Bei Markus Lanz ging es am Dienstag um die Bauernproteste. (Archivbild) Foto: dpa/Markus Hertrich

Markus Lanz ist zurück aus der Winterpause. Im ZDF-Talk am Dienstagabend setzt sich ein Biobauer vom Grünen Anton Hofreiter ab.

Nach der Winterpause bei den politischen Talkrunden hat man es dem Grünen-Bundestagsabgeordneten Anton Hofreiter vielleicht nachsehen können, dass er bei Markus Lanz erster Sendung im neuen Jahr recht gemütlich und mit allgemeinen Floskeln gestartet ist. Es ging um die Bauernproteste und Hofreiter schob die Schuld an den verkorksten Kürzungen für die Landwirte – sie sind ja zum Teil wieder abgemildert worden – dem Kanzler zu. „Überfallartig“ seien die Maßnahmen erfolgt, der Bundeskanzler habe nicht erklärt, „in welcher Lage wir sind“, die Dinge „wabern lassen“ und „nicht geschickt kommuniziert“. Mit dem jetzt gefundenen Kompromiss könne man leben, aber man müsse den Leuten auch sagen, es gehe halt nicht mehr alles und „der Staat kann es nicht allen recht machen“. Seinen grünen Parteikollegen und Fachminister fürs Agrarische, Cem Özdemir, sprach Hofreiter von jeder Schuld frei, denn solch eine Entscheidung – die Agrardieselbeihilfe zu streichen – sei von den Spitzen der Koalition – also Olaf Scholz, Christian Lindner und Robert Habeck – allein getroffen worden.

„Grottenschlecht gemacht“

Die Entscheidung sei nicht nur schlecht kommuniziert, sondern auch inhaltlich „grottenschlecht gemacht“ befand die Wirtschaftsjournalistin Ursula Weidenfeld. Es sei doch eine unfaire Politik, die wegen des Bundesverfassungsgerichturteils notwendigen Kürzungen im Etat alleine einer Berufsgruppe aufzubürden. Dass dem so sei, dem widersprach Hofreiter dann energisch, denn die Kürzungen beträfen ja auch viele andere Maßnahmen des Klima- und Transformationsfonds, um dann nochmal gegen Scholz nachzutreten: Man müsse in der Koalition ja mit dem Personal arbeiten, dass man habe und im historischen Rückblick werde man den Sozialdemokraten eines Tages sicher positiver beurteilen als dass heute der Fall sei. Bei Angela Merkel (CDU) sei dies ja umgekehrt gewesen, die habe ja einen „Scherbenhaufen“ hinterlassen, wie man heute wisse: Abhängigkeit von China, vernachlässigte Infrastruktur, keine eigenständige Rüstungsindustrie mehr, von Russland abhängige Energieversorgung: „Eine reine Katastrophe.“

Bauer schildert seine Sorgen

Nach dem Merkel-Exkurs konnte der Biobauer Henrik Wendorff – Bauernpräsident in Brandenburg mit 950 Hektar relativ wenig fruchtbarem Ackerland sowie 100 Tieren und sieben Angestellten – endlich mal seine Sorgen schildern. Die Politik und Gesellschaft setzten die Landwirtschaft beim Tierwohl und den Umweltstandards ständig unter Veränderungsdruck, das Anspruchsdenken sei hoch, aber es gebe etwa bei der verbesserten Tierhaltung keinen Plan zur Gegenfinanzierung. Ob sich diese Ziele noch unter den neuen Haushaltszwängen durchhalten lassen, darüber habe mit den Bauernverbänden niemand geredet. Und die geplante Abschaffung des Agrardiesels könne kontraproduktiv sein unter Umweltaspekten. Statt Unkraut teuer umzupflügen, könnten Bauern verstärkt zu Pflanzenschutzmitteln greifen.

Wo denn das offen sichtbare Zerwürfnis zwischen Grünen und den Bauern herrühre, fragte Markus Lanz den Biobauern. Der antwortete: „Wir Landwirte brauchen endlich Ruhe und Stabilität. Wir dürfen nicht auf der Strecke bleiben.“ Durch die gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union habe man ständig Maßnahmen umgesetzt, beispielsweise werde kein Grünland mehr umgebrochen. Das sei eine andauernde Gängelei, das überfordere die Landwirte. Die Umsetzung neuer Bewirtschaftungsmethoden brauche Zeit.

Wertvolle Schafhaltung

Aber sowohl der Agrarökonom Sebastian Lakner als auch der Grüne Hofreiter forderten weitergehende Agrarreformen – und zwar zeitnah. Man brauche eine „gesamthafte Idee von Landwirtschaft“ sagte Lakner, die Abkehr von rein flächengebundenen Zahlungen hin zur Förderung dessen, „was ich gesellschaftlich will“. Die Zukunftskommission Landwirtschaft habe hierzu schon weitreichende Vorschläge gemacht. Lakner brachte als Beispiel die nach seiner Ansicht unzureichende Förderung von Schaf- und Ziegenhaltern sowie Milchkuhhaltern. Es seien die Landwirte, die durch ihre Arbeit die Landschaften offen hielten. Hofreiter sagte, es sei ungerecht, dass die Grünen angegriffen werden, nur weil sie den von der Wissenschaft für eine nachhaltige und klimaschonende Landwirtschaft empfohlenen Maßnahmen auch umsetzen wollten und mit vielen Dingen – etwa der Wiedervernässung von Mooren – gehe es auch nicht voran. Diese Aussage reizte die Journalistin Weidenfeld dann doch zur Gegenrede: „Statt sich hier zum Prophet und Agent eines Wandels zu erklären, sollten Sie mehrheitsfähige und verhandelbare Positionen entwickeln. Also gute Politik machen.“

Drohung mit Galgen

Nur am Rande gestreift wurde die Radikalität der Bauernproteste. Dass da auf Plakaten mit Galgen gedroht werde und „Gewaltphantasien getriggert werden“ (Weidenfeld) , das sei völlig inakzetabel, so die Studiorunde im Konsens. Der Bauernpräsident Wendorff hatte frühere Aussagen, wonach er „Galgen“ im eigenen Vorgarten als Meinungsäußerung dulde, inzwischen korrigiert. Markus Lanz fragte, ob Wirtschaftsminister Robert Habeck nicht Recht habe mit seiner Warnung, es gerate angesichts von Extremisten beim Bauernprotest etwas ins Rutschen, was den demokratische Protest und die freie Meinungsäußerung gefährde. Dazu passe auch die Bemerkung des Freien-Wähler-Politikers Hubert Aiwanger, man müsse sich „die Demokratie zurückholen“. Weidenfeld meinte, dass man sich angesichts der politischen Entwicklungen in den USA, Frankreich und den Niederlanden in einer kritischen Phase befinde, aber dass sich ihrer Meinung nach die demokratischen Gesellschaften durchsetzen werden. Sie beobachte aber auch, dass die ökologisch-grünen Politikmodelle der letzten 15 Jahre europaweit abgelöst werden von national-konservativen Modellen. Anton Hofreiter wollte das auch nicht so stehen lassen: „Wieso seit 15 Jahren? Wir regieren im Bund doch erst seit zwei Jahren.“