Bettina Zahn hat gerne als Erzieherin im Kindergarten der Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge gearbeitet. Fotos: Weiger Foto: Schwarzwälder Bote

Adieu Lea!: Bettina Zahn war eine der Erzieherinnen im Kindergarten der Einrichtung / Serie Teil 2

Was Bettina Zahn, eine der Erzieherinnen im Kindergarten der Meßstetter Landeserstaufnahmestelle (Lea) zum Abschied mitnimmt? Ganz viel Dankbarkeit.

Meßstetten. Knapp 3700 Flüchtlinge lebten in der Hochphase im Oktober 2015 in Meßstetten. Dass darunter viele Kinder waren, liegt auf der Hand. Kleine Mädchen und Buben, die sich mit einer sicheren, aber dennoch neuen Umgebung auseinandersetzen mussten. Kinder, die ein schweres Schicksal mit nach Meßstetten gebracht hatten. Und Kinder, die sich einfach danach sehnten, wieder Kind sein zu dürfen – mit allem, was dazu gehört: Spielen, Toben, Malen, Basteln. Dem Kindergarten in der Lea kam deshalb in den knapp drei Jahren Betrieb eine besondere Aufgabe zu. Eine der rührigen Erzieherinnen war Bettina Zahn.

Sie ist es auch, die Ende September Kehraus macht. Gesellschaftsspiele, Legosteine, Teddys, Farbstifte, Bauklötze – alles ist längst verpackt. Im Gang wartet ein einsames Schaukelpferd auf seine weitere Verwendung, genauso ein Hüpfball und eine kleine Rutschbahn. An einer Wandtafel stehen noch die Personalpronomen: "Ich, du, er, sie, es..."

Bettina Zahn ist wehmütig, während sie eine Papiergirlande aus lauter Herzen zusammenrollt. Was für ein schönes Bild, so viele Herzen zum Abschluss. "Ich verdrücke schon die eine oder andere Träne", sagt die Erzieherin. "Diese Arbeit hat mein eigenes Leben unglaublich bereichert. Es war so viel Leben, was hier gelebt wurde. Und es war von so viel Dankbarkeit geprägt."

Ende 2015 hat Bettina Zahn ihre Tätigkeit im Lea-Kindergarten aufgenommen – gerade da, als der Zustrom an geflüchteten Menschen besonders groß war. Sie erinnert sich daran, dass so vieles improvisiert werden musste. Wie die Frauen die Kinder schließlich altersmäßig aufteilten, weil die Kindergarten-Räume an ihre Grenzen stießen. Daran, dass irgendwann Bleistifte oder Stühle knapp wurden. Und auch daran, wie der einen oder anderen Mitarbeiterin schon einmal die Kräfte ausgingen.

Eine immense Herausforderung also und gewiss keine Arbeit wie jede andere. Doch Bettina Zahn möchte keinen Tag ihrer Lea-Zeit missen. "Das Schönste war es, wenn die Mädchen und Buben langsam Vertrauen gefasst haben", sagt sie, "wenn man gemerkt hat, dass sie sich langsam zu Hause fühlen und gern zu uns kommen." Mit heim nahm die Kindergarten-Mitarbeiterin selbst aber manches Schicksal: "Es ist keine Arbeit, die man nach Feierabend ablegt und am nächsten Tag einfach weitermacht", resümiert die Erzieherin. Sie zeigt auf eine Stellwand mit gemalten Kinderbildern: "Verstehen Sie, was ich meine? Überlegen Sie, was Ihr kleiner Sohn im Kindergarten malt. Kein Kind der Welt sollte doch so etwas malen müssen."

In der Tat: Die Bilder jagen einem Schauer über den Rücken, so detailgetreu gezeichnet sie auch sein mögen. Männer mit Waffen sind zu sehen, in düsteren Farben. Es fließt Blut, Bomben fallen aus einem Flugzeug. Daneben stehen Sätze wie: "In Syrien hat ein Isis auf meinen Papa geschossen, und ich habe alles gesehen." Oder: "Mein Haus wurde einfach von den Männern bombardiert."

Große Unterstützung erfuhr das Kindergarten-Team bei seiner Arbeit durch Christine Rösch. Die Ebingerin, ausgebildete Heilpraktikerin für Psychotherapie, kam zur Sandspieltherapie in die Lea und nahm sich der Mädchen und Buben an. Umso schöner waren bei so viel Einsatz die Erfolgserlebnisse. Ein Kind beispielsweise, das Tage zuvor noch scheu und mit großen Augen in der Tür des Kindergartens gestanden hatte und dann plötzlich herzlich lachte: "So etwas ist wirklich unbezahlbar."

Die Gruppe singt in den verschiedenen Sprachen "Bruder Jakob"

Bettina Zahn will nach ihrer Meßstetter Zeit der Flüchtlingsarbeit treu bleiben. "Die Dankbarkeit trage ich immer im Herzen", sagt die Lea-Mitarbeiterin und lächelt in Erinnerung daran, wie in Meßstetten eine komplette Kindergruppe in den verschiedenen Sprachen "Bruder Jakob" gesungen hat: "Das war wirklich international."