Nach Ansicht der Weltgesundheitsorganisation WHO geht Deutschland zu lax gegen den Tabakkonsum vor. Die Kritik ist berechtigt, meint unsere Redakteurin Bettina Hartmann. Doch nur durch Verbote wird die Raucherquote nicht sinken.
Keine Frage: Alle rationalen Gründe sprechen gegen das Rauchen. Ganz abgesehen davon, dass Kippen giftiger Sondermüll sind, der die Umwelt verseucht, hat Tabakkonsum schwerwiegende gesundheitliche Folgen. Probleme an Atemwegen und Lunge, Durchblutungsstörungen, Karies, Diabetes, Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs – die Liste der vom Rauchen verursachten Schädigungen und Krankheiten ist lang. So ist etwa das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, bei Rauchern bis zu 20-mal höher als bei Nichtrauchern. Daran gibt’s nichts zu rütteln, nichts zu beschönigen.
Deutsche Politik „zu lax“
Es wäre somit vernünftig und gut, wenn der Tabakkonsum deutlich verringert oder gar generell beendet würde. Während die Weltgesundheitsorganisation WHO diesbezüglich viele Länder auf dem richtigen Weg sieht, ordnet sie Deutschland als eines der Schlusslichter ein.
Wirkungsvolle Maßnahmen in der Tabakkontrolle gebe es genügend: „Wir können aber nicht nachvollziehen, warum die Politik so lax in der Umsetzung ist“, bemängelt die WHO. Deutschland hinke schlichtweg hinterher. Das ist heftige Kritik. Doch weitere Verbote, wie von der Organisation gefordert, können nicht der Königsweg sein.
Junge Leute rauchen wieder verstärkt
Das bedeutet nicht, dass die Kritik der WHO daneben zielt. Weltweit geht der Tabakkonsum nach Angaben der WHO stetig leicht zurück. Einige Länder, so Neuseeland und Kanada, haben es sich zum Ziel gesetzt, in wenigen Jahren als rauchfrei zu gelten. In Deutschland hingegen sind die Zahlen zuletzt gestiegen, vor allem bei jungen Leuten. Unter den 16- bis 29-Jährigen greifen statt sechs nun elf Prozent zu Zigaretten, Vapes und anderen Produkten, wie kürzlich eine Umfrage der Krankenkasse KKH ergab. Insgesamt rauchen 23 Prozent der Deutschen.
Klar ist: Das kommt die Gesellschaft teuer zu stehen. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums gehen in Deutschland jährlich rund 130 000 Todesfälle auf Tabakkonsum zurück. Zudem belasten die Folgekosten das Gesundheitssystem mit etwa 100 Milliarden Euro.
Verbote bewirken oft wenig
Als einen Schritt zu mehr Nichtraucherschutz plant Gesundheitsminister Karl Lauterbach nun ein Rauchverbot im Auto, wenn Schwangere oder Kinder mitfahren. Das ist grundsätzlich richtig und gut gemeint. Doch Verbote, zumal wenn sie in das Privatleben, das Freizeit- und Konsumverhalten der Menschen eingreifen und schwer zu kontrollieren sind, bewirken oft wenig.
Was also tun? Statt zu stigmatisieren, wäre es sinnvoller, das Gesundheitsbewusstsein zu schärfen. Sprich: dafür zu sorgen, dass weniger Menschen mit dem Rauchen anfangen – und mehr damit aufhören. Etwa durch Aufklärungskampagnen an Schulen und niederschwellige Hilfsangebote.
Maßnahmen konsequent umsetzen
Auch der Zugang zu Tabakprodukten sollte erschwert werden. Doch in Deutschland werden Zigaretten weiterhin in Supermärkten und an jeder Straßenecke in Automaten verkauft, letzteres ohne wirksame Alterskontrolle, obwohl das Rauchen unter 18 verboten ist. Tabakwerbung ist inzwischen zwar unter anderem an Plakatwänden untersagt. Dennoch verkaufen Influencer in sozialen Medien vor allem E-Zigaretten als cooles Lifestyleprodukt. Auch in Sachen Rauchverbote in Gesundheits- und Bildungseinrichtungen sowie Gaststätten präsentiert sich Deutschland bis heute als Flickenteppich – jedes Land hat eigene Regelungen, die teils nur halbherzig eingehalten werden.
Insofern ist die Kritik der WHO durchaus berechtigt. Deutschland muss in der Tat mehr im Kampf gegen den Tabak tun. Ohne Prohibition und Bestrafung, stattdessen mit vernünftigen Maßnahmen, die dann aber auch konsequent umgesetzt werden.