabei um Gemeinschaft, um Verantwortung füreinander, um das Bekenntnis zum Rechtsstaat und zur Demokratie, um Akzeptanz für Andersdenkende, solange deren Wirken nicht gegen Recht und Ordnung verstoße und Mitmenschen gefährde. Und es ging um Solidarität mit dem Krankenhaus- und Pflegepersonal, den Ordnungs- und Rettungsdiensten – und um den Schutz der freien, unabhängigen Presse.

Ute Hettel, Fachkraft für Anästhesie und Intensivmedizin am Zollernalb-Klinikum, hat seit zwei Jahren täglich mit Corona zu tun. Sie sprach von der Gefahr, "dass unser System dadurch in die Knie geht", von Personalproblemen, davon, was Corona von jeder "normalen" Grippe unterscheidet: In den 40 Jahren, in denen sie im Krankenhaus tätig gewesen sei, habe sie so etwas noch nie gesehen: "Wir haben aufgerüstet wie für einen Krieg." Und: Die Impfung sei ein Segen. Seien in der ersten Welle noch zahlreiche Ärzte und Pflegekräfte an Corona erkrankt, so habe es nach der Impfung kaum noch Erkrankungen gegeben. Und wenn ja, dann nur leichte Formen.

Von Gott?

Pfarrerin Eveline Günther von der evangelischen Kirchengemeinde Engstlatt erinnerte daran, dass alle eine Gemeinschaft bildeten, dass man füreinander Verantwortung trage – in guten wie in schlechten Zeiten. Es gelte nicht, gegen etwas, sondern für etwas einzustehen. Pfarrer Christof Seisser gestand, dass er ein "besonderes Verhältnis zu Corona" habe: Als erster "positiv Getesteter" im Kreis – er hatte das Virus aus einem Skiurlaub in Südtirol mitgebracht – habe er schon ein "merkwürdiges Gefühl" gehabt, habe befürchtet, "als Sündenbock abgestempelt zu werden". Ob Corona von Gott komme? Eher nicht. Was von Gott komme, sei die Fähigkeit, damit umzugehen und dagegen anzukämpfen. Etwa Impfstoffe zu entwickeln. Er selbst sei nicht nur der erste "Genesene" im Kreis, sondern mittlerweile auch zweimal geimpft und "geboostert".

Erwin Feucht verwies auf die coronabedingten Schwierigkeiten im Bereich der Gastronomie: "Wir brauchen die Geselligkeit, aber wir müssen vor dem Virus achtsam sein, wir übernehmen Verantwortung für unsere Gäste und Kollegen, die mit ihren Kräften am Ende sind." Die Gesellschaft dürfe sich nicht spalten lassen: "Wir leben in keiner Diktatur, sondern in einem Rechtsstaat. Ich habe kein Verständnis für Pandemieleugner und Verschwörungstheoretiker. Hier endet die Toleranz!" Wiederholt gab es Beifall.

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