Ob vor dem Fernseher und Computer, am Handy oder Laptop: Viele Kinder und Jugendliche nutzen zu viel und zu lang elektronische Medien. Foto: dpa/Silvia Marks

Soziale Netzwerke, Fernsehen, Zocken: Wie viel Zeit Kinder und Jugendliche damit verbringen, dürfte in vielen Familien eines der großen Streitthemen sein. Fachleute geben Eltern klare Orientierungshilfen an die Hand. Doch wie sieht die Realität aus?

Ab in den Schrank mit der Konsole und eine Sanduhr neben das Tablet: Mit konkreten Tipps wollen Fachleute Eltern helfen, die Bildschirmzeit ihrer Kinder zu begrenzen.

Für Kinder und Jugendliche sei es umso besser, je weniger Zeit sie vor Bildschirmen verbringen, heißt es in einer Leitlinie die unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) und mit Beteiligung der Universität Witten/Herdecke entstanden ist. Darin geht es darum, einer Suchtentwicklung vorzubeugen.

Hier können Sie alle Leitlinien der DGKJ nachlesen.

Wie lang ist die empfohlene Bildschirmzeit?

Die empfohlene gesamte Bildschirmzeit vom Fernsehen über das Zocken am Computer bis zur Internetnutzung per Smartphone:

  • Unter 3 Jahren: Die Allerkleinsten sollten von jeglicher passiven und aktiven Nutzung von Bildschirmmedien ferngehalten werden, wie die Autoren schreiben. Das bedeutet, dass vor ihren Augen zum Beispiel möglichst auch die Eltern nicht ständig aufs Handy schauen sollten.
  • 3 bis 6 Jahre: Geraten wird zu höchstens 30 Minuten an einzelnen Tagen zum Heranführen an solche Medien. Das Kind soll dabei nicht allein gelassen werden. Die Nutzung einer Sand- oder Stoppuhr könne helfen zu begreifen, wie schnell die Zeit vor dem Bildschirm verfliegt.
  • 6 bis 9 Jahre: höchstens 30 bis 45 Minuten an einzelnen Tagen, außerhalb der Hausaufgaben am Bildschirm.
  • 9 bis 12 Jahre: höchstens 45 bis 60 Minuten in der Freizeit vor einem Bildschirm und nur beaufsichtigter Internetzugang.
  • 12 bis 16 Jahre: Maximal ein bis zwei Stunden täglich in der Freizeit und spätestens bis 21 Uhr. Weiterhin mit inhaltlicher Begleitung und beschränktem Internetzugang.
  • 16 bis 18 Jahre: Die Zeit durch Regeln festlegen, als ein Orientierungswert werden zwei Stunden Nutzung in der Freizeit pro Tag angegeben.

Sollen Kinder und Jugendliche eigenen Mediengeräte haben?

Spielkonsole, Internet

  • Kinder unter neun Jahren sollten laut Leitlinie weder eine eigene Spielkonsole noch einen freien Internetzugang bekommen. Wer eine eigene Konsole besitze, verbringe im Schnitt doppelt so viel Zeit mit Computerspielen wie Kinder ohne. Die Autoren raten zum Aufbewahren des Geräts in einem abgeschlossenen Schrank, um als Eltern über die Nutzung bestimmen zu können.

Smartphone

  • Ein eigenes Smartphone wird frühestens ab 9 Jahren, besser frühestens ab 12 Jahren empfohlen, wobei der Internetzugang eingeschränkt sein soll. Ab 16 Jahren könne er uneingeschränkt sein.

Smartphone, Tablet, TV

  • Die Fachleute empfehlen insbesondere bei kleineren Kindern, die Zeiten am Smartphone, Tablet oder TV mit „qualitativ hochwertigen Inhalten“ zu verbringen.
  • Eltern sollten wenn möglich dabei sein und hinterher mit dem Nachwuchs über das Gesehene sprechen. Bildschirmmedien sollten auch nicht als Belohnung, Strafe oder zum Beruhigen genutzt werden, hieß es.
  • Während der Mahlzeiten wird dazu geraten, die Geräte ganz beiseite zu legen.
  • Zum Thema Unterricht heißt es: „Eltern und Lehrer sollen informiert und unterstützt werden, auf digitalen Fernunterricht wann immer möglich zu verzichten.“

Info: Wie lange surfen Kinder und Jugendliche im Netz?

Jugend-Digitalstudie
Jugendliche verbringen 63,7 Stunden in der Woche im Internet. Das geht aus der am 27. Juni 2023 veröffentlichten „Jugend-Digitalstudie“ der Postbank hervor. Das sind 5,7 Stunden mehr als vor der Corona-Pandemie im Jahr 2019. 2022 waren es 67,8 Stunden pro Woche. Die aktuelle Befragung wurde im Frühjahr vorgenommen.

Frauen
Demzufolge verbringen junge Frauen insgesamt mehr Zeit im Internet als junge Männer – und das besonders intensiv mit dem Smartphone. Im Vergleich dazu sitzen Jungen häufiger am PC. In Zahlen ausgedrückt heißt das: Weibliche Jugendliche nutzen zu 94 Prozent das Smartphone und zu 58 Prozent das Tablet, um damit ins Internet zu gehen.

Männer
Bei ihren männlichen Altersgenossen greifen 85 Prozent zum Smartphone und 46 Prozent zum Tablet. Zu 48 Prozent nutzen sie demnach den Desktop-PC, um im Internet zu surfen, bei den jungen Frauen sind es mit 20 Prozent deutlich weniger. Entsprechend dem Nutzungsverhalten wünschen sich der Befragung zufolge weibliche Jugendliche besonders Smartphones und Tablets, um im Internet zu surfen.

Trend
Darüber hinaus wird in der Studie deutlich, dass die Nutzung des Internets für Schule, Ausbildung und Studium seit 2019 kontinuierlich zunimmt. In der Summe waren es im Jahr 2019 2,5 Stunden pro Tag, 2021 3,6 Stunden und im Frühjahr 2023 4,3 Stunden pro Tag. Seit 2019 greifen Jugendliche auch öfter zu Smartphones und Tablets. Dagegen verlieren Laptop und Computer langsam an Bedeutung.