Heinz Lörcher bei der Arbeit im Stadtarchiv: Seine umfangreiche Sammlung an Material zum Thema „Jüdisches Leben in Villingen“ hat er unlängst an die Stadt übergeben. Foto: Stadt VS

Heinz Lörcher stellt seine umfangreiche Sammlung über das Leben und das Schicksal der Villinger Juden dem Stadtarchiv zur Verfügung. Wer zu diesen Themen forschen möchte, kann die Dokumente nutzen, ob Nachfahren auf Spurensuche oder Schüler.

An ihm kommt niemand vorbei, der sich über jüdische Geschichte in Villingen informieren möchte: Heinz Lörcher. Früher oder später stößt man bei der Recherche auf Texte und Quellen von ihm, denn schließlich hat er viele Jahre lang intensive Forschungsarbeit zu dem Thema betrieben. Das vorläufige Ergebnis hat Lörcher jetzt dem Stadtarchiv übergeben.

So soll seine Arbeit möglichst vielen Menschen zugänglich gemacht werden. Die Sammlung kommt auf einer unscheinbaren Festplatte daher – denn natürlich sammelt Lörcher inzwischen digital – aber sie beinhaltet vielfältige Informationen über das jüdische Leben und die jüdische Bevölkerung in Villingen und der Umgebung.

Eine beeindruckende Zahl von über 17 000 Dateien befindet sich auf der von Lörcher übergebenen Festplatte. Sie enthält sowohl von ihm verfasste Texte als auch Abschriften oder Fotografien von Originalquellen aus den Archiven. Thematisch beschäftigte sich Lörcher beispielsweise mit Biographien der jüdischen Bevölkerung, jüdischen Orten in der Stadt und den Repressionen, denen Juden nach 1933 ausgesetzt waren.

Wer sich für die Forschungsarbeiten über die jüdische Geschichte interessiert und sie nutzen möchte, kann sich direkt an das Stadtarchiv Villingen-Schwenningen wenden, das die Dokumente zur Verfügung stellt. Lörcher denkt vor allem an Angehörige, die auf den Spuren ihrer Vorfahren in Villingen suchen. Aber auch für Schulklassen, die sich im Rahmen des Unterrichts mit der Lokalgeschichte auseinandersetzen wollen, können die Materialien interessant sein.

Seit der Schulzeit mit der jüdischen Geschichte auseinandergesetzt

Ute Schulze, Leiterin des Stadtarchivs, bedankte sich bei Heinz Lörcher für sein außergewöhnliches Engagement: „Wir freuen uns sehr, die Ergebnisse dieser jahrelangen Arbeit zu erhalten und dass wir sie für die Allgemeinheit sichern und zur Verfügung stellen können. Eine solch umfangreiche Sammlung ist für das Stadtarchiv eine wertvolle Quelle und gute Basis für die weitere Arbeit an dem Thema“. Lörcher begann schon während seiner Schulzeit in den 1960er-Jahren, sich mit der jüdischen Geschichte Deutschlands auseinanderzusetzen. Später legte er den Fokus auf seine Heimatstadt Villingen-Schwenningen. Insbesondere seit er 2007 in Rente gegangen ist, beschäftigte er sich intensiv mit der Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Villingen.

Durch die Nationalsozialisten deportiert und ermordet

Ausgangspunkt für seine Forschung war das Stadtarchiv Villingen-Schwenningen, doch auch weitere Archive wie das Staatsarchiv in Freiburg oder die Arolsen Archives, die Dokumente zu den Opfern des Holocausts sammeln, nutzte Lörcher für seine Forschungen. Ziel war es herauszufinden, welche Spuren die jüdische Bevölkerung in der Stadt hinterlassen hat, bevor sie durch die Nationalsozialisten vertrieben, deportiert oder ermordet wurden. So entstand über die Jahre ein umfangreiches Bild des jüdischen Lebens in Villingen.

Doch auch mit Leerstellen in seiner Arbeit muss Lörcher leben. Nicht für alle Menschen lässt sich ihr Schicksal nach 1933 nachvollziehen, sei es, weil sie schon nicht mehr in Villingen gemeldet waren oder gar nicht mehr dem jüdischen Glauben angehörten. Für alle anderen gilt: Informationen über sie sind höchstwahrscheinlich in Lörchers Sammlung im Stadtarchiv zu finden.