Der Landrat kündigt Konseuqnzen an für Corona-Superspreader. (Symbolfoto) Foto: © Feydzhet Shabanov – stock.adobe.com

Landrat will unverantwortliches Verhalten anzeigen. "Dynamisches Infektionsgeschehen" während Pandemie.

Kreis Rottweil - Die Corona-Situation im Kreis Rottweil spitzt sich zu, die Zahl der Infizierten steigt enorm. Als kritisch erweisen sich Behördenangaben zufolge Sportereignisse sowie Veranstaltungen mit Musik und Gesang. Hinzu kommt in einem Fall fahrlässiges Verhalten. Das könnte ein Nachspiel haben.

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Grenzwert bald erreicht

Am Montag sind es erneut zwölf Fälle mehr. Jetzt tragen wieder mindestens 93 Menschen im Kreis Rottweil das neue Corona-Virus in sich. Seit Ausbruch der Pandemie gab es 849 positive Tests. Bei der Sieben-Tage-Inzidenz liegt der Kreis noch knapp unter dem ersten Grenzwert von 35. Sein Erreichen ist eine Frage von ein, zwei Tagen.

Der kritische Wert von 50 könnte nach Einschätzung von Landrat Wolf-Rüdiger Michel noch in dieser Woche erreicht werden. "Wir haben ein sehr dynamisches Infektionsgeschehen", so Michel. Die Zahl an Infizierten nehme dramatisch zu. Es zeige sich, dass da, wo viele Menschen zusammenkämen, ein Corona-Ausbruch befeuert werden könnte. Jeder einzelne müsse sich fragen, ob es sinnvoll sei, überall dabei zu sein, so Michel.

Die Superspreader

Als Infektionsschleudern erweisen sich Sport- sowie publikumsreiche Veranstaltungen. Landrat Michel und Heinz-Joachim Adam, der Leiter des Gesundheitsamtes, berichten von Fußballspielen, bei denen sich Sportler angesteckt hätten. Dadurch sei es zu 15, 16 Neuinfektionen gekommen, so Adam. Auch Musikveranstaltungen und private Feiern trügen zur Verbreitung der Krankheit bei.

Und verantwortungsloses Verhalten. So sei ein Mann trotz Symptomen und vom Hausarzt angeordneter Quarantäne seiner Arbeit nachgegangen. Es habe viele berufliche Kontakte gegeben. Zudem habe die besagte Person auch noch eine private Feier besucht. "Unverantwortlich und unvernünftig", so Michel. Der Landrat will den Superspreader nicht ungeschoren davon kommen lassen und anzeigen – wegen versuchter oder – im Falle von tatsächlich erfolgter Infektion – fahrlässiger Körperverletzung.

Die Fallzahlen

Laut dem Leiter des Gesundheitsamts Adam seien im Oktober bereits 80 neue Covid-19-Fälle dazugekommen. Im September waren es 54, im August 31, im Juli fünf, im Juni acht und im Mai 47. In den Monaten August und September hätten sich 26 Prozent der Infizierten außerhalb des Landkreises angesteckt, zumeist habe es sich um Reiserückkehrer gehandelt. Inzwischen ist es laut Adam so, dass sich 95 Prozent der Corona-Patienten den Virus innerhalb der Kreisgrenzen einfangen. Knapp mehr als die Hälfte (52 Prozent) entwickelte leichte bis mittlere Symptome, knapp die andere Hälfte bleibe symptomfrei. Aktuell würden zwei Patienten in den Kliniken behandelt. Einer davon müsse beatmet werden.

Die Wellen

In der ersten Phase (im Frühjahr) seien laut Adam insbesondere ältere Menschen am Coronavirus erkrankt. Einerseits habe dies zu einer erhöhten Auslastung der Kliniken geführt, andererseits hätten die Patienten zuvor wenige Kontakte gehabt, was die Nachverfolgung von Menschen, die sich womöglich angesteckt hätten, überschaubarer gemacht habe. Nun, in der zurzeit laufenden zweiten Phase, infizierten sich mehr jüngere Menschen mit dem Virus.

Diese wiederum zeigten weniger Symptome und hätten sowieso mehr Kontakt zu anderen Menschen. Beides führt zu einem möglichen erhöhten Infektionsgeschehen, zumindest zu einem erhöhten Aufwand, alle Erstkontakte ausfindig zu machen und zu beraten. Deswegen bittet das Landratsamt die Bundeswehr um Unterstützung. In einem Fall seien es 250 Menschen gewesen, so Adam.

In der zweiten Phase würden zudem die Laborergebnisse per App auf das Mobiltelefon der getesteten Personen übertragen. Die App-Benutzer erführen das Ergebnis bis zu mehrere Tage früher als das Gesundheitsamt. Adam appelliert, mit dem Befund verantwortungsvoll umzugehen – sprich: Sollte ein positives Ergebnis herauskommen, ist Quarantäne angesagt.

Verzicht

Das ist die Kernbotschaft von Michel und Adam. Sie gehen nicht so weit wie Bundeskanzlerin Angela Merkel am Wochenende ("Bleiben Sie zu Hause"), aber raten dazu abzuwägen, ob alles, was erlaubt sei, auch getan werden müsse. Auch wenn Musik- und Sportveranstaltungen zugelassen sind, ist also die Frage, ob das jetzt sein muss. Beim Sport sei der Atemausstoß gewaltig.

Kontrolle

Die Einhaltung der Maskenpflicht in der Schule wird von Lehrern kontrolliert, die der Quarantäne demnächst flächendeckend durch die Ortspolizeibehörde.