Will dieses Jahr im Kreis Freudenstadt Präsenz zeigen: die Polizei. Foto: Rath

Polizeichef Tritsch stuft Landkreis dennoch als sehr sicheres Pflaster ein. Mehr Angriffe auf Beamte.

Kreis Freudenstadt - Die Zahl der polizeilich erfassten Straftaten ist voriges Jahr im Landkreis Freudenstadt um 4,6 Prozent gestiegen. Dennoch lebt es sich zwischen Neckar, Wolf, Nagold und Kniebis vergleichsweise ruhig und sicher.

Mit dieser Botschaft wartete Wolfgang Tritsch, Leiter des neuen Polizeipräsidiums Pforzheim, in der Sitzung des Kreistags am Montag auf. Dort stellte er die Kriminalstatistik vor, die erste nach dem Neuzuschnitt des Zuständigkeitsgebiets. 4104 Straftaten jeglicher Art verzeichnete die Polizei im vorigen Jahr im Kreis, 179 mehr als 2018. Das liegt deutlich über dem Landesschnitt (plus 0,3 Prozent) und dem Nordschwarzwald (minus 0,9 Prozent). Unter den 35 Kreisen im Land liegt Freudenstadt auf Rang elf, was polizeilich erfasste Straftaten umgerechnet auf 100 000 Einwohner beträgt, deutlich besser als der Landesschnitt. Auf den Plätzen eins bis drei rangieren der Enzkreis und die Kreise Calw und Rottweil. Innerhalb des Landkreises gelten übrigens Wörnersberg und Glatten als die sichersten Orte, immer auch im Verhältnis zur Einwohnerzahl. Den anders wäre die Lage von Wörnersberg (zwei Straftaten) mit der in Horb (1004) und Freudenstadt (1337) auch nicht vergleichbar.

In 62,4 Prozent (minus zwei Prozent) der Fälle konnte die Polizei die Taten im Kreisgebiet aufklären, ein hoher Wert, verglichen mit den Quoten in Land und Nordschwarzwald. Die Kollegen vor Ort würden gute Arbeit leisten, so der Polizeichef. Dafür stieg die Zahl der Opfer von Straftaten durch Körperverletzung, Aggression und Sexualdelikte auf 921 oder um 24 Prozent an. Drei Viertel dieser Taten gingen auf das Konto von Erwachsenen, 60 Prozent davon waren Männer. Interessantes Detail: Bei der Hälfte aller Gewalttaten gab es eine Vorgeschichte zwischen Täter und Opfer, sie kannten sich also.

Diebstahl größer Block

27 Prozent aller Straftaten waren laut Statistik Diebstähle, der größte Block. Dem folgten mit 18 Prozent Vermögens- und Fälschungsdelikte wie Betrug. 87 Fälle (2,1 Prozent) waren Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. In einem Fall wurde ein sexueller Übergriff angezeigt, in 15 Fällen sexuelle Belästigungen, alles andere ist unter dem Oberbegriff zusammengefasst, der alles beinhaltet, vom Exhibitionismus über Verbreitung pornografischer Schriften bis hin zum Kindesmissbrauch.

14 Mal ermittelte die Polizei wegen Raubs und räuberischer Erpressung. Sechs Raubüberfälle auf Geschäfte trieben die Fallzahlen nach oben. Bei einem Drittel konnten die Täter überführt werden. Die Polizei werde an der Verbesserung der Aufklärungsquote in diesem Deliktfeld "arbeiten".

Die "Straßenkriminalität" im Kreis rangierte 2019 mit 546 Fällen auf niedrigem Niveau im Zehn-Jahres-Vergleich. Hierunter fallen laut Tritsch unter anderem Sachbeschädigungen und sexuelle Belästigungen wie Exhibitionismus. Zwei Drittel dieser Taten würden tagsüber verübt, in mehr als die Hälfte aller Fälle würden sich Täter und Opfer kennen.

