Briten fotografieren leere Supermarktregale in der Heimat, britische „Expats“ kontern mit Fotos von Tomaten, Gurken oder Paprika aus Geschäften in Frankreich, Spanien oder Deutschland.
Leere Obst- und Gemüseregale auf der einen Seite des Ärmelkanals, Berge von Paprika, Tomaten und Gurken auf der anderen – die Bilder, die Britinnen und Briten auf Twitter posten, könnten unterschiedlicher kaum sein. Die einen fotografieren leere Supermarktregale in der Heimat, britische „Expats“ kontern mit Fotos aus Geschäften in Frankreich, Spanien oder Deutschland. Die Botschaft: Könnte es am Brexit liegen, dass Großbritannien das Gemüse ausgeht – und nicht am schlechten Wetter, wie der Verband der britischen Einzelhändler die Knappheit erklärt? „Krieg um den Veg-xit“, titelt das Boulevardblatt „Daily Mail“.
Die BBC und andere britische Medien berichten bereits die ganze Woche von teilweise ungewöhnlich leeren Gemüseregalen in Supermärkten auf der Insel, viele posteten Fotos davon auf Twitter.
Der britische Einzelhändlerverband „British Retail Consortium“ erklärte der BBC, die Ernten in Südeuropa seien durch eine Kälteperiode, die auf ungewöhnlich warmes Wetter folgte, beeinträchtigt.
Um zu beweisen, dass in Supermärkten in anderen europäischen Ländern aber an Gurken, Tomaten oder Radieschen kein Mangel herrscht, schickten etliche Britinnen und Briten, die im Ausland leben, solche Bilder in die alte Heimat:
Supermarktkette Asda begrenzt Verkauf
Insbesondere Tomaten sollen knapp sein. Diese werden im Winter in Großbritannien gewöhnlich importiert, oft aus Spanien oder Marokko. Die Supermarktkette Asda begrenzte den Berichten zufolge sogar den Verkauf von Tomaten, Paprika, Gurken und anderem Gemüse.
Nach Angaben seiner heimischen Bauern muss sich Großbritannien um Lebensmittel aus britischer Produktion zunehmend Sorgen machen. „Wir sollten unsere Lebensmittelsicherheit niemals für selbstverständlich halten“, sagte die Präsidentin der National Farmers Union, Minette Batters, am Dienstag auf einer Tagung des Verbandes.
So sei die britische Eierproduktion auf den niedrigsten Stand seit neun Jahren gefallen. Im vergangenen Jahr seien knapp eine Milliarde weniger Eier produziert worden als noch 2019. Bei Tomaten und Gurken rechnet der Verband damit, dass die Produktion auf den niedrigsten Stand seit 1985 fallen wird. Auch etliche Viehzüchter wollen ihren Betrieb in den kommenden zwölf Monaten verkleinern - 40 Prozent der Rinderbauern und 36 Prozent der Schafzüchter.
Die Bauern sehen für diese Entwicklungen mehrere Gründe: Neben den durch den Ukraine-Krieg gestiegenen Kosten spielen auch durch den Brexit verursachte Handelshürden und ein verschärfter Personalmangel eine Rolle. Auch der Klimawandel macht der Branche - etwa durch Dürren - das Leben schwer. Angesichts der zunehmenden weltweiten Belastungen, so der Bauernverband, dürfte man sich nicht darauf verlassen, die Lücken mit Importen zu schließen.