Deutsche und ausländische Jugendliche bauen gemeinsam Kistentrommeln im Jugendraum der Flüchtlingsstelle. Fotos: Holbein Foto: Schwarzwälder-Bote

Landeserstaufnahmestelle: Meßstetter Gymnasiasten und junge Flüchtlinge bauen gemeinsam Cajones / Auch Trommeln ist geplant

Von Christoph Holbein

Gemeinsam Instrumente bauen und darauf musizieren: Das ist der Inhalt eines Projektes, das Schüler des Meßstetter Gymnasiums mit Jugendlichen aus der Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge auf die Beine gestellt haben: Sie fertigen Cajones.

Meßstetten. Hassan schüttelt die kleine Plastikflasche, dann drückt er darauf, eine weiße klebrige Masse fließt aus der schmalen Öffnung, die er sorgsam in einem dünnen Streifen an den Kanten des Holzkastens verteilt: Es riecht nach Leim. Dem 12-jährigen Syrer macht die Arbeit Spaß: "Das ist toll hier", sagt er und werkelt weiter. Im Jugendtreff der Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Meßstetten (Lea) haben sich an diesem Tag sechs junge Flüchtlinge im Alter von elf bis 16 Jahren und zwölf Schüler des zweistündigen Musikkurses in der Klasse zwölf am Meßstetter Gymnasium versammelt. Sie bauen in einem gemeinsamen Projekt Instrumente: Cajones.

"Das ist toll und macht viel Spaß"

"Wir wollten mal etwas anderes machen", erzählt Stephan Maulbetsch, Lehrer für Musik und Mathematik am Gymnasium. Da die Schüler in Musik kein Abitur absolvieren, stehen sie im zweiten Schulhalbjahr unter keinem Zeitdruck und haben die Muse, sich dem Thema Bauen eines Instrumentes zu widmen. Die 18-jährige Schülerin Rebecca Weigelt brachte dann die Idee ein, das Vorhaben gemeinsam mit Flüchtlingen zu starten. Über den 19-jährigen Johannes Herre, der in der Lea als Streetworker ein freiwilliges soziales Jahr macht, kam schließlich der Kontakt zu Martin Franzki zustande, der den Jugendtreff in der Lea organisiert hat und betreut.

Der nächste Arbeitsschritt steht an: Die Resonanzplatten für die Kistentrommeln sind zu leimen. Der 15-jährige Hussen aus Syrien ist mit Eifer dabei: "Das ist toll und macht Spaß", sagt der bekennende Michael-Jackson-Fan. An zwei Tagen bauen die deutschen und ausländischen Jugendlichen die Cajones und hoffen danach auch ein bisschen Zeit zu haben, gemeinsam ihre Instrumente auszuprobieren. "Wir haben einfach losgelegt", erklärt Martin Franzki. Das Material hat Lehrer Maulbetsch über einen Schreiner bestellt und im Baumarkt besorgt. Einen Teil hat die Grundschule in Weilstetten gespendet. Der Jugendtreff trägt aus Spenden für den Jugendraum sein finanzielles Scherflein dazu bei. Einige der Instrumente bleiben denn auch im Jugendtreff.

"Das ist eine gute Sache", betont Rebecca Weigelt. Die Verständigung klappt: auf Englisch, Französisch und Deutsch: "Alle besuchen einen Sprachkurs, sind wissbegierig und lernen sehr gut und sehr schnell", erklärt Franzki, der von diesem Projekt "begeistert" ist: "Über das gemeinsame Arbeiten läuft die Kommunikation besser, die Jugendlichen erleben sich gegenseitig im Tun." Für die jungen Flüchtlinge bringen solche Angebote Abwechslung in den Tagesablauf in der Lea, der gleichförmig ist und mit viel Warten ausgefüllt.

Den deutschen Schülern wird dabei bewusst, dass es um Menschen geht mit ihrer konkreten Geschichte, die sie mitbringen. "Das bekommt ein Gesicht dadurch", sagt Rebecca. Für Maulbetsch ist gerade dieser soziale Aspekt wichtig und gleichzeitig macht es Spaß: "Das ist etwas anderes, als die gesamte Zeit am Schultisch zu sitzen. Daran werden sich die Schüler erinnern." Und Franzki hat erkannt, dass für viele Flüchtlinge Musik eine große Rolle spielt. So nennt es auch Johannes Herre ein "gutes Projekt": "Die Jugendlichen haben etwas zu tun und kommen in Kontakt mit Menschen von außerhalb."

Beide Seiten haben etwas davon: Rebecca möchte später etwas Soziales machen und mit Kindern arbeiten. Das gemeinsame Bauen der Cajones ist eine "interessante Erfahrung": "Es ist schön, wenn die Kinder auf einen zugehen; alle aus dem Musikkurs sind da und jeder nimmt etwas mit." Derweil freuen sich Hussen und Hassan – die Beiden sind Brüder und stammen aus Damaskus – darauf, mit den Kistentrommeln zu spielen.