Gisela Casula (links) und Regina Gutjahr wollen einen Tierrettungswagen für den Kreis Rottweil organisieren. Die kleine Lucy (auf Gutjahrs Schoß), die aus der Verwahrlosung gerettet wurde, war der Stein des Anstoßes. Foto: Cools

Gisela Casula und Regina Gutjahr wollen Tierrettungswagen in den Landkreis holen.

Kreis Rottweil - Taub, fast verhungert und lethargisch – die kleine Lucy wurde vom Tierrettungsdienst in Esslingen aus der Verwahrlosung gerettet und zu Regina Gutjahr gebracht. Sie und Gisela Casula setzen sich schon seit vielen Jahren für den Tierschutz ein. Lucy hat sie nun dazu veranlasst, einen Schritt weiter zu gehen.

Apathisch liegt die kleine Lucy auf dem Sofa, hebt nur hin und wieder müde den Kopf. Der Pullover soll sie vor dem Frieren schützen. Noch immer ist die zwölfjährige Hündin sehr dünn, obwohl Regina Gutjahr aus Vöhringen sie regelmäßig füttert und sich gut um sie kümmert. "Sie will kaum etwas fressen, weil sie einen Schrumpfmagen hat. Deshalb füttern wir sie mit der Spritze", erklärt Gutjahr. Lucy wurde aus der Verwahrlosung gerettet, kam über die Esslinger Tierrettung nach Vöhringen. "Nun soll sie noch ein paar schöne Jahre haben und lernen, was leben wirklich heißt", sagt die Tierschützerin.

Große Versorgungslücke am Oberen Neckar

Mit Hunden kennt sie sich gut aus. Früher hatte sie eine eigene Zucht, doch dann sei ihr klar geworden, dass es genug Elend und Hunde, die allein auf der Welt seien, gebe. "Da muss man nicht auch noch welche züchten", meint sie. Immer wieder hat sie Tiere vom Rettungsdienst aufgenommen.

Auch Gisela Casula engagiert sich schon seit Jahrzehnten für Tiere. Die Mutter der 61-Jährigen hat damals den Tierschutzverein in Oberndorf gegründet. Casula selbst engagierte sich lange im Papageienschutz und nimmt auch jetzt immer wieder verwahrloste Tiere auf.

Sie weiß: Im Kreis Rottweil gibt es in Sachen Tierrettung eine riesige Versorgungslücke. Tierschutzvereine seien außerhalb der Sprechzeiten, also vor allem nachts und am Wochenende, oftmals nicht zu erreichen, meint Gutjahr, und die Polizei anzurufen, sei für viele Menschen ein großes Hemmnis.

Dabei gebe es genug Fälle, in denen die Hilfe von Tierschützern gebraucht werde. "Neulich hatte ich so einen Fall mit meiner Hündin. Die leidet an akuter Atemnot wegen eines Ödems in der Lunge. Zum nächsten Tierarzt hätte ich bis nach Freudenstadt fahren müssen", berichtet Casula.

Daraus wurde die Idee geboren, einen Tierrettungswagen für den Kreis Rottweil zu organisieren. Einen solchen gibt es bereits im Bereich Mittlerer Neckar (Esslingen) und in Südbaden (Radolfzell). Letzterer versorgt immerhin noch teilweise den Kreis Tuttlingen und den Schwarzwald-Baar-Kreis mit.

Verwahrlosung und Giftköder als Probleme

Beim Tierrettungswagen geht es um die Erstversorgung. Der Wagen wird bei der Rettung von angefahrenen Tieren, bei der Tierbefreiung aus Notlagen und bei Hausnotfällen eingesetzt. Außerdem kann ein ambulanter Tierfahrdienst die Besitzer bei der Fahrt ihrer Lieblinge zu Tierarztterminen unterstützen. "Viele alte Leute vereinsamen ohne Tiere, sind aber auch nicht mehr im Stande, sich angemessen um sie zu kümmern", erklärt Gutjahr.

Ein weiterer Fall trete etwa bei einem Autounfall auf. "Ein schwer verunglückter Hund hat da keine Chance, obwohl er vielleicht gerettet werden könnte. Er wird zur Seite gelegt, damit seine Besitzer versorgt werden können", sagt Gutjahr. Sie hätten schon häufig Anrufe von Leuten erreicht, deren Hund im Wald einfach nicht mehr aufstehen will, erinnert sich Gisela Casula derweil.

Ein weiteres ernstes Thema, vor allem im Raum Vöhringen und Horb, sei die Giftköder-Problematik. Zahnstocher, Rasierklingen – Gisela Casula hat alles schon erlebt. Ihren eigenen Hund konnte sie gerade so vor einer Vergiftung retten, indem sie ihm noch rechtzeitig ins Maul griff. "Das mit diesen Tierhassern nimmt überhand", sagt auch Regina Gutjahr kopfschüttelnd. Inzwischen lasse sie ihre Hunde draußen schon kaum mehr von der Leine.

Wichtig sei, einen Tiernotruf einzurichten. Der könne auch dann helfen, wenn man angefahrene, aber noch lebende Tiere am Straßenrand entdecke. "Viele Leute fahren einfach weiter und alarmieren nicht einmal einen Tierarzt oder die Polizei", sagt Gutjahr kopfschüttelnd.

Es sei schlimm genug, dass ein Tier in Deutschland nur als Sache gelte. "Als mein Hund überfahren wurde, fragte man mich vor Gericht lediglich, wie hoch der Sachwert war." Umso wichtiger sei es, dass nun etwas passiere.

Gutjahr und Casula würden sich dazu bereit erklären, die Zentrale für einen solchen Tiernotruf zu übernehmen. "Dann brauchen wir aber noch Helfer, die ausrücken und natürlich auch die krassen Fälle aushalten können. Am besten sollte auch noch ein ausgebildeter Tierrettungssanitäter dabei sein", meint Gutjahr. Zu einem solchen könne man innerhalb von 160 Stunden werden. Der Aufwand sei überschaubar: "Hier ist ja auch nicht jeden Tag ein Einsatz", meint Gutjahr. Auch finanzielle Hilfe ist gefragt.

Bei entsprechender Resonanz habe sich die Radolfzeller Gruppe bereiterklärt, ihren Tierrettungswagen einmal im Kreis Rottweil aufzustellen, um darüber zu informieren. Dafür suchen die beiden Frauen auch noch einen geeigneten Platz und bitten Firmen oder Privatpersonen, sich zu melden.

Über kurz oder lange könne man dann hier einen Verein gründen, meinen Casula und Gutjahr. Aus Esslingen könne man einen solchen Tierrettungswagen günstig erwerben, doch dazu müssten genug Interesse und eine Basis bestehen.

Man hoffe nun einfach auf eine gute Resonanz, um den Traum vom Tierrettungswagen umsetzen zu können. "Es ist eine riesige Lücke, die wir da schließen wollen, aber Lucy hat es uns leicht gemacht, diesen Schritt zu wagen", sagt Gutjahr.  Wer sich für das Projekt interessiert, mithelfen oder finanziell unterstützen möchte, der soll sich an Gisela Casula (0175/53 28 72 7) oder Regina Gutjahr (0172/9 25 33 54) wenden.