Gemeinsam mit Hans-Friedrich Scheeder prüfen die Jungimkerinnen Rebecca (von links), Annika und Paula die Waben auf Erntereife des Honigs. Foto: Winnie Gegenheimer

Ein ungewöhnliches Hobby haben Annika, Paula und Rebecca aus Rotensol: Mit ihren 16 Jahren senken sie den Schnitt im Bad Herrenalber Bezirksimkerverein deutlich. Die drei sind mit Feuereifer dabei – und freuen sich über die erste Honigernte 2023 bei den eigenen Völkern. Dabei soll es aber nicht bleiben.

„Es ist ein tolles Erlebnis, wenn man ein Honigglas mit eigenem Bienenhonig in der Hand hält“, begeistert sich Annika. Von solchen Gläsern gibt’s in diesem Jahr nicht nur eins: Die drei Bad Herrenalber Jungimkerinnen Annika, Paula und Rebecca haben am Montagabend allein von zwei Völkern satte 40 Kilo Rotensoler Blütenhonig gewonnen. Die aufgeschleuderten Waben wurden schnellstmöglich wieder eingesetzt. Auf den Sommer hin wollen sie Wald- oder Honigtauhonig erhalten – dann nämlich, wenn die Nadelbäume unweit der Bad Herrenalber Bienengärten bei Rotensol honigen, sprich die Bienen Absonderungen von Pflanzenläusen statt wie vorher Pflanzennektar eintragen.

Teenager-Imkerinnen

Wie kommt es, dass drei junge Frauen – gerade mal 16 Jahre alt – beschließen, Imkerinnen zu werden? Den entscheidenden Anstoß gab sicher Hans-Friedrich Scheeder, Annikas Großvater, selbst seit 20 Jahren begeisterter Imker. Der zweite Grund war die Coronazeit, in der freizeittechnisch wenig los war. Noch als 13-Jährige ließen sich die drei Mädchen aus Neusatz und Rotensol überzeugen, einen Imkerkurs zu beginnen. Scheeder, im Bad Herrenalber Bezirksimkerverein bereits als Ausbilder aktiv, gelang es schnell, via Powerpoint-Präsentationen nicht nur die Grundlagen in Theorie zu vermitteln, sondern auch die eigene Faszination für den Umgang mit den fleißigen Insekten zu übertragen. „Die Anfänge fanden als Kleingruppe in meinem Honigkeller statt“, schmunzelt der Pädagoge im Ruhestand. Die drei Freundinnen, die gemeinsam aufs Bad Wildbader Enztalgymnasium gehen, zeigten sich auch in der Praxis als gelehrige Schülerinnen.

Foto: Winnie Gegenheimer

In die Bienen-Praxis

„Man muss sich schon dran gewöhnen, mit den Bienen umzugehen“, gesteht Rebecca, die heute ebenso wie ihre Freundinnen gelassen bleibt, wenn hunderte Bienen sie an den Stöcken umsummen. Selbstverständlich in Schutzkleidung, Schleier und Lederhandschuhen. Ein Stich ist trotzdem immer mal drin. „Wir haben getestet, dass wir alle drei nicht allergisch auf Bienengift reagieren“, erklären sie. Mit der Praxisphase 2021 stellte Ausbilder Scheeder bald die Frage: „Wollt ihr eigene Bienen?“ Sie wollten! Zu Ostern wurden die ersten eigenen drei Kästen gebaut und kunstvoll bemalt, Jungvölker gab's von Scheeder dazu. 2022 gewannen die drei Nachwuchsimkerinnen bereits richtig guten Tannenhonig, der erfolgreich bei der „Erlebniswanderung auf der Höhe“ verkauft wurde. „Es war beeindruckend, wie viele Leute sich für die Honigentstehung interessiert haben“, erinnert sich Paula heute noch gern. Mittlerweile hat sie auch zu Hause einen Bienenstock stehen. Alle drei haben einen Honigkurs des Deutschen Imkerbundes absolviert und sind Mitglieder des Bad Herrenalber Vereins: eine fast unglaubliche Verjüngung des Mitglieder-Durchschnittsalters! Beim Landratsamt in Calw sind sie übrigens auch gemeldet. Als Imkerinnen mit Tierhalternummern.

Bienenwissen

Wie der Bienenstock aufgeteilt ist, darüber weiß das Trio Bescheid, ebenso über Brut- und Lebenszyklus von Königin, Arbeiterinnen oder etwa die Besonderheiten der Drohnenbrut. Ein Teil dieser Brut werde herausgeschnitten, weil durch die längere Brutzeit hier die Gefahr von Varroa größer ist und, wie Scheeder mit trockenem Humor ergänzt: „Die sind eigentlich nur Fresser – aber eben auch Wohlfühlfaktor. Einige wenige genügen für den Flug mit der Königin.“

Honigernte live

Es steht erfreuliche Arbeit an an diesem Tag: nachschauen, ob schon genügend erntereifer Honig angesammelt ist. Die Jungimkerinnen steigen in ihre Schutzkleidung, entzünden den Smoker, der mit seinem Rauch die Bienen beruhigt. Dann wird versiert der Deckel des ersten Stocks geöffnet. Couragiert werden die Rahmen herausgezogen, Bienen abgestreift, die dicht an dicht auf den Waben sitzen – ungeachtet dessen, dass die Imkerinnen nun selbst von zig der Insekten umflogen werden. Fachmännisch werden die Waben untersucht, der Zustand des Honigs betrachtet. Und tatsächlich: es gibt bereits reichlich erntereife Waben. Während Scheeder im Hintergrund mit Stolz zuschaut, ab und zu einen Ratschlag gibt, landet Rahmen um Rahmen in der Transportkiste. Unter den Wachsdeckeln leuchtet der orangegelbe Honig. Ausgeschleuderte Rahmen werden ersatzweise eingesetzt, während es um die Köpfe der Mädchen summt und brummt. Die bleiben ruhig und konzentriert. Die Transportboxen sind schon so schwer, dass klar ist: reiche Ernte ist gewiss! Und am späteren Abend, nach gemeinsamem Waben entdeckeln und Schleudern steht fest: Die erste Ernte 2023 war trotz des kühlen und verregneten Frühjahrs sowie des Ausfalls eines der drei Bienenvölker erfolgreich.

Direkt aus der Wabe

Noch vor dem abendlichen Schleudern aber gibt es eine Pause im idyllischen Rotensoler Bienengarten. Teile der einzigen wilden Wabe, sprich derjenigen ohne Rahmen, wird in Stücke gebrochen und der goldene Honig aus dem Wachs heraus gelutscht. Ein echter Genuss!