Mit der lyrischen Harfe dämpft Annemarie Weinzierl in Schiltach die raue kriminelle Energie der Erzählung aus dem Mittelalter von Heidrun Hurst. Foto: Ziechaus

Macht unsere durch Tatort-Krimis geprägte Fantasie den Schwarzwald im Mittelalter zu einem schwarzen Wald mit brutalen Männern, die ihre Frauen verprügelten?

Mit einem Blick auf das mittelalterliche Schiltach im 14. Jahrhundert las Heidrun Hurst bei „Kultur im Stadtgarten“ aus ihrem historischen Kriminalroman „Die Kräutersammlerin und der junge Flößer“.

Angesichts dunkler Wolken hatten die Veranstalter vorsichtshalber die Lesung des Romans im Stadtgarten in das neue Gemeindehaus gegenüber verlegt, hatte Annika Morgenstern in der Begrüßung eingeräumt.

Entspannte Stimmung

Etwas der entspannten Stimmung eines milden Sommerabends unter der großen Linde konnte zur Eröffnung Annemarie Weinzierl mit ruhigen Melodien auf der Harfe in den kleinen Saal im Gemeindehaus zaubern. In starkem Kontrast dazu entwickelte sich bei der Lesung von Heidrun Hurst die fiktive Geschichte über die Kräutersammlerin Johanna aus dem „Städtle Schiltach“ im 14. Jahrhundert. Sehr ausführlich beschrieb sie den Totschlag der beiden Frauen Johanna und Gertrud an derem brutalen Mann Etzel.

Gespräche in der Pause

Nicht so sehr das Erzählte als vielmehr die Erklärungen der Autorin zur rechtlosen Stellung der Frauen zwischen Vater und Mann in der „Überlebensgemeinschaft Ehe“ im Mittelalter regte in der Pause Diskussionen der Zuhörer an.

Für Johanna lag die Schuld am Tod Etzels „wie ein dunkler Mantel“ über ihrem Leben, verstärkt durch eine tote Krähe, die über Nacht als Todesbote über ihre Türe gehängt wurde.

Vermutungen angestellt

Im Städtle werden Vermutungen über den Verbleib von Etzel angestellt, zumal keine Spur von ihm gefunden wird. Ein Poltern und Pfeifen im Keller im Gasthaus „Hirschen“ veranlasst einige Männer nach dem Grund zu suchen und sie bemerken dabei eine weiße Gestalt. Dem Jammern und Stöhnen hinter den großen Weinfässern vor der der dunklen Kellerwand kommen sie allerdings nicht auf den Grund.

Aufklärung muss warten

Auch für die Zuhörer wird der Spuk und das weitere Schicksal der Kräutersammlerin in ihrem Städtle bei der Lesung nicht aufgeklärt. Aber Heidrun Hurst bot mehr Einsicht mit dem Lesen ihres Romans an; sie kündigte sogar eine dritte Lesung im nächsten Jahr an, möglichst unter der Linde; das Mittelalter bietet viel Stoff für weitere spannende Geschichten.

In einigen Lesepausen konnte Annemarie Weinzierl mit mittelalterlichen Stücken und dem verträumten „Letzten Tanz der Sonne“ von Christoph Pampuch für etwas Auflockerung und Entspannung der Zuhörer sorgen. Auf Lesungen und Musik zur Kultur im Stadtgarten können sich die Besucher in rund elf Monaten freuen.