Als Krankenhauspfarrerin hat Susanne Thierfelder viel erlebt. Am Sonntag, 9. Oktober um 15 Uhr wird sie in der Stadtkirche in Freudenstadt in ihren Ruhestand verabschiedet. Foto: Günther

Nach neunjähriger Tätigkeit am Klinikum Freudenstadt und an der Neurologischen Klinik Selzer in Schönmünzach geht Susanne Thierfelder nun in den Ruhestand.

Freudenstadt - Sie erklärt im Gespräch mit unserer Redaktion, dass ihr Dienst als Krankenhauspfarrerin war anstrengend, fordernd, sinnvoll und erfüllend zugleich.

Für die 1958 in Welzheim geborene Susanne Thierfelder war schon früh klar, dass sie einmal einen sozialen Beruf ergreifen würde. Der Umgang mit Menschen in Notlagen war ihr fast schon in die Wiege gelegt, galt doch in ihrem Elternhaus stets der Leitspruch: "Nach den Schwachen muss man schauen." Dass Thierfelder sich dann für ein Studium der Theologie entschied, ist einem Informationstag im Tübinger Stift geschuldet. Nach einer Begegnung mit einem Gefängnispfarrer entschloss sie sich, Theologie zu studieren.

Tätigkeit als Krankenhauspfarrerin alles andere als leicht

Nach ihrem Studium in Tübingen und Erlangen absolvierte Thierfelder ihr Vikariat in Neuhausen. Ihre weiteren beruflichen Stationen führten die junge Theologin an das Diakonische Werk der EKD, als Pfarrverweserin und Gemeindepfarrerin in das Dekanat Vaihingen/Enz, als Dozentin für biblische Exegese an die Fortbildungsstätte Kloster Denkendorf sowie in die Kirchengemeinde Gültstein. Seit 2005 war sie für die Alten- und Pflegeheimseelsorge im Kirchenbezirk Ditzingen zuständig; am 1. September 2013 übernahm sie die Stelle einer Krankenhausseelsorgerin am Klinikum Freudenstadt.

Wenn Thierfelder typische Arbeitsfelder ihres Berufsalltags als Krankenhauspfarrerin schildert, wird deutlich, dass ihre Tätigkeit alles andere als leicht gewesen sein muss. "Ich helfe, indem ich da bin und zuhöre", beschreibt sie ihre Rolle, "damit sich die Menschen etwas von der Seele reden und ihre Situation annehmen können".

"Aushalten und Halt geben" sei ihre wichtigste Aufgabe – ob in der Phase des Schocks, der Aggression oder der Depression. Dass sich Krankenhausseelsorge nicht nur auf alle Patienten des Krankenhauses erstreckt, sondern, dass alle Klinikmitarbeiter auf Wunsch den Beistand der Krankenhauspfarrerin erhalten, war für Thierfelder stets selbstverständlich.

Häufig kommt es zu bewegenden Begegnungen

Offen für alle waren auch die Andachten, die die Krankenhausseelsorgerin im Wechsel mit den Pfarrern der katholischen und der methodistischen Kirche regelmäßig in der Krankenhauskapelle hielt.

Aus Thierfelder Berichten wird deutlich, dass Krankenhauspfarrer häufig zu schwer kranken oder sterbenden Menschen gerufen werden; häufig kommt es zu bewegenden Begegnungen. Dabei bedarf es großer Sensibilität um zu erspüren, was jetzt gefordert ist: Schweigendes Aushalten, eingehen auf die Fragen und Klagen, mitgehen auf der letzten Wegstrecke oder auch eine Segnung. Dass dabei nichts gegen den Willen des sterbenden Menschen geschieht ist Thierfelder wichtig zu betonen, "kein frommer Überbau".

Angesichts der vielen schwerkranken und sterbenden Menschen verwundert es nicht, dass Thierfelder ihren Dienst als anstrengend und herausfordernd erlebte. Denn obwohl sich, so die Seelsorgerin, die Mehrheit aller Deutschen wünscht, in den eigenen vier Wänden sterben zu können, sieht die Realität ganz anders aus: Rund 75 Prozent sterben in einer Klinik oder einem Pflegeheim.

Seelsorge von psychisch kranken Menschen

Sterben sei so unterschiedlich und einzigartig wie jede Geburt, ist Thierfelders Erfahrung. Die größte Herausforderung ihres Dienstes sei es, so Thierfelder, die eigene Ohnmacht und die des Anderen auszuhalten. Die Frage nach den Ressourcen, nach dem, was sie in der momentanen Situation aufbaut und stärkt, sei für viele Patienten hilfreich.

Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Arbeit lag in der Seelsorge und Begleitung von psychisch kranken Menschen. So war Thierfelder Wegbegleiterin für viele Menschen mit Depressionen, Psychosen oder Suchtkrankheiten.

Neben ihrem Dienst im Klinikum legte Thierfelder stets Wert auf ihre eigene Weiterbildung sowie auf Fortbildungen, die sie für ehrenamtliche Besuchsdienstmitarbeiter im Krankenhaus und in den Kirchengemeinden des Bezirks durchführte.

Abschiedsgottesdienst findet am Sonntag statt

Für ihre Zukunft hat sie noch keine konkreten Pläne. Ihren Ruhestand wird sie in der Nähe von Schwäbisch Gmünd verbringen. Sie freut sich auf die freie Zeit, die vor ihr liegt. Auch, um sich wieder mit den Urtexten der Bibel zu beschäftigen und ihr Altgriechisch und Hebräisch aufzufrischen. In den letzten Jahren habe sie, so Thierfelder, Bubers Erkenntnis "Alles wirkliche Leben ist Begegnung" intensivst erlebt; nun freue sie sich auf viele weitere Begegnungen außerhalb eines Klinikums.

Der Abschiedsgottesdienst für Susanne Thierfelder findet am Sonntag, 9. Oktober um 15 Uhr in der Stadtkirche Freudenstadt statt.