CSU-Chef Seehofer lässt beim Reizthema Pkw-Maut nicht locker und provoziert so kurz vor der Wahl neuen Krach mit der Schwesterpartei CDU. Scharf in die Parade fährt ihm die Kanzlerin aber auch nicht. Foto: dpa

CSU-Chef Seehofer lässt beim Reizthema Pkw-Maut nicht locker und provoziert so kurz vor der Wahl neuen Krach mit der Schwesterpartei CDU. Scharf in die Parade fährt ihm die Kanzlerin aber auch nicht.

Berlin - Die CDU will den von CSU-Chef Horst Seehofer neu entfachten Streit um eine Pkw-Maut auf Autobahnen im Wahlkampf nicht eskalieren lassen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vermied nach Seehofers erneutem Drängen auf eine Nutzungsgebühr für ausländische Fahrer eine eindeutige Festlegung für die Zeit nach der Wahl. Vize-Regierungssprecher Georg Streiter sagte am Montag in Berlin, in der neuen Legislaturperiode müsse mehr Geld für den Straßenbau ein Schwerpunkt sein. „Welcher Weg dann genau zum Ziel führt, das wird sich weisen.“ Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) betonte, auch Merkel bleibe aber bei ihrem Nein zur Maut. Der Koalitionspartner FDP, SPD, Grüne und Autofahrerclubs lehnten die CSU-Vorstöße klar ab.

Seehofer hatte am Wochenende seine Drohung bekräftigt, keinen Koalitionsvertrag zu unterschreiben, in dem die Einführung der Abgabe für ausländische Autofahrer fehle. Die CDU-Spitze hat einer Pkw-Maut wiederholt eine Absage erteilt. Sie steht daher nicht im gemeinsamen Bundes-Wahlprogramm der Union, die CSU schrieb sie aber in ihr Programm zur Bayern-Wahl am 15. September.

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte am Montag: „Alle anderen Parteien wollen die Gratis-Fahrten für Ausländer auf unseren Autobahnen weiter hinnehmen. Wir nicht.“ Er habe „kein Verständnis für die Bedenkenträgerei in anderen Parteien, die sich in Wahrheit vor der Problemlösung drücken wollen“. Es müsse „endlich Schluss sein damit, dass wir unsere Autobahnen für alle kostenfrei hergeben, während wir Deutsche überall um uns herum zahlen müssen“.

Kauder sagte dem Portal „Spiegel Online“, Seehofer habe „ein besonderes Anliegen“ der bayerischen Schwesterpartei vorgetragen. „Das ist auch in Ordnung, zumal Bayern ein Transitland ist. Die Bundeskanzlerin und ich bleiben aber bei unserer ablehnenden Haltung.“ In Koalitionsverhandlungen wäre über den Wunsch der CSU zu reden. „Dabei müssen wir auch die Frage diskutieren, ob eine Maut nur für ausländische Fahrzeuge mit dem Europarecht im Einklang stehen kann“, fügte Kauder aber hinzu.

Die SPD lehnt „jede Form von Pkw-Maut ab“

FDP-Chef Philipp Rösler sagte, eine erste Prüfung habe ziemlich deutlich gemacht, dass eine Pkw-Maut für ausländische Fahrer wahrscheinlich „schlichtweg europarechtswidrig“ sei. „Vielleicht erübrigen sich damit auch viele weitere Diskussionen.“ Die EU- Kommission bekräftigte, dass Ausländer in keinem Land der EU bei Mautzahlungen gegenüber Inländern benachteiligt werden dürfen. „Die Nichtdiskriminierung wegen der Nationalität ist ein grundlegendes Prinzip des EU-Rechts“, sagte eine Sprecherin in Brüssel.

Die SPD lehnt „jede Form von Pkw-Maut ab“, wie Generalsekretärin Andrea Nahles sagte. Sie warf Seehofer „Wahlbetrug mit Ansage“ vor. Wider besseres Wissen erwecke er den Eindruck, eine Maut nur für Ausländer sei möglich. Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt sagte, hinter dem Drängen stecke, „dass es eine Maut für alle geben soll.“ Dies wirke wie eine Kopfpauschale - weniger umweltschädliche Autos und Geringverdiener mit Kleinwagen müssten dasselbe zahlen.

Scharfe Kritik an der CSU kam von Autofahrerclubs. „Herr Seehofer ist mal wieder als Geisterfahrer auf der Maut-Autobahn unterwegs. Es ist höchste Zeit, ihn so schnell wie möglich auf die richtige Spur zu bringen“, sagte ein Sprecher des ADAC. Der Auto Club Europa forderte mehr Ernsthaftigkeit in der Debatte über die Verkehrsfinanzierung. „Mit bajuwarischem Bauerntheater lassen sich vielleicht ein paar Lacherfolge erzielen, aber gewiss keine Schlaglöcher beseitigen.“