Ein Sextett des Akkordeonorchesters Waldmössingen spielt zur Ausstellungseröffnung am Römerkastell. Foto: Herzog

Kürzlich wurde die neue Wanderausstellung „Römische Ziegel“ im Römerkastellturm eröffnet. Sie kann nun an Sonn- und Feiertagen von 13 Uhr bis 17 Uhr besichtigt werden.

Ein Sextett des Akkordeonorchesters Waldmössingen hatte in weiser Voraussicht ihre Notenblätter mit Wäscheklammern gesichert, denn es blies den Besuchern ein kalter Ostwind um die Ohren. Sie durften sich zur Einstimmung der Vernissage wenigstens an den Klängen erwärmen.

Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr hob die kulturelle Bedeutung der römischen Geschichte für Waldmössingen, Schramberg und die Region hervor, die mit der Rekonstruktion des Römerkastells in den 70er-Jahren an Bedeutung gewann. Umso mehr freue sie sich, mit einer neuen Ausstellung mit dem Schwerpunkt „Römische Ziegel, Ton und Technik“ das Kastell wieder mit Leben zu füllen. Damit werde ein weiteres Mosaiksteinchen der Vergangenheit Waldmössingens ins Bewusstsein gerückt, schilderte die Oberbürgermeisterin.

Den Besuchern weht ein eisiger Wind um die Ohren. Foto: Herzog

Ebenso begrüße sie die Absicht des Ortschaftsrats, Mitglied im Verein „Römerstraße Neckar-Alb-Aare“ zu werden. Identität bestehe aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Ihren Recherchen zufolge sollen schon im 1. Jahrhundert nach Christus etwa 1000 Menschen, praktisch Ur-Waldmössinger, um den Schafbühl ansässig gewesen sein. Durch zahlreiche Funde im Ort und in der Region wie Kleidungsstücke, Bauhölzer und Ziegeln werde ein Einblick zu Herkunft, Wurzeln und Entwicklung gewonnen. Mit der Ausstellung nun werde dargestellt, wie die Römer ihre Dächer deckten, ihre Wasserversorgung technisch organisierten und ihre Häuser heizten. „Wärmepumpen waren damals noch kein Thema, so viel steht fest“, schmunzelte Eisenlohr und dankte allen, die sich beruflich und ehrenamtlich an der Ausstellung beteiligt hatten.

Identität innerhalb der Kreisstadt

Wie Ortsvorsteher Reiner Ullrich betonte, sei Waldmössingen zum Römerdorf geworden. Ermutigt durch die Wiederaufnahme der Römerausstellung im vergangenen Jahr werde nun die römische Vergangenheit gezeigt und erlebbar gemacht. Waldmössingen erhalte eine eigene Identität in der großen Kreisstadt und könne auf eine mehr als 2000 Jahre alte Geschichte zurückblicken. Nur durch die unkonventionelle Art der Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege und der Außenstelle Rottweil und mit deren Leihgaben könne die Ausstellung so anschaulich präsentiert werden, dankte Ullrich.

Ton ein uralter Baustoff

Wie Thomas Schlipf, ehemaliger Leiter der Außenstelle Rottweil, in seinem Vortrag unterstrich, sei Ton schon zu Urzeiten als Baustoff genutzt worden. Bereits vor 6000 Jahren seien damit im Zweistromland riesige Gebäude gebaut worden und später hätten die Römer ganze Hafenstädte mit Tonplatten errichtet. Zur Herstellung von Tonziegeln gehöre viel Logistik und Know-how. Damit er gut gebrannt werden könne, müsse er mit Sand und Kalk gemagert werden. Ganz wichtig sei die Trocknung, die in der Römerzeit bis zu zwei Jahre gedauert habe, damit der Ziegel beim Brennen keine Risse bekomme. Deshalb seien die Ziegel von Architekten im Voraus bestellt worden, weil die Gebäude vom Dach her geplant worden seien, übermittelte Schlipf.

Thomas Schlipf beim Vortrag Foto: Herzog

Es habe eine bestimmte Decktechnik gebraucht, damit das Dach dicht gewesen sei. Ziegel seien nicht nur als Dachdeckung verwendet worden, sondern aufgrund ihrer Hitzebeständigkeit auch als Fußboden- und Wandheizungen. Bei Ausgrabungen könne auch die Handschrift der Ziegler festgestellt werden, die durch eine bestimmte Handbewegung entstanden sei. Ziegelplatten seien oft mit Tierpfoten bedruckt, die Hunde, Katzen und Hühner während der Trocknung hinterlassen hätten. „Das ist für uns Finder immer ein besonderer Höhepunkt“, verriet der Archäologie-Experte.

Trotz ungemütlicher Temperaturen nutzten die Besucher das Bewirtungsangebot des Fördervereins zur Heimatpflege und nahmen die Ausstellung in Augenschein.