Anders sehe es bei Körperverletzungen aus (459 Fälle), dritthöchster Wert im Kreis in zehn Jahren. Diese Fälle würden vor allem an Wochenenden und am Ende des Tages verübt, meist in Mehrfamilienhäusern, Wohngebieten oder Kneipen. In 60 Prozent der Fälle gebe es eine "Vorgeschichte". Sehr oft sei hier Alkohol im Spiel, so der

Dasselbe gelte für ein vergleichsweise junges Phänomen, das die Beamten jedoch mit Sorge verfolgen: Gewalt gegen Polizisten. In rund 80 Prozent der An- und Übergriffe seien die Täter betrunken. 31 Fälle wurden 2019 im Kreis registriert, zehn mehr als im Jahr zuvor. Dazu kamen drei Angriffe auf Mitarbeiter im Rettungsdienst.

Mehr Angriffe auf Beamte

Ebenfalls wieder nach oben zeige der Trend bei Wohnungseinbrüchen. 39 Taten sind erfasst, neun mehr als 2018. Oft bleibe es jedoch beim Versuch, weil die Einbrecher scheiterten oder abbrächen. Abgesehen hätten sie es vor allem auf Bargeld, Schmuck und Kleingeräte, die sich schnell versilbern lassen. Auch die Rauschgift stieg zuletzt um zwölf Prozent auf 324 erfasste Straftaten im Kreis, ein hoher Wert im Zehn-Jahres-Vergleich. Die Polizei führt dies auf einen statistischen Effekt zurück: Wer viel untersucht, findet auch viel, was über Suchtstrukturen im Kreis an sich nicht allzu viel aussagt.

20.000 Euro futsch

Bei Betrügern offenbar beliebte Masche sind Taten, bei denen sich die Nepper als Polizeibeamte ausgeben, die angeblich Wertsachen abholen wollen, um sie in Sicherheit zu bringen. 113 solcher Taten wurden voriges Jahr im Kreis angezeigt, 95 mehr als 2018. Laut Tritsch sei es schwer, die Betrüger zu fassen. Alt sei hingegen der "Enkeltrick", bei dem sich Betrüger bevorzugt bei Senioren melden und sich als Verwandte ausgeben, die angeblich in Geldsorgen stecken. 14 Fälle wurden bekannt, in einem Fall zog der Verbrecher ein Opfer über den Tisch und ergaunerte sich 20.000 Euro.

Gegen solche Gauner will die Polizei dieses Jahr verstärk vorgehen, ebenso gegen Betrüger und Kriminelle im Internet sowie gegen "politische motivierte Kriminalität" durch Rechtsextremisten und Islamisten. Auf Anfrage der Kreisräte Gerhard Gaiser (SPD) und Uwe Hellstern (AfD) erklärte Tritsch, dass der Kreis weder Brennpunkt für Neonazis oder Islamisten sei, noch dass die Polizei bei linksextremen Umtrieben die Augen verschließe. Wie sich Corona auf die Entwicklung auswirke, etwa häusliche Gewalt (Anfrage Viviane Weschenmoser, SPD) wisse die Polizei noch nicht. Mit dem Ziel, ein Frauenhaus einzurichten, tue der Landkreis jedenfalls das Richtige. Peter Rosenberger (CDU) hakte nach, was mit dem geplanten neuen Polizeirevier in Horb nun passiere. Tritsch erklärte, die Planungen würden weiter verfolgt, allerdings könne es sein, dass dem Land nach Corona das Geld für den Bau fehle. Die neuerliche Strukturreform habe dem Kreis jedenfalls personell nicht geschadet, im Gegenteil. Junge Polizisten seien herversetzt worden, alleine im Freudenstädter Revier sei das Durchschnittsalter um vier Jahre gesenkt worden. Um die Struktur der Reviere und Polizeiposten mache er sich aktuell "keine Gedanken", sagte Tritsch auf die Frage, ob kleine Dienststellen wie Bad Rippoldsau-Schapbach auf der Streichliste stünden. Ohnehin wolle die Polizei auch gegen Straßenkriminalität vorgehen – und dabei Präsenz zeigen.