Der Klinikverbund Südwest fährt an seinen Standorten - hier Calw - die Corona-Kapazitäten hoch. Foto: Fritsch

Ab Montag werden elektive Eingriffe reduziert. Betrieb wird vermehrt durch Personalprobleme eingeschränkt.

Kreis Calw/Kreis Böblingen - Angesichts steigender Zahlen fährt der Klinikverbund Südwest seine Corona-Kapazitäten hoch. Im Gegenzug reduziert man die elektive - sprich aufschiebbare - Versorgung. Ambulante Sprechstunden, dringliche Behandlungen und Operationen sowie die Notfallversorgung finden nach einer Mitteilung des Verbunds "uneingeschränkt" statt.

In den vergangenen fünf Wochen hat sich die Zahl der stationären COVID-19-Patienten in den Krankenhäusern des Klinikverbundes Südwest nach dessen eigenen Angaben nahezu verzehnfacht. Aktuell sind zeitgleich 78 Patienten in Behandlung, davon 13 auf den Intensivstationen, hinzu kommen 20 weitere Verdachtsfälle - Belegungszahlen, wie man sie zuletzt Mitte April hatte.

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Der Klinikverbund Südwest zieht daraus jetzt weitere Konsequenzen: "Wir müssen angesichts der dynamischen Entwicklung die Behandlungskapazitäten für Corona-Patienten schnellstmöglich ausweiten", betont der Aufsichtsratsvorsitzende des Klinikverbunds, der Böblinger Landrat Roland Bernhard.

Geschäftsführer: "Immenser Kraftakt für alle Mitarbeiter"

"Damit das dafür erforderliche Personal zur Verfügung gestellt werden kann, werden wir ab Montag, 9. November, voraussichtlich bis Ende des Monats das Elektivprogramm an den Standorten herunterfahren", erläutert Martin Loydl, Geschäftsführer des Verbundes, die notwendigen Maßnahmen. Neben dem Anstieg der COVID-Patienten machen dem Klinikverbund Südwest auch Personalausfälle zu schaffen.

Im Gegensatz zur ersten Pandemiewelle wird der Betrieb aktuell nun auch vermehrt durch Personalausfälle eingeschränkt. "Allein im letzten Monat betraf das rund 80 Fachkräfte, die mehrheitlich aufgrund von Quarantäne zeitweise freigestellt werden mussten; das entspricht über 300 Schichten, deren Kompensation einen immensen Kraftakt für alle Mitarbeiter darstellt. Unser Ziel ist es, in den kommenden Tagen medizinisches und pflegerisches Personal, welches bislang noch in der Regelversorgung gebunden war, nun auch für die Isolationsstationen, Decision Units - COVID-Stationen und Übergangsstationen für Verdachtsfälle - sowie für die Intensivstationen zur Verfügung zu stellen."

"Stellen uns auf höheren Bedarf an Beatmungsplätzen ein"

Die ambulanten Sprechstunden werden bis auf weiteres weitergeführt, gleiches gilt ohnehin für die Notfallversorgung, die geburtshilfliche Versorgung sowie alle medizinisch erforderlichen und dringlichen Behandlungen und Operationen. Hierzu zählen beispielsweise die Herzinfarkt- und Schlaganfallbehandlung, Verletzungen oder Tumor-Operationen.

Das Aussetzen zeitlich verschiebbarer Operationen soll neben dem Personal auch die bereits bestehenden Intensivkapazitäten entlasten. "Momentan müssen etwa 15 Prozent unserer COVID-19-Patienten beatmet werden, im April lag die Quote um zehn Prozent höher", so Loydl. "Wir stellen uns daher auch auf einen höheren Bedarf an Beatmungsplätzen ein."

Momentan verfügt der Klinikverbund Südwest über 70 Intensivbetten, die aktuell jedoch personalbedingt nicht vollständig betrieben werden können. Die nächste Ausbaustufe sieht eine Erweiterung auf 85 Beatmungsplätze vor. Damit die möglichen Beatmungskapazitäten auch betrieben werden können, ist zusätzliches qualifiziertes Personal erforderlich.

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Dabei will man auch auf externes Personal zurückgreifen. Hierfür geht man im Verbund aktiv auf die vielen externen, freiwilligen Helfer zu, die bereits im April und Mai im Einsatz waren. Fast 550 Helfer aus dem medizinisch-pflegerischen Bereich sowie weitere 120 aus unterschiedlichsten Berufsgruppen hatten sich damals zur Unterstützung der Kliniken gemeldet. Im Unterschied zum Frühjahr befinde man sich aber natürlich nicht mehr in einem kompletten gesellschaftlichen Lock-Down, sprich viele der Helfer seien momentan regulär in ursprünglichen Berufen, Schule oder Universitäten gebunden, so der Klinikverbund. Man sei aber zuversichtlich, dennoch einige wieder reaktivieren zu können.

Klinikverbund setzt vermehrt auch auf Corona-Schnelltests

Neben dem Aufbau der COVID-Kapazitäten an den Standorten erfolgt eine verbundübergreifende Zusammenarbeit bei der Patientenversorgung, bei der sich die Krankenhäuser bei Engpässen gegenseitig unterstützen. Darüber hinaus wurde die bewährte Kooperation mit anderen Kliniken und Einrichtungen in der Region Anfang Oktober wieder reaktiviert, erste COVID-Patienten wurden bereits vom Verbund in enger Absprache mit den Partnern unter anderem an die Sana Klinik in Bad Wildbad und an das Paracelsus Krankenhaus in Bad Liebenzell verlegt.

Unterstützung und Austausch finden so nicht nur standort- oder verbundweit statt, sondern auch institutionsübergreifend in einem beispielhaften Netzwerk. "Für das enge Zusammenspiel zwischen den Trägern beteiligter Kliniken und Reha-Einrichtungen sind wir sehr dankbar", betont Roland Bernhard. "Angesichts der Pandemie zeigt sich einmal mehr, wie wertvoll der Verbund ist."

Um die Patientensicherheit noch weiter zu erhöhen und die Belegschaft noch besser zu schützen, setzt der Klinikverbund Südwest zukünftig neben den bewährten PCR-Tests ("Coronatests") vermehrt auf Antigentests, so genannte "Schnelltests". Dabei können Mitarbeiter, die in Corona-Bereichen arbeiten, sich einmal in der Woche vorsorglich testen lassen. Diese Woche traf dazu eine erste Lieferung von 80 000 Antigentests im Verbund ein.