Stuttgart - "Rechts laufa. Hier kommet die Skifahrer ronter", ruft Franz Bek einer jungen Familie mit zwei Kleinkindern zu, die gerade versucht, die Piste mit ihren Schlitten zu kreuzen. Der 72-jährige Bek ist in seinem Element. Seit mehr als 50 Jahren betreibt er gemeinsam mit seiner Frau Margret im Luftkurort Westerheim auf der Schwäbischen Alb vier Skilifte.

442 Skilifte in Baden-Württemberg

Über 100 dieser Seilbahnen, die die Benutzer auf Skiern oder Snowboards mittels einer Schleppvorrichtung in einer Spur befördern, gibt es allein auf der Schwäbischen Alb. Bundesweit werden 1637 Schlepplifte in der Statistik des Deutschen Seilbahnverbandes geführt, 442 davon in Baden-Württemberg.

Rund 52 Meter Höhenunterschied überwinden dabei die Lifte der Familie Bek auf ihrer 300 Meter langen Schleppspur. "So etwas ist natürlich nicht mit den großen Skigebieten im Allgäu oder in Österreich zu vergleichen", gibt sich Bek bescheiden. Auf die Schwäbische Alb kämen die Leute in erster Linie wegen der Naherholung und auch, um den Kindern abseits des großen Skizirkus das Skifahren beizubringen. An schneereichen Wochenenden zählt der rüstige Rentner schon mal bis zu 800 Fahrzeuge auf seinem Parkplatz am Skilift Halde.

Kuriose Idee wird Wirtschaftsfaktor

Von diesem Ansturm profitieren in den Wintermonaten nicht nur Franz Bek und die anderen Liftbetreiber. Das war aber nicht immer so. "Als ich Anfang der 60er Jahre meinen ersten Lift baute, schüttelten die Leute im Dorf nur mit dem Kopf", erinnert sich Bek an die Anfänge des professionellen Skibetriebs in Westerheim. Damals gab"s weder Parkplätze noch Toiletten. "Die feinen Stuttgarter Damen haben wir in den Wald geschickt", erinnert sich der 72-Jährige. Das ist heute anders. Bevor eine Anlage von den Behörden genehmigt wird, sind zahlreiche Auflagen zu erfüllen. Neben einer ausreichenden Anzahl an Parkplätzen gehören dazu auch die sanitären Einrichtungen. Auch kann man nicht einfach drauflosbauen. Vor allem dann, wenn - wie in Beks Fall - eine Stromleitung kreuzt. "Die haben wir kurzerhand unter die Erde verlegt", weiß Bek noch.

Wirtschaftsfaktor für den Tourismus

Was Anfang der 60er Jahre noch als kuriose Idee abgetan wurde, ist heute in den meisten Skigebieten ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor für den Tourismus. Denn nur etwa 14 Prozent der Umsatzerlöse, die von den Urlaubs- und Ausflugsgästen vor Ort getätigt werden, fließen direkt in den Seilbahnbetrieb. Rund 86 Prozent der Erlöse verbleiben laut einer Studie des Deutschen Seilbahnverbandes in der Regel im Umfeld der Seilbahnwirtschaft, also beim Beherbergungsgewerbe, der Gastronomie, dem Handel und sonstigen Dienstleistungen. "Der Gastronomiebereich ist auch bei uns eine wichtige Einnahmequelle", erklärt Bek die Mischkalkulation seines Gewerbebetriebes.

Reich wird man als Skiliftbetreiber auf der Schwäbischen Alb dennoch nicht. Auch Franz Bek hat die Liftanlage gemeinsam mit seiner Frau immer nur im Nebenerwerb betrieben. "Das war in den ersten Jahren ganz schön anstrengend. Morgens wurde das Vieh gefüttert, anschließend ging es auf die Piste und am Abend wieder in den Stall", erinnert er sich an die arbeitsreichen Anfangsjahre. 1975 wurde die Landwirtschaft ganz aufgegeben. Die Arbeit geht dem 72-Jährigen aber auch heute nicht aus. An den vier Skiliften ist winters wie sommers immer etwas zu tun. Während sich in den Schneemonaten die Arbeit in erster Linie auf den Betrieb der Anlage und die Präparierung der Pisten konzentriert, verbringt Bek in den Sommermonaten viel Zeit mit der Instandhaltung der vier Skilifte. Außerdem muss mehrmals das Gras auf den Hängen gemäht werden. "Eine gepflegte Wiese ist für den Skibetrieb wichtig. Nur so kann man auch bei wenig Schnee Ski fahren", erklärt er.

Hohe Betriebskosten

Rund 80 000 D-Mark hat einst jeder der vier Lifte der Familie gekostet. "Heute würde man das Gleiche in Euro zahlen", ist er sich sicher. Am teuersten seien dabei der Bau der Berg- und Talstation gewesen. Hinzu kämen die jährlichen Kosten für den Betrieb wie die Stromkosten für die 42-Kilowatt-Anlagen, die Wartungs- und die Personalkosten für die zahlreichen Aushilfskräfte, von denen alle aus Westerheim kommen. Einige sind seit über 40 Jahren dabei. Wie zum Beispiel Guido Stehle. Der ehemalige Landwirt hilft auch im Ruhestand immer mal wieder gerne am Skilift aus.

40 bis 50 Schneetage pro Saison reichen

Zehn Meter weiter verkauft eine der beiden Töchter die Liftkarten. Die Zehnerkarte für 3,50 Euro. "Um das Geld reinzuholen, muss man nicht nur viele Liftkarten verkaufen, sondern auch genau rechnen", meint Bek. Andererseits würden schon zwischen 40 und 50 Schneetage pro Saison reichen, keine rote Null zu schreiben. Fällt der Schnee allerdings buchstäblich ins Wasser, helfen auf der Schwäbischen Alb auch keine Schneekanonen, glaubt Bek.

Die notwendigen Speicherseen kosteten ein Vermögen, außerdem müsste das Wasser auch noch vorgekühlt werden, was zusätzliche Energiekosten verursache. Und wer das Wasser aus dem normalen Leitungsnetz für die Schneekanonen beziehe, riskiere, dass die Einwohner im Ort am Samstagabend kein Badewasser mehr haben, weil der Hochbehälter leer ist. So soll es in einer Nachbargemeinde geschehen sein, erzählt Bek mit einem Schmunzeln im Gesicht.