Sowohl in der Puffer- als auch in der Kernzone des Nationalparks haben die Mitarbeiter die Borkenkäfer-Population im Blick – eingegriffen wird aber nur in der Pufferzone. Foto: Nationalpark /Anne Kobarg

ildes Klima begünstigt die Vermehrung des Schädlings: Das bekommt auch der Nationalpark Schwarzwald zu spüren. Mit seinen Partnern versucht das Schutzgebiet die Ausbreitung des Insekts in der sogenannten Pufferzone einzudämmen.

Wer mit offenen Augen durchs Land fährt, sieht rote und trockene Bäume landauf und landab. Trockenheit und hohe Temperaturen setzen den Bäumen zu und machen sie anfällig für verschiedene Schädlinge. „Diese Entwicklung überrascht die Forstleute nicht, die Auswirkungen des Klimawandels sind im Wald deutlich zu spüren“, sagt Simone Beck, Leiterin des Fachbereichs Wald und Naturschutz im Nationalpark Schwarzwald. Vor allem Wälder, die arm an Baumarten und Strukturen sind, sind laut Mitteilung des Nationalparks betroffen. In vielen von Fichten bestimmten Beständen könnten sich zum Beispiel die Borkenkäfer besonders schnell ausbreiten.

„Die Dynamik der Käferentwicklung, vor allem des ,Buchdruckers’ an der Fichte, wurde begünstigt durch die heiße und trockene Witterung im Vorjahr, und lässt nun die Befallsmengen in diesem Jahr enorm ansteigen“, sagt Markus Kautz von der Abteilung Waldschutz, der Forstlichen Versuchs und Forschungsanstalt (FVA) Baden-Württemberg.

Die FVA begleitet das Borkenkäfermanagement im Nationalpark. „Aus diesem Grund wurde die Borkenkäferplage schon bei Gründung des Nationalparks 2014 intensiv diskutiert und im Rahmen des Nationalparkplans ein umfassendes Konzept zum Borkenkäfermanagement aufgesetzt“, sagt Simone Beck. So trifft der Borkenkäfer dort nun auf zwei Besonderheiten: Im Pufferstreifen, rund um den Nationalpark, wird er mit moderner Technik und vereinten Kräften von FVA, von Forst BW, die den Staatswald bewirtschaften, der Stadt Baden-Baden und des Nationalparks in Schach gehalten. „In der Kernzone aber darf er sich wie alle Arten entfalten und neue Strukturen schaffen –Lebensraum für viele bedrohte Pflanzen und Tiere“, erklärt Simone Beck

Deutlich mehr Schadholz als im vergangenen Jahr

Im Pufferstreifen arbeiten die Partner eng zusammen. Eine App macht sichtbar, wo befallene Bäume bei den Kontrollen entdeckt wurden und wie hoch die Holzmenge ist, die ungefähr anfällt. „Mit diesen Informationen können wir die befallenen Bäume zügig fällen und für den Verkauf vorbereiten“, erläutert der Leiter des Forstbezirks Mittlerer Schwarzwald, Simon Stahl. „Die Geschwindigkeit des Erkennens, der Aufarbeitung und des Abtransports des Holzes aus dem Wald sind die entscheidenden Faktoren, um mit der rasanten Dynamik der Käferentwicklung umgehen zu können“, ergänzt Stahl. Vollständig eindämmen lasse sich der Borkenkäfer aber selbst im Pufferstreifen nicht. „Unser Ziel ist es, mit der Aufarbeitung der befallenen Bäume so schnell zu sein, dass wir die Käferlöcher möglichst klein halten“, sagt Simone Beck.

„Aktuell können unser Holzverkauf und die Logistik die anfallenden Käferholzmengen noch aufnehmen“, zieht Simon Stahl ein Resümee zur Situation am Holzmarkt. Bis Juni 2023 ist im Pufferstreifen bereits doppelt so viel Käferholz angefallen, wie im Vorjahreszeitraum. Die Kontrollen zum Borkenkäfermanagement beginnen nach dem Schnee, wenn schadhaftes Holz mit Überwinterungskäfern entfernt wird.

Mit geschultem und aufmerksamen Blick gehen die Kolleginnen und Kollegen vor Ort durch die Flächen in ihrer Zuständigkeit. „Aufgrund der in diesem Jahr etwas späteren Populationsentwicklung ist es wahrscheinlich, dass wir in den Höhenlagen über 600 Metern im Nordschwarzwald im Gegensatz zum Vorjahr keine dritte Käfergeneration bekommen“, wagt Markus Kautz einen Ausblick. „Im Detail hängt dies jedoch noch von der Witterung im Spätsommer ab.“

In „Kernzone“ darf sich der Borkenkäfer ausbreiten

In den Kernzonen des Nationalparks bietet sich die Chance, die Arbeit des Borkenkäfers ohne Störungen durch den Menschen zu beobachten und wissenschaftlich zu begleiten. „Für einen strukturreicheren, wilderen Wald übernimmt der Borkenkäfer eine wichtige Funktion für viele andere Arten, die diesen Lebensraum brauchen oder von Totholz leben“, erklärt Beck.

Drei-Zonen-Modell

Der Nationalpark Schwarzwald ist in drei ineinanderliegenden Zonen gegliedert. Im sogenannten Pufferstreifen greift das Nationalparkteam pflegend und lenkend ein. In der Entwicklungszone werden die Wälder darauf vorbereitet, später in die Kernzone überzugehen. In den Waldgebieten der Kernzone gilt das Motto: Natur Natur sein lassen. Sie werden komplett sich selbst überlassen.