US-Präsident Joe Biden mit Kronprinz Mohammed bin Salman Foto: imago/Xinhua

Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Saudi-Arabien reklamieren eine Führungsrolle. Ihre Schwäche ist aber aber unübersehbar.

Feste, Feuerwerke und ein Konzert von Popstar Sting – die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Saudi-Arabien haben das neue Jahr mit pompösen Feierlichkeiten eingeläutet. Boykottaufrufe wegen des Gaza-Krieges konnten sich nicht durchsetzen, denn beide Regierungen legen Wert auf Normalität und wollen den Konflikt zwischen Israel und der Hamas möglichst ausblenden. Der Krieg legt die Schwächen von VAE und Saudi-Arabien offen, die eine regionale Führungsrolle beanspruchen, sich nun aber ganz auf die USA verlassen müssen.

Bis zum Hamas-Angriff auf Israel im Oktober lief für VAE-Präsident Mohammed bin Zayed und den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman alles nach Plan. Die beiden Herrscher wollen aus ihren Ölmonarchien moderne Hightech-Staaten machen. Weil sie für ihre Reformpläne internationale Investoren und regionale Stabilität brauchen, strebten sie eine Annäherung an Israel an; die VAE nahmen schon vor drei Jahren diplomatische Beziehungen mit dem jüdischen Staat auf, und auch Saudi-Arabien baute seine Kontakte mit Israel aus.

Unmittelbar nach Kriegsausbruch sahen Emiratis und Saudis noch keinen Grund zur Sorge. Sollte die Hamas in dem Konflikt gegen das israelische Militär geschwächt werden, wäre das den Herrschern in Dubai und Riad recht, denn die Palästinensergruppe gehört zur islamistischen Muslim-Bruderschaft, die sie als Bedrohung sehen. Doch je länger der Krieg dauert, desto größer werden die Risiken für die Herrscher in den Emiraten und Saudi-Arabien.

Saudi-Arabien das „neue Europa“?

Noch vor wenigen Jahren pries der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman sein Land als das „neue Europa“ an: als stabilen und sicheren Standort für Investitionen. Der Prinz will zudem Millionen westliche Touristen nach Saudi-Arabien locken. Doch schon kurz nach Ausbruch des Gaza-Konflikts sagten Teilnehmer eines Investoren-Treffens in Saudi-Arabien, sie befürchteten, dass der Krieg negative Auswirkungen auf Anleger und Besucher haben werde. Länder wie Jordanien und Ägypten melden bereits viele Stornierungen.

Auch innenpolitisch ist der Gaza-Konflikt riskant für arabische Regime. Eine Umfrage der US-Denkfabrik Washington-Institut für Nahost-Politik ergab kürzlich steigende Sympathiewerte für die Hamas und wachsenden Widerstand gegen Handelsbeziehungen mit Israel in der saudischen Bevölkerung. Saudischen Oppositionsmedien und Menschenrechtlern zufolge wurden Hamas-Unterstützer im Königreich festgenommen.

Die saudische Führung befürchte, dass sich junge Leute wegen des Gaza-Krieges radikalisieren könnten, berichtete die „New York Times“. Auch sorge sich Kronprinz Mohammed bin Salman, dass der Krieg seine Reform-Agenda „Vision 2030“ für den Umbau des Landes blockieren könnte. Riad hoffe, dass die USA ihren Einfluss auf Israel nutzen, um den Krieg möglichst rasch zu beenden.

Aus dem internationalen Krisenmanagement halten sich Saudis und Emiratis heraus. Anders als Ägypten und das Emirat Katar beteiligen sich die beiden arabischen Führungsmächte nicht an internationalen Bemühungen um eine Waffenruhe in Gaza. Sie nehmen auch nicht an der US-geführten Initiative zur Abwehr von Angriffen der jemenitischen Huthi-Rebellen auf Handelsschiffe im Roten Meer teil: Die VAE und Saudi-Arabien wollen ihr Engagement im Jemen-Krieg beenden und befürchten Vergeltungsaktionen der Huthis, wenn sie sich in die internationale Armada im Roten Meer einreihen. Aus ihrer Sicht ist Raushalten deshalb der bessere Weg.

Saudis und Emiratis halten sich zurück

Das gilt nicht nur für die Dauer des Krieges. Auch mittelfristig ist es unwahrscheinlich, dass sich reiche Golfstaaten stärker engagieren, wenn es nach dem Ende des Konflikts um die Frage gehen wird, wer Gaza künftig regieren und wer die Milliardensummen für den Wiederaufbau des Küstenstreifens aufbringen soll. Vor dem Hamas-Angriff im Oktober hatte Katar mit israelischer Unterstützung viel Geld nach Gaza gepumpt, während sich Saudis und Emiratis zurückhielten.

Nach dem Krieg dürften Emiratis und Saudis mit Rücksicht auf die Stimmung in der eigenen Bevölkerung die Hilfe für Gaza von der Zustimmung Israels zur Schaffung eines eigenen Palästinenser-Staates abhängig machen. Die VAE bestehen auf einem „realistischen Plan für eine Zwei-Staaten-Lösung“, bevor über den Wiederaufbau von Gaza gesprochen werden könne, wie die UN-Botschafterin der Emirate, Lana Nusseibeh, dem „Wall Street Journal“ sagte. Die Zwei-Staaten-Lösung liegt allerdings in weiter Ferne – arabische Politiker haben damit ein Argument, auch weiterhin nichts zu tun.