Veranstaltung: Bewerber um Junginger Bürgermeisteramt stellen sich der örtlichen Wirtschaft vor

"Warum wollen Sie Bürgermeister in Jungingen werden?" Antworten auf diese und weitere Fragen zu Wirtschaftsthemen haben die Besucher einer Info-Veranstaltung der IHK Reutlingen bei Ridi erfahren. Klar wird auch: Keiner der drei Kandidaten will die Gewerbesteuer erhöhen.

Jungingen . Im Neubau von Ridi sollen in Zukunft Kunden und Mitarbeiter mehr über Produkte lernen, die beim Junginger Beleuchtungshersteller produziert werden – an diesem Dienstagabend jedoch konnten Bürger und Vertreter der örtlichen Wirtschaft mehr über die drei Bürgermeisterkandidaten erfahren. Zum Gespräch hat die Industrie- und Handelskammer Reutlingen gebeten. Gut 30 Zuhörer sind gekommen, um die moderierte Veranstaltung mitzuverfolgen.

 Beweggründe: Warum die drei Bewerber Bürgermeister werden wollen, fragt Matthias Miklaut von der IHK. Jürgen Kleinmann dazu: "Weil ich Jungingen weiterentwickeln will." Er betont seine Erfahrungen als Ehrenamtlicher bei Vereinen und Institutionen in Jungingen. Soll heißen: Er hat das Ohr bei den Bürgern.

Oliver Simmendinger sagt, dass er in der "jüngeren Vergangenheit eine gewisse Unzufriedenheit bei den Menschen" wahrgenommen habe. Er sei aber jemand, der "es anpackt" und Herausforderungen angeht.

Und Michael Stehle stellt zuallererst seine Qualifikation heraus: Seinen Angaben zufolge seien mehr als 80 Prozent der Bürgermeister Diplom-Verwaltungswirt – ein Abschluss, den auch er hat. Als leitender Mitarbeiter einer Behörde bringe er Kompetenzen mit, die ihm auch in Jungingen weiterhelfen.

  Gewerbegebiet: Vorneweg: Für alle drei Kandidaten ist klar, dass die Gewerbeflächen in Jungingen erweitert werden sollten.

Simmendinger: "Es wird ein neues Gewerbegebiet geben mit mir."

Stehle verweist auf den Flächennutzungsplan, der keine weiteren Gewerbeflächen für Industriegebiete ausweise. Er würde deshalb das Gespräch mit den Bürgermeistern der Verwaltungsgemeinschaft suchen, die Flächennutzungsplan anpassen und danach in Verhandlungen über den Kauf der Grundstücke eintreten. Bis es so weit ist, kann er sich die Nachverdichtung im bestehenden Gewerbegebiet vorstellen. Es müssten nicht immer große Unternehmen sein. Er nennt "Start-Ups", die sich ebenso auf kleineren Flächen in Jungingen ansiedeln könnten.

Auch Kleinmann spricht im Hinblick auf die Besitzverhältnisse auf dem Gebiet Richtung Schlatt von einem "Flickenteppich". Vor dem Hintergrund der langen Verkaufsverhandlungen stellt er klar, dass es vor allem eins braucht, ein neues Gewerbegebiet auszuweisen: nämlich Zeit.

  Wirtschaftsfreundliche Verwaltung: Kleinmann sieht bei der Verwaltung den Bürgermeister in der Pflicht. Er würde deshalb keine neue Stelle schaffen. Beteiligte aus Verwaltung und Unternehmen sitzen, wenn es nach ihm geht, an einem Tisch und beraten gemeinsam über Zukunftsprojekte und Herausforderungen.

Simmendinger würde im Rathaus klare Strukturen schaffen und eindeutig verteilen. Damit könnten unter anderem Anfragen und Anträge aus den Unternehmen zügiger bearbeitet werden.

Stehle hofft, dass er vor der Wahl noch mit jedem Unternehmer Jungingens ins Gespräch kommt. Als Bürgermeister will er Ansprechpartner und Vertrauensperson für die Wirtschaft im Ort sein.

 Fachkräfte anlocken: Simmendinger betont in diesem Zusammenhang die "Gesamtattraktivität" der Gemeinde und verweist darauf, dass Jungingen bereits ein "perfekter" Ort sei. Man müsse dafür mehr Aufmerksamkeit schaffen.

Auch Stehle sieht die Gemeinde als Gesamtpaket. Es gelte, die bestehende Infrastruktur mit Schule, Schwimmbad, Kinderbetreuung und Einkaufsmöglichkeiten zu erhalten. Nur das alles zusammen locke Fachkräfte nach Jungingen. Stehle: "Geld ist nicht mehr alles."

Kleinmann ergänzt, hebt hervor, dass die Kindergartengebühren in Jungingen schon vergleichsweise günstig seien. Für Angestellte, die von außerhalb kommen, müsse man zusehen, ebenfalls Betreuungsplätze vorzuhalten. Schließlich könne auch das ein Argument für den Arbeitgeber in Jungingen sein.

 Gewerbesteuer: Stehle würde die Gewerbesteuer weder senken noch heben. Herrscht Wirtschaftsflaute, könnte die Gemeinde den Hebesatz seiner Meinung nach sogar senken. Doch dagegen gibt es verwaltungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die Genehmigung des Haushalts. Deshalb würde er bei der Gewerbesteuer alles so lassen, wie es bisher schon ist.

Kleinmann würde es genauso machen: Seit 1998 sei die Gewerbesteuer unverändert. "Es ist klar, dass eine Gewerbesteuer-Erhöhung nicht auf den Tisch kommt", sagt er.

Und ebenso sagt Simmendinger, dass es keinen Grund gebe, die Gewerbesteuer zu erhöhen.

  Erste für Unternehmen bedeutende Amtshandlung: Simmendinger scherzt: "Freibier für alle." Um ernster zu werden: Er würde eine Gewerbeschau organisieren, bei der sich alle Unternehmen aus Jungingen präsentieren können, vielleicht mit angeschlossenem Karrieretag.

Stehle nennt den Flächennutzungsplan, den er anpassen will, damit das Gewerbegebiet erweitert werden kann.

Kleinmann: Er will mit allen Unternehmern in Kontakt kommen, die er während des Wahlkampfes noch nicht getroffen hat. Auch er kann sich eine Gewerbeschau vorstellen, bei der sich die Firmen präsentieren können.

  Hochwasserschutz: Ein Thema, das Manfred Diez, Geschäftsführer von Ridi, angesprochen hat, zumal die Starzel direkt durch das Junginger Gewerbegebiet führt: Bei Hochwasser wären die dort ansässigen Firmen besonders stark betroffen.

Um den Hochwasserschutz zu verbessern, würde Simmendinger das Thema zunächst auf die Tagesordnung des Gemeinderats setzen. Gemeinsam soll dann entschieden werden, was zu tun ist.

Kleinmann ist es dazu wichtig, eine Machbarkeitsstudie als zusätzliche Entscheidungsgrundlage zu haben. "Danach geht’s ans Rechnen", sagt er weiter.

Stehle betont, dass es ihm beim Hochwasserschutz nicht um Wirtschaftlichkeit, sondern um "Investitionsschutz" für die Unternehmen geht. Er würde in einem ersten Schritt mit der Feuerwehr Konzepte entwickeln.