Sarah Rebhan zeigt ihr Gesellenstück in der Schreinerei Arndt Emminger in Deißlingen. Dabei hat sie barocke Elemente einfließen lassen. Foto: Cools

"Dafür bist du doch gar nicht gemacht", hieß es, als Sarah Rebhan sich für eine Laufbahn als Schreinerin entschied. Dass die Wellendingerin diese Unkenrufe ignoriert hat, wurde nun mit dem Innungssieg belohnt. Vor dummen Sprüchen ist sie trotzdem nicht gefeit.

Deißlingen/Wellendingen - Dass Sarah Rebhan als Frau meist in der Unterzahl ist – ob im Betrieb, bei den Ausbildungskollegen oder auf der Baustelle – ist sie schon gewöhnt. Das kümmert die 22-Jährige aus Wellendingen aber nicht. "Man kann sich den Respekt erarbeiten."

Das körperliche Arbeiten liegt Rebhan im Blut. Ihre Familie besitzt landwirtschaftliche Flächen und Wald, bei deren Bewirtschaftung die Tochter schon früh immer mitgeholfen hat. Während des Abiturs am Droste-Hülshoff-Gymnasium in Rottweil habe sie den Entschluss gefasst, dass ein Studium eigentlich nicht so gut zu ihr passt, erzählt sie im Gespräch mit unserer Redaktion. "Ich mag es einfach, am Ende des Tages zu sehen, was man geschafft hat."

Skepsis von außen

Sie beschloss, es dem Großvater nachzutun und das Schreinerhandwerk zu erlernen. Eine Entscheidung, die von Außenstehenden vor allem skeptisch aufgenommen wurde. "Das ist doch viel zu schwer für eine Frau", war nur eine von vielen Reaktionen.

Doch Sarah Rebhan ging ihren Weg weiter. Sie absolvierte erst einmal die einjährige Berufsfachschule, merkte, wie gut alles passte, und absolvierte dann die verbleibenden zwei Lehrjahre bei der Schreinerei Arndt Emminger in Deißlingen. "Ich habe mich schon gefragt, ob ich das als Frau durchhalten kann, aber es hat dann so Spaß gemacht und hat mir so gelegen, dass klar war: Ich mache weiter."

Schreiner ist Familientradition

Erst während der Ausbildung erfuhr sie, dass das Schreiner-Gen ihr quasi im Blut liegt. "Wenn man unseren Familienstammbaum bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgt, sieht man, dass die Berufswahl am häufigsten auf den Schreiner fiel", erzählt sie lachend.

In ihrem Ausbildungsbetrieb sei sie sofort gut aufgenommen worden. Dumme Sprüche gebe es nur manchmal auf Baustellen, wenn sie die einzige Frau unter 50 bis 60 Männern sei. "Die meinen dann auch oft, sie müssten mir bei allem helfen. Klar, richtig schwere Teile kann ich nicht so gut heben wie die Männer, aber insgesamt schaffe ich mehr allein als mir zugetraut wird", sagt Rebhan grinsend. Am tollsten sei, am Ende eines großen Projekts, wie bei der Inneneinrichtung eines Hauses über Monate hinweg, das Ergebnis zu sehen.

Barocke Musik im Blut

In ihr Gesellenstück, ein Flurmöbel, ließ Sarah Rebhan ganz viel Persönliches einfließen. Die 22-Jährige macht nämlich leidenschaftlich gern barocke Kammermusik mit der Blockflöte – "gern auch in Verkleidung", wie sie sagt. Das Instrument spielt sie seit dem vierten Lebensjahr.

"Wenn ich eine Zeitreise machen könnte, dann sofort ins 17./18. Jahrhundert, um zu sehen, wie da gearbeitet wurde", sagt die Wellendingerin. Im Gesellenstück habe sie nun das Altertümliche mit dem Modernen kombiniert. Ein schmales Flurmöbel musste es sein, um in Rebhans Wohnung zu passen. Die 22-Jährige wohnt mit mehreren Generationen ihrer Familie in einem Haus.

Viel geplant

Mit ihrer Kreation setzte sie sich gegen 16 Konkurrenten durch. Vorerst wird sie in der Deißlinger Schreinerei, die etwa acht Mitarbeiter hat, bleiben, schließt aber nicht aus, mal den Techniker zu machen oder doch noch zu studieren. "Die Arbeit ein Leben lang zu machen, ist nicht leicht. Da muss man auch auf seine Gesundheit achten", sagt sie. "In der Sparte bleibe ich aber auf jeden Fall." Zu Hause wird sie nun erst einmal allerhand für ihre Familie schreinern. Zudem will sie ihr altes Kinderzimmer als Projekt zum Gästezimmer umbauen.

Ausbildung als attraktive Option

Wer Schreiner werden wolle, der müsse vor allem Freude daran haben, mit den Händen zu arbeiten, ein bisschen geschickt sein und Eigeninitiative mitbringen. "Alles andere kann man lernen." Sarah Rebhan hat auch einen Appell an die Schulen und Abiturienten: "Wir haben uns wirklich viel angesehen, vor allem Universitäten, aber das Thema Ausbildung ist ein bisschen hintenruntergefallen. Dabei ist das ein wirklich gutes Fundament fürs Berufsleben, auch wenn man später nicht in dem Beruf bleiben sollte. Da lernt man sich von einer ganz anderen Seite kennen, nämlich nicht mehr als Schüler. Für mich war es die beste Investition in die Zukunft."