Der Strom der Beschwerden gegen Justizminister Stickelberger reißt nicht ab. Foto: dpa

Die Kritik gegen Justizminister Rainer Stickelberger reißt nicht ab. Nun bekommt er Gegenwind von der Neuen Richtervereinigung. Stickelberger scheue notwendige Änderungen und tue auch nichts gegen Missstände.

Stuttgart - Die Kritik an Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) nimmt wieder an Schärfe zu. Der SPD-Politiker wies am Mittwoch in Stuttgart Angriffe der Neuen Richtervereinigung energisch zurück. Er könne sie nicht im Ansatz nachvollziehen, sagte sein Sprecher. Er verwies auf Initiativen, die Stickelberger während seiner Amtszeit angestoßen habe. Als Beispiele nannte er die Rückverstaatlichung der Justizvollzugsanstalt Offenburg, die Erarbeitung eines Jugendarrestgesetzes und die Entwicklung eines Personalentwicklungskonzepts für alle Laufbahnen in der Justiz.

Der Vorsitzende der Neuen Richtervereinigung, Johann Bader, hatte dem Ressortchef vorgeworfen, er scheue notwendige Änderungen und tue auch nichts gegen Missstände, die er als Oppositionsabgeordneter noch selbst kritisiert habe. „Der Mann hat Recht“, sagte der oppositionelle CDU-Fraktionschef, Peter Hauk. Es gebe offensichtlich Missstände im Strafvollzug.

Schmiedel: "Hauk soll sich am eigenen Hintern kratzen"

SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel attackierte den scheidenden CDU-Fraktionschef scharf: „Hauk soll sich am eigenen Hintern kratzen.“ Stickelberger arbeite die Probleme der schwarz-gelben Vorgängerregierung auf. „Man kann nicht alles auf einmal bewältigen.“ Seit dem Hungertod eines Häftlings in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal ist Stickelberger unter Druck.

„Ich kann nur davor warnen, den baden-württembergischen Vollzug nun unter Generalverdacht zu stellen“, betonte Stickelberger. Bei rund 17.000 Gefangenen im Jahr und rund 4000 Beschäftigten im Justizvollzug sei es unvermeidbar, dass einzelne Fehler vorkommen. „Alle Vorfälle im Justizvollzug werden rückhaltlos aufgeklärt.“

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Karlsruhe zum Tod des Häftlings dauern laut einer Sprecherin noch an. Ein psychiatrisches Gutachten über den Mann sei noch nicht fertig. Im Fokus der Ermittlungen stehen die Gefängnisärztin und der suspendierte Anstaltsleiter. Der Häftling war im August 2014 in Einzelhaft gestorben. Seit Februar hatte er kein Essen mehr zu sich genommen.

Bader erhob die Vorwürfe gegen den Justizminister in einem Beitrag für die Verbandszeitschrift, aus dem die „Stuttgarter Zeitung“ vorab zitiert hatte. „Von diesem Justizminister ist nichts zu befürchten, keine Sorge, es bleibt alles beim Alten“, habe es in der Justiz schon bald nach dem Amtsantritt Stickelbergers 2011 geheißen. Stickelbergers Amtszeit drohe zur „verlorenen Zeit“ zu werden. Nach dem Hungertod in Bruchsal rächten sich die Versäumnisse nun. „Alle Probleme, die jetzt akut werden, sind seine Probleme“, schreibt Bader, der zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen war.

Die Opposition hatte in der Vergangenheit auch moniert, dass Untersuchungshäftlinge freigelassen wurden, weil ihre Prozesse nicht rechtzeitig starten konnten. Die Richter und Staatsanwälte klagten zu Recht, dass sie überlastet seien.