Dürften spätestens jetzt kein ungetrübtes Verhältnis mehr haben: Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Bürgermeister Frank Schroft. Foto: Eyrich

SWR4-Redakteur vergisst, Schalter umzulegen. Frank Schroft teilt live gegen Land aus.

Meßstetten/Tübingen - Wer am Dienstag zwischen 9.30 und 10 Uhr SWR 4 gehört hat, der hat möglicherweise seinen Ohren nicht getraut: Nach den Regionalnachrichten lief nicht das erwartete Programm. Stattdessen öffnete sich das Nähkästchen: Man konnte "On Air" hören, wie Redakteurin Anette Hübsch sich mit dem Meßstetter Bürgermeister Frank Schroft unterhielt und O-Töne für einen Beitrag sammelte, der am Donnerstagnachmittag gesendet werden sollte.

Es handelte sich um einen Veranstaltungstipp: die Meßstetter Jubiläumsfeierlichkeiten anlässlich von 40 Jahren Stadterhebung. "Ganze Sätze bitte, Herr Schroft!", hörte man Anette Hübsch sagen und gleich darauf die pflichtschuldige Korrektur des Meßstetter Schultes. Was war passiert? Nach Ende der Nachrichten hatte der verantwortliche Redakteur das Studio verlassen und dabei vergessen, einen kleinen Kippschalter umzulegen. Nämlich den, der wieder zum Gesamtprogramm zurückführte. Daher waren jetzt, ohne es zu merken, Hübsch und Schroft auf Sendung.

Bürgermeister will Seitenhieb gegen Land platzieren

Und so konnte jedermann miterleben, wie der Bürgermeister hinter den Kulissen darauf hinwies, dass er nichts dagegen hätte, wenn er der Landesregierung einen kleinen "Seitenhieb" verpassen und auf das Meßstetter Ärgernis par excellence hinweisen dürfte: dass die durch die Auflösung des Bundeswehrstandorts gebeutelte Gemeinde zwar auf beispielhafte Weise die Erstaufnahme von zeitweilig über 3000 Flüchtlingen gemeistert habe, aber außer vollmundigen Versprechungen, man werde dies nicht vergessen und sich angemessen revanchieren, vom Stuttgarter Dank bisher "so gut wie nichts" mitbekommen habe. Lippenbekenntnisse zu ländlichen Raum, das sei alles, was das Land bisher geboten habe.

Deftig? Eigentlich nicht, eher deutlich – Schroft neigt nicht dazu, aus seinem Herzen eine Mördergrube zu machen und hat sich schon öfters ähnlich geäußert, auch öffentlich. Aber es wirkt halt noch einmal ungefilterter, wenn man glaubt, "unter vier Ohren" zu sprechen.

Tausende hören mit

Dass es faktisch Tausende waren, die mitgelauscht hatten, das merkten sie beim SWR in Tübingen erst, als die Telefone heiß liefen. Wobei etliche Anrufer weniger den "Seitenhieb" beanstandeten als den vermeintlich "respektlosen" Umgang der Journalistin mit dem Bürgermeister: "Ganze Sätze!" – dass diese Aufforderung bei der O-Ton-Aufnahme eher die Regel als die Ausnahme ist, konnten die Hörer schließlich nicht wissen, und sie begriffen halt auch erst nach und nach, dass sie im falschen Film waren.

Das Ende vom Lied war eine kleine Mitteilung von SWR4 in eigener Sache, die kurz nach den 12.30-Uhr-Nachrichten gesendet wurde. Andreas Narr, der Tübinger Studioleiter, meldete sich zu Wort, erklärte, dass seine Kollegen nicht ganz freiwillig Einblick gewährt hätten, "wie wir Radio machen", und entschuldigte sich für den Fauxpas – bei den Hörern und bei Frank Schroft.

Gegenüber dem Schwarzwälder Boten erklärte er, dass er das Missgeschick unter der Rubrik "dumme gelaufen" verbuchen müsse – hier habe der Teufel in die Suppe gespuckt. "Ich bin seit über 20 Jahren dabei, aber so etwas habe ich noch nie erlebt."