Stefan Schwer (rechts) mit seinem Chef Karl-Josef Moosmann in der Gaststube des Gasthofs Adler Fohrenbühl Foto: Moser

Der eigene Chef als Lieblingsmensch? Es gibt nicht viele, bei denen das der Fall ist. Bei Stefan Schwer aus dem St. Georgener Stadtteil Brigach aber schon. Er ist schwerhörig – und findet, dass sein Chef Karl-Josef Moosmann der beste ist.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Eigentlich ist Karl-Josef Moosmann, Inhaber des Gasthofs Adler auf der Passhöhe Fohrenbühl bei Lauterbach, "nicht auf den Mund gefallen", wie er selbst sagt. Aber als er hörte, was Stefan Schwer aus Brigach, der bei ihm in der Küche arbeitet, da getan hatte, bleib ihm doch die Sprache weg. "Ich habe gar nicht gewusst, wie mir da geschieht", sagt Moosmann gut eine Woche später – und immer noch sichtlich gerührt – im Gespräch mit unserer Redaktion. "Ich war hin und weg."

Denn als Stefan Schwer von der Leseraktion Lieblingsmensch des Schwarzwälder Boten erfuhr, war für den 26-Jährigen sofort klar, wen er als seinen persönlichen Helden nominieren will: seinen Chef, "da ich ihm meinen Arbeitsplatz zu verdanken habe", schrieb Schwer an unsere Redaktion. "Ich habe eine an taubheitsgrenzende Schwerhörigkeit. Nach meiner Ausbildung als Beikoch hatte ich das Glück eine Anstellung im Gasthaus Adler auf dem Fohrenbühl in Lauterbach zu bekommen. Nun bin ich schon seit über fünf Jahren dort tätig, und ich habe den besten Chef."

Geräuschpegel in der Küche ist eine Herausforderung

Stefan Schwer und Karl-Josef Moosmann blicken gerne auf die gut fünf Jahre zurück, in denen sie schon in derselben Küche stehen – auch wenn die Arbeit manchmal stressig und der Geräuschpegel in der Küche hoch ist. "Wenn man als Berufsfremder mal in die Küche reinschauen kann, wird einem schon schwindelig", sagt Moosmann im Gespräch. "Am Abend sind wir manchmal einfach platt", sagt Moosmann, der auch mit bald 69 Jahren noch immer täglich von morgens bis abends in der Küche steht.

Für Stefan Schwer ist der Geräuschpegel am Herd eine doppelte Herausforderung. Denn er erschwert ihm das Verstehen, "aber mein Chef ist geduldig und hilfsbereit, auch wenn es in der Küche drunter und drüber geht", erklärt Schwer. "Er und seine Familienangehörigen unterstützen mich, wenn es auch nicht immer einfach ist für alle."

"Immer eine Herzensangelegenheit"

Besonders am Anfang, bestätigt Karl-Josef Moosmann, hatte man einige Herausforderungen zu meistern. Ursprünglich hatte Schwer im Lauterbacher Restaurant seine Ausbildung zum Koch angefangen. "Er ist damals auf mich zugekommen", erinnert sich Moosmann. "Meine erste Reaktion war gleich: Klar, das kriegen wir zusammen hin." Doch dann gestaltete sich das Ganze doch schwieriger, sodass Schwer die Lehre schließlich abbrach. Vom Gasthof Adler Fohrenbühl musste er sich aber nicht verabschieden. "Für uns war immer klar, dass Stefan weiterhin hier arbeitet – ganz egal wie es mit der Ausbildung ausgeht", blickt Moosmann zurück. "Das war mir eigentlich immer eine Herzensangelegenheit."

Aufgenommen in die "Adler-Familie"

Dass sich daran auch heute noch nichts geändert hat, spürt man im Gespräch mit Stefan Schwer und Karl-Josef Moosmann. Die Stimmung ist gut, es werden Witze gemacht und beide haben ein breites Lächeln im Gesicht. Stefan Schwer ist aufgenommen in die "Adler-Familie", zu der neben Moosmanns naher Verwandtschaft – neben ihm selbst arbeiten auch seine Frau, die beiden Töchter mit ihren Männern sowie bereits einige der Enkel im Betrieb – auch die gut 30 Angestellten des Gasthofs gehören.

Karl-Josef Moosmann hat Schwer gerne in seinem Team – nicht nur wegen seiner guten Arbeit und Pünktlichkeit, sondern auch wegen seiner Einstellung. "Für mich geht jeden Morgen die Sonne auf, wenn er rein kommt", sagt Moosmann. "Er hat immer ein Lächeln im Gesicht, und man merkt, dass ihm der Job Spaß macht." Sei Schwer mal nicht da, "dann fehlt was".

Inklusion – nicht nur auf dem Papier

Dass Stefan Schwer mit seinem Chef mehr als glücklich ist, spricht schon aus dem kurzen Text, mit dem er Karl-Josef Moosmann als seinen Lieblingsmenschen nominiert hat: "Inklusion mit Behinderung wird immer hervorgehoben, aber meistens nur auf dem Papier. Herr Moosmann und der ganze Betrieb sind einfach klasse und erleichtern mir den Umgang mit meinem Handicap", betont er darin.

Seinen Gewinn von 500 Euro will Moosmann übrigens nicht selbst behalten. Sie sollen der Stiftung St. Franziskus zugute kommen, die im Kloster Heiligenbronn mehrere Werkstätten für Menschen mit Behinderung unterhalten. Auch Stefan Schwer hatte seinerzeit von ihrer Unterstützung profitiert.