Die EU-Kommission sieht keine Einwände gegen eine längere Nutzung des Unkrautvernichters. Naturschützer sind entsetzt.
Der Streit um das umstrittene Glyphosat geht in eine neue Runde. Die EU-Kommission hat am Mittwoch einen Vorschlag für die Verlängerung der Zulassung des Unkrautvernichters vorlegt. Demnach soll das Mittel zehn weitere Jahre eingesetzt werden dürfen. In der EU darf das Mittel nur noch bis zum 15. Dezember benutzt werden, weshalb sich vor allem die Industrie für eine Verlängerung der Zulassung stark gemacht hat.
Deutschland geht in Sachen Glyphosat einen anderen Weg als die EU und will das Mittel ab Anfang 2024 nicht mehr zulassen. „In Sachen Glyphosat ist meine Position glasklar“, betonte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir am Montag am Rande eines Treffens mit seinen EU-Kollegen in Brüssel. „Glyphosat ist ein Totalherbizid, wir sehen die Auswirkungen auf die Artenvielfalt, darum werbe ich für ein Nein. Wie es am Ende ausgeht, weiß ich nicht. Ich hoffe, wir werden eine Mehrheit organisieren können.“
Scharfe Kritik an dem Vorschlag
Der nun vorliegende Vorschlagsentwurf der EU-Kommission wird am Freitag mit den EU-Staaten erörtert. Eine Entscheidung über die Verlängerung im zuständigen Ausschuss, in dem auch Vertreter der EU-Staaten sitzen, wird nicht vor Mitte Oktober erwartet – unter Umständen noch später. Für eine Entscheidung ist eine qualifizierte Mehrheit erforderlich.
„Die Weltgesundheitsorganisation verdächtigt Glyphosat, krebserregend zu sein, doch der Europäischen Kommission scheinen diese Studien und Bedenken egal zu sein“, reagierte Jutta Paulus, Europaparlamentarierin der Grünen, am Mittwoch empört auf die Mitteilung. Die Studienlage sei eindeutig, unterstrich sie. Durch den Einsatz von Glyphosat werde die Umwelt vergiftet, es folgten Artensterben und die „Erkrankung von Millionen von Menschen“.
Bayer begrüßt die Entscheidung
Norbert Lins, im Europaparlament Vorsitzender des Ausschusses für Landwirtschaft, begrüßt hingegen den Vorschlag der Kommission. Er erhöhe die Planungssicherheit für die europäischen Landwirte, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch und betonte: „Wir sind uns alle einig, dass die europäische Entscheidungsfindung auf wissenschaftlich und methodisch fundierten Daten begründet sein muss.“ Das sei hier der Fall, denn „selten ist ein Wirkstoff so genau untersucht worden wie Glyphosat“.
Auch der Hersteller Bayer begrüßte den Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission. Er basiere auf den „überzeugenden wissenschaftlich fundierten Schlussfolgerungen“ der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa). „Bayer ist der Ansicht, dass die Entscheidung der Mitgliedstaaten auf den wissenschaftlichen Schlussfolgerungen der zuständigen Behörden beruhen und zu einem Votum für eine erneute Genehmigung des Wirkstoffs Glyphosat führen sollte“, betonte das Unternehmen.
Viele Studien zu Glyphosat ausgewertet
Die Efsa-Studie zur Wiederzulassung des Unkrautvernichters hatte bereits im Sommer für Aufregung gesorgt. Die Behörde erklärte damals, sie sehe keine inakzeptablen Gefahren, es gebe aber Datenlücken in mehreren Bereichen. Für die Untersuchung hatte die Efsa eigenen Angaben zufolge in einem dreijährigen Verfahren Tausende Studien und wissenschaftliche Artikel betrachtet.
Zu den Aspekten, die nicht abschließend geklärt wurden, gehören etwa ernährungsbedingte Risiken für Verbraucher und die Bewertung der Risiken für Wasserpflanzen, wie die Efsa mitteilte. Auch mit Blick auf den Artenschutz ließen die verfügbaren Informationen keine eindeutigen Schlussfolgerungen zu. Die Efsa ermittelte etwa bei mehreren Verwendungen des Wirkstoffs „ein hohes langfristiges Risiko für Säugetiere“. Grundsätzlich schätzt die Behörde mit Sitz im italienischen Parma die untersuchten Risiken aber nicht so groß ein, dass eine weitere Zulassung untersagt werden muss.