Schweben auf der Königstraße - ein Wunder? Nein, ... Foto: Leserfotograf: remstalknipser

Wunder für alle versprechen die Männer, die neuerdings durch die Fußgängerzonen schweben. Sie stützen sich auf einen Stock und hocken im Schneidersitz scheinbar auf einer Schicht heißer Luft.

Stuttgart - Endlich - ein Wunder! Entgegen der landläufigen Meinung sind Wunder gar nicht so selten, während Johannes Paul II. Papst war, erkannte die Katholische Kirche 1820 Wunder an. Das sind stattliche 70 Wunder im Jahr. Nimmt man brennende Dornbüsche, Kornkreise, Blut weinende Statuen und das Wunder von Bern hinzu, müsste eigentlich jeder Erwachsener einmal sein Wunder erlebt haben. Doch man hört nie davon, dass im Bekanntenkreis einer im UFO mitgenommen oder von der Jungfrau Maria angesprochen wurde.

Doch die Retter nahen. Wunder für alle versprechen die Männer, die neuerdings durch die Fußgängerzonen schweben. Sie stützen sich auf einen Stock und hocken im Schneidersitz scheinbar auf einer Schicht heißer Luft. Das gibt es als Solovorstellung oder wie oben auf der Königstraße fotografiert auch als Sitzgruppe.

Yogisches Fliegen nennt sich das, und wurde erfunden vom selbst ernannten Maharishi Mahesh Yogi. Transzendentale Meditation, nennt er das In-Sich-Reisen, dafür allerdings muss man ein nicht ganz billiges Ticket bei seiner Organisation „Globales Land des Weltfriedens“ lösen. Und wenn man ganz fleißig seine Übungen macht, soll man irgendwann schweben können. Es wurden schon Flugschüler beobachtet, die eine fortgeschrittene Stufe erreicht haben: das Yogi-Hüpfen.

Doch wer weiß, vielleicht gibt es einen Ort, wo das Ungeheuer von Loch Ness, der Yeti und Fakire leben, von wo aus man des gegenseitigen Bewunderns müde sich hin und wieder aufmacht, um Skeptiker zu verblüffen und Wunder zu wirken. Nun ist die Königstraße ja eine Wundertüte, und zu gerne hätten wir uns überwältigen lassen vom übersinnlichen Sitzstreik zweier Fakire.

Man muss sagen, gewundert hat uns, dass sie Geld wollten fürs Zuschauen. Wer fliegen kann, sollte doch auch Manna vom Himmel regnen und sich gebratene Tauben ins Maul flattern lassen können. Und leider, leider, muss man sagen sind die beiden Wundertäter. Das einzige Indische auf der Königstraße bleiben die billigen T-Shirts. Bei denen es freilich ein Wunder ist, wenn sie zwei Waschgänge überstehen. Doch das nur nebenbei.

Die angeblich indischen Fakire stammen meist aus Bulgarien oder Rumänien. Und sind begnadete Bastler. Nicht die Geisteskraft lässt sie fliegen, sondern ein Metallgestell, das verdeckt wird vom Stock und den Kostümen. Verankert ist es im Boden auf einer Metallplatte, die vom Teppich verdeckt wird. Die Konstruktion mündet in eine Art Pfanne, auf der der Yogi auf seinen vier Buchstaben ruht. Man braucht dafür wahrlich keine Wunderkraft – nur Sitzfleisch.