Steven Lin hat schon auf vielen Bühnen dieser Welt gespielt. Am Sonntag begeisterte er die Zuhörer im ausverkauften Fürstensaal im Kultur- und Museumszentrum Schloss Glatt. Foto: Vollmer

Steven Lin, ein Pianist der absoluten Weltspitze, wurde am Sonntag im ausverkauften Fürstensaal im Wasserschloss Glatt vom Publikum mit Standing Ovations gefeiert.

Sulz-Glatt - Im Rahmen der Musiktage Horb gab der international bekannte Pianist aus den USA/Taiwan ein Konzert der Meisterklasse in Wohnzimmeratmosphäre. Im Alter von zehn Jahren wurde er am berühmten Konservatorium, der "Juilliard School NY", aufgenommen und bereits mit zwölf Jahren hatte er seinen ersten Solo-Auftritt mit der New York Philharmonic, so Sven Gnass, Leiter der städtischen Musikschule Horb und langjähriger Bekannter von Lin.

Lyrische Elemente und dramatische Wendungen

Der Pianist eröffnete den Abend mit der betörend-stolzen, dann wiederum melancholischen Musik von Chopins Mazurkas. Mit diesen Kompositionen bekennt sich Chopin zu seiner polnischen Heimat. Der sympathische Zauberer am Klavier ließ den gesamten Reichtum der schlichten und doch empfindsamen Mazurka-Rhythmen im ¾-Takt zur Klangkunst werden.

Chopins "Ballade No. 1" gilt als wild und eigentümlich. Im Plauderton begann Lin zu spielen, ging über zu den lyrischen Elementen, steigerte sich vollendet zu den dramatischen Dichtungen und verblüffte sein Publikum. Auch den neunjährigen Valentin aus Wachendorf in der ersten Reihe, der selbst Klavier spielt.

Von dem zeitgenössischen Komponisten David Hertzberg, dessen erste Oper "The Wake World" 2017 mit dem Best New Opera Award des nordamerikanischen Musikkritikerverbands ausgezeichnet wurde, spielte Lin das bezaubernde Stück "Notturno Incantato" mit dynamischen Passagen und zartem Zwischenspiel.

Zauberhaft und pointiert

Beethovens Klaviersonate 31/3 widerspiegele das intensive musikalische Experimentieren des Meisters, so Lin. In seiner derart gelungenen Darbietung ließ der Musiker rasante Fingerfertigkeit und gestalterische Ausdruckskraft in außergewöhnlicher Weise zu einer Einheit verschmelzen.

Nach so viel Musikgenuss gab es eine Kunstpause – und doch nicht – man konnte zu den malerischen Farbklängen der aktuellen Ausstellung übergehen.

Claude Debussys Vorstellung von Musik war revolutionär. Mit der "Suite bergamasque" ließ Lin keine Zweifel aufkommen, dass er sich des impressionistischen Kerns dieses Werkes eingehend angenommen hat. Zauberhaft spielte der Virtuose die Suite, mit leisestem Pianissimo und doch pointiert und dem "Clair de lune" als Mitte.

Sven Gnass geht neue Wege in der Kulturvermittlung

Auf Englisch, gut verständlich, beschrieb Steven Lin Liszts 15-minutige Hommage an Mozarts Drei-Stunden-Oper "Don Giovanni". Er hätte mit den gewaltigen Themen aus dem Finale, mit der Hölle, begonnen. Den zärtlichen Charakter des Duetts von Don Giovanni und Zerlina hätte Liszt mit einer weiteren Variation der glücklichen Idylle gestaltet, der Champagner-Arie, welche die abenteuerliche Natur Don Giovannis zum Ausdruck bringe.

Dann legte der Tastenlöwe los und ließ zahllose Töne mit rasender Geschwindigkeit auf seine Zuhörer niederprasseln, um dann spannend zum geschmeidig weichen Duett überzugehen. Mit ekstatischer Stimmung setzte Lin den Schlussakkord. Grandios. Lupenrein und unfassbar sicher präsentierte der Meiser am Klavier sein Programm, beginnend mit leisen Klangfarben und endend mit den komplexesten.

Was tut ein Pianist, der in einem Konzert alles gegeben hat, die Seele, das Kaliber und die Andacht und die Zuhörer einfach stehen bleiben und nicht aufhören zu klatschen? Lächelnd verneigte sich Steven Lin immer und immer wieder.

Lin ist nicht der erste Gast im Kultur- und Museumszentrum Schloss Glatt, der auf den großen Bühnen der Welt zu Hause ist. Dafür sorgt Sven Gnass, der voller Experimentierfreude neue Wege in der Kulturvermittlung geht und das mit Erfolg.