Die neuen BHKWS von Mayer & Cie sollen in Bälde in Betrieb gehen. Das Bild zeigt (von links) Heiko Hämmerle, den Leiter der Betriebstechnik, Geschäftsführer Benjamin Mayer sowie Jochen Skott und Fabian Riedel von der beauftragten Firma Reuko aus Nagold. Foto: Ralph Koch für Mayer & Cie

Der Tailfinger Rundstrick- und Flechtmaschinenhersteller Mayer & Cie. steht kurz vor der Umstellung auf die Energieversorgung mittels Kraft-Wärme-Kälte-Koppelung. Das spart Kosten und CO; es gibt allerdings einen Wermutstropfen. Für ihn sorgt der Ukrainekrieg.

Albstadt-Tailfingen - Seit Mayer & Cie im Norden von Tailfingen ansässig ist, also seit Mitte der 1950er Jahre, hatte das Unternehmen mit Öl geheizt. Die Gebäude waren im Lauf der Jahre erweitert, modifiziert und kontinuierlich renoviert worden, die Gebäudetechnik wuchs mit, bis sie nicht mehr energieeffizient, laut Betriebstechnikleiter Heiko Hämmerle, gar "teilweise überdimensioniert" war.

Mayer & Cie reagierte: 2013 kam das Thema Energiemanagement auf die Agenda; es wurde ein Energiemanagementsystem nach DIN EN ISO 50001 eingeführt und die energetische Sanierung des ganzen Unternehmens auf den Weg gebracht. 2014 wurde das Kaltwassernetz saniert und die Kältemaschinen ausgetauscht, 2015 die Drucklufterzeugung modernisiert; parallel dazu vernetzte Mayer & Cie seine Verbraucherstellen und installierte 2017 ein Lastgangmanagement.

Zwei Blockheizkraftwerke gehen in Betrieb

Den abschließenden Höhepunkt dieser energetischen Sanierungsoffensive stellt der Bau zweier neuer Blockheizkraftwerke (BHKWs) dar, die in Kürze in Betrieb gehen sollen. Sie werden, ergänzt durch vier für Spitzenlasten und Redundanz konzipierte Zusatzbrenner, 6,5 GWh an elektrischer und Wärmeenergie erzeugen; die Jahresleistung wird 920 kW betragen, von denen 420 kW auf die elektrische, 500 kW auf die thermische Energie entfallen. Damit wird Mayer & Cie zwischen 80 und 90 Prozent seines Heizenergiebedarfs, rund 50 Prozent des Strombedarfs und im Sommer die Hälfte des Bedarfs an Kühlenergie abdecken können. Durch die Umstellung auf Gas werden bis zu 480  000 Liter Heizöl eingespart; dem steht voraussichtlich ein Gasverbrauch von 670 000 Kubikmetern gegenüber.

Der Wirkungsgrad der BHKWs liegt bei 90 Prozent und übertrifft den der alten Heizölbrenner um gut und gern 20 Prozent; allerdings hat Erdgas einen schlechteren Heizwert als Öl, weshalb bei der Wärmeerzeugung nur rund 67 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr eingespart werden. Anders liegt der Fall laut Heiko Hämmerle beim Strom – hier beträgt die Ersparnis rund 1000 Tonnen pro Jahr.

Gas wurde zwischenzeitlich zum Politikum

Gute Nachrichten, keine Frage – allerdings wird die Freude durch die aktuelle geopolitische Lage gedämpft. Die Planungen der Nagolder Firma Reuko für das KWKK-Konzept von Mayer & Cie gehen auf das Jahr 2017 zurück, und selbst beim Baubeginn vor einem halben Jahr konnte niemand ahnen, dass unmittelbar vor der Inbetriebnahme Russland die Ukraine überfallen und Erdgas zum globalen Politikum werden würde. Mayer & Cie reagiert darauf, indem es nur zwei der vier Zusatzbrenner auf Gasbetrieb umstellen lässt und die anderen beiden fürs Erste weiter mit Öl betreibt.

Industrie wird nicht ohne Gas auskommen

Im Übrigen hofft man in der Chefetage des Unternehmens, dass der Krieg ein rasches Ende findet und die Konfrontation zwischen Russland und dem Westen nicht so weit eskaliert, dass die russischen Gaslieferungen – durch wessen Initiative auch immer – zum Erliegen kommen. Die privaten Verbraucher werden im Sommer aller Voraussicht nach nicht im großen Stile heizen müssen, aber die Industrie wird ohne Gas nicht auskommen.

Offen ist auch, wie sich steigende Energiekosten auf die Amortisierungsdauer der Kraftwerke auswirken würden. Derzeit ist sie mit fünf Jahren veranschlagt.

Ob die Entscheidung für die Umrüstung richtig war, steht indes außer Frage. Nicht von ungefähr hat das Land Baden-Württemberg die energetische Sanierung bereits vor Jahren ausgezeichnet und Mayer & Cie. in die Riege der "100 Betriebe für Ressourceneffizienz" aufgenommen.