Gemeinsames Mahl: Auf einem Feld am Ortsrand von Orschweier versammelten sich am Wochenende mehr als 30 Störche. Foto: Masson

Störche sammeln sich für ihren Flug ins Winterquartier. Wegen des milden Klimas bleiben einige da.

Derzeit lassen sich teils große Storchenansammlungen beobachten, so wie jüngst auf einem Acker am Orschweierer Ortsrand, wo sich rund 35 Vögel eingefunden hatten. Gemeinsam wird gespeist, bevor es Richtung Süden geht –oder auch nicht.

Orschweier. Die Jungstörche auch aus dem Ortenaukreis und Emmendingen sind mittlerweile flügge und erkunden die weitere Umgebung, erklärt Storchenbetreuer Wolfgang Hoffmann. Ihre Nester nutzen jetzt nur noch die Elternpaare zur Übernachtung. Und weil sie mit ähnlich scharfen Augen wie Greifvögel ausgestattet sind, können sich Störche schon auf Kilometer Entfernung erkennen, wenn ein Artgenosse irgendwo Futter entdeckt hat.

Wie im Orschweierer Fall landen die Jungtiere auch mal da, wo sich schon Saatkrähen in großen Schwärmen auf der Jagd nach Regenwürmern versammelt haben, besonders wenn diese nach Regenfällen vermehrt an die Oberfläche kommen. Da wird zum Leidwesen der Landwirte gründlich "geerntet", obwohl die die Würmer lieber zur Bodenauflockerung behalten würden.

Ein Jungstorch flog in die falsche Richtung

Ansonsten laben sich Störche eher auf feuchten Elzwiesen an Mäusen und Fröschen, gehen in ausgetrockneten Bächen und Flüssen auf Fischjagd oder feiern besonders bei Überflutungen ein Mäuse-Festmahl. Bleibt es trocken, lauern erfahrene Altstörche nach Katzenart schon mal regungslos vor einem Mauseloch. Sie verschmähen auch Schlangen nicht.

Inzwischen macht sich bei den Jungstörchen der Zugtrieb Richtung Süden bemerkbar, auch wenn – dem milden Klima geschuldet – längst nicht mehr alle tatsächlich Richtung Afrika aufbrechen. Mittlerweile sind schon Jungstörche aus nördlicheren Gefilden in der Region angekommen und bilden mit hiesigen Artgenossen Reisegruppen. Die Elternstörche machen sich erst Wochen später auf den Weg gen Süden, wenn überhaupt.

Die meisten Jungstörche wurden schon in ihren Nestern beringt. Das ermöglicht es Hoffmann, sie dank Spezialoptik anhand der Ringnummern zu identifizieren, sogar im Flug. So stellte sich kürzlich heraus, dass ein Ortenauer Jungstorch in die falsche Richtung aufgebrochen war, er wurde bei Mannheim gesichtet. Doch er bemerkte seinen Fehler offensichtlich und machte wieder kehrt Richtung Süden.

Per Sender werden die Flugrouten dokumentiert

Das Storchenzentrum in Reute bei Emmendingen ist Aufzuchtstation verletzter und aus dem Nest gefallener Störche. Dort sind jüngst zehn Jungstörche mit Sendern ausgestattet worden, um ihre Wege künftig per Satellitenfunk besser verfolgen zu können. Auch werden die Jungstörche, wenn sie noch nicht flügge sind, mit einem nummerierten Beinring versehen, wie es Hoffmann bisher seit 1992 in schwindelerregenden Höhen getan hatte. Seit einigen Jahren erledigt das jetzt Jürgen Vogelbacher aus Endingen in beiden Landkreisen mit Helfern und kostenloser Unterstützung der Stromversorgungsunternehmen.

Ende der 1970er-Jahre wurden in ganz Baden-Württemberg nur noch 18 Storchen- Brutpaare gezählt – mittlerweile sind es wieder deutlich mehr als 1000. Dies vor allem, weil Strommasten besser gesichert wurden und die Storchennester betreut und gepflegt werden. Den Ortenau-Rekord hält Acherns ehedem versumpfter Stadtteil Gamshurst. Dort leben etwa 60 Störche.