Ein riesiges Aufgabenpensum hat Thorsten Frei in Berlin und im Wahlkreis zu bewältigen. Foto: Büro Frei

CDU-Bundestagsabgeordneter hat Fachkräfteeinwanderungsgesetz mit auf den Weg gebracht.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thorsten Frei aus Donaueschingen ist stellvertretender Unionsfraktionsvorsitzender und Kreisvorsitzender. Er hat unter anderem das Fachkräfteeinwanderungsgesetz mit auf den Weg gebracht. Im Interview spricht er über aktuelle Themen der Zeit.

Die CDU hat bei der Europawahl erheblich an Wählern (8,6 Prozent) eingebüßt. Bei der Kreistagswahl ebenfalls, nämlich 3,6 Prozent. Wie bewerten Sie das?

Der 26. Mai war in jedem Fall kein guter Wahltag für uns. Sehr schlecht ist das Ergebnis der Europawahlen, auch mit den Kommunalwahlen sind wir nicht zufrieden. Ein bundesweiter Trend schlägt durch: Gute Arbeit der Gemeinderäte vor Ort wird häufig nicht honoriert. Für mich persönlich war das eine sehr enttäuschende Wahl, obwohl wir mit sehr guten Kandidaten angetreten sind. Bei der Kreistagwahl haben wir weniger eingebüßt. Insgesamt sind diese Ergebnisse für uns aber ein Warnzeichen. Wir müssen sehen, dass wir wieder Vertrauen gewinnen, am besten mit guter politischer Arbeit.

Die Regierungskoalition steht im Moment nicht gut da. Oder doch?

Die Performance der Großen Koalition in Berlin ist zurzeit nicht zufriedenstellend. Aber ich finde, dass wir uns in den vergangenen Wochen zum Guten entwickelt haben. Wir haben schließlich ein Paket mit acht Gesetzen zum Thema Migration zum Abschluss gebracht.

Worum geht es bei diesen Gesetzen?

Wir brauchen nicht nur qualifizierte Hochschulabsolventen für den Arbeitsmarkt. Die Aussichten für Menschen mit beruflicher Ausbildung werden durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz nun deutlich verbessert. Es geht dabei um Migration von außerhalb der EU. Wir wollen eine geordnete Migration in den Arbeitsmarkt und nicht in unsere Sozialsysteme. Weitere gesetzliche Maßnahmen sind ebenfalls notwendig. Zum Beispiel die schnellere Anerkennung von Berufsabschlüssen. Wichtig ist auch, dass die Erteilung von Visa in deutschen Konsulaten durch personelle Aufstockung schneller gehen wird, denn das Gesetz nützt nichts, wenn hier ein Flaschenhals entsteht und die Menschen, die schon Arbeit gefunden haben, mangels Visa nicht einreisen können. Außerdem benötigen wir eine geordnete Rückkehr derjenigen, deren Asylanträge abgelehnt wurden. Das ist die größte Veränderung im Bereich der Migration seit Jahrzehnten.

Welche weiteren Gesetze hat die Bundesregierung auf den Weg gebracht?

Zum Beispiel eine Einigung bei der Grundsteuer, 13.000 zusätzliche Pflegestellen oder das Gute-Kita-Gesetz mit einem Volumen von 5,5 Milliarden Euro für die kommunalen Kindergärten und Tagesstätten. Das ist eine Reihe von Regelungen, die zeigen, dass die Koalition in der Lage ist, gut zu arbeiten. So müssen wir weiterarbeiten, um Vertrauen zurückzugewinnen.

Die Wirtschaftslage ist weiterhin gut. Wird in Berlin an Steuersenkungen gedacht?

Der Solidaritätszuschlag soll für 90 Prozent der Steuerpflichtigen abgeschafft werden. Ich werde mich aber darauf konzentrieren, den Solidaritätszuschlag komplett abzuschaffen. Das ist in einem zweiten Schritt auch vorgesehen.

Wer sollte aus Ihrer Sicht die CDU als Kanzlerkandidat führen?

Das wollen wir 2020 auf einem Parteitag entscheiden. Personaldiskussionen bringen uns jetzt nicht weiter, sondern nur solide Regierungsarbeit.

Wissen Sie Näheres zum Gesundheitszustand der Kanzlerin nach ihren Schwächeanfällen?

Das kann ich auch nicht beurteilen. Fakt ist, das sie unverändert mit hoher Konzentration arbeitet und ein schier unmenschliches Arbeitspensum leistet.

Donald Trump nannte sie jüngst beim G20-Gipfel in Osaka "eine liebe Freundin". Was hat das zu bedeuten, nachdem die beiden sich bisher nicht verstanden?

Bei Donald Trump bedeutet das wahrscheinlich nicht viel. Für uns ist aber weiterhin klar, dass die USA der wichtigste Partner außerhalb Europas für uns sind. Daher sind wir an einer guten Zusammenarbeit mit den USA interessiert.

Die USA verlangen mehr militärische Ausgaben von den Nato-Mitgliedsstaaten?

Die USA fordern mehr Investitionen von den europäischen Mitgliedsstaaten in Sicherheit und Verteidigung. Dazu gibt es auch eine Übereinkunft, die Ausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. Wir sind auf dem Weg dorthin und haben in den Haushalten 2018/19 den Verteidigungsetat um 6,2 Milliarden Euro erhöht, sind aber noch weit vom Zwei Prozent-Ziel entfernt.

Sie sind nun als einer der Stellvertreter des Unionsfraktionschefs für Innenpolitik zuständig. Spielt die Bedrohung durch Terrorismus nach der Zerschlagung des IS noch eine Rolle?

Mit der Zerschlagung des Islamistischen Staates ist nach meiner Einschätzung die Gefahr von islamistischen Anschlägen eher größer geworden. Klar ist aber auch, dass wir nicht nur von islamistischem, sondern auch von rechtsextremen Terror bedroht sind. Das hat die Ermordung des hessischen Regierungspräsidenten Walter Lübcke gezeigt. Die Aufklärung des Mordes steht im Vordergrund. Hat der Täter alleine gehandelt oder konnte er auf ein terroristisches Netzwerk zurückgreifen? Wir müssen auch hinterfragen, ob Polizei und Verfassungsschutz angemessen ausgestattet sind, um dem Rechtsextremismus und terroristischen Gefahren zu begegnen.

Gibt es eigentlich noch Politiker in Deutschland, die Visionen haben?

In jeder Partei gibt es leistungsstarke Politiker. Visionen sind gut und wichtig in der Politik, aber man muss sehen, wie sie realisiert werden können.

Die Mautpläne des Bundesverkehrsministers sind gescheitert. Jetzt fehlt Geld in der Kasse. Bedeutet das eventuell, dass Straßenbauvorhaben in der Region nicht verwirklicht werden können?

Der Ausfall von 400 bis 500 Millionen Euro Mauteinnahmen ist für den Bund zwar ärgerlich, wird aber nicht dazu führen, dass Verkehrsvorhaben nicht verwirklicht werden.

Welche Straßenbauprojekte sind das in Ihrem Wahlkreis und wie weit sind diese?

Die B 523 steht jetzt im vordringlichen Bedarf, aber die Planungen müssen nun erst fertiggestellt werden, schließlich das Planfeststellungsverfahren. Das benötigt erfahrungsgemäß nochmals rund zwei Jahre. Dafür ist das Land zuständig. Die Finanzierung übernimmt dann der Bund. Der Lückenschluss in der Ost-West-Verbindung zwischen A 5 und A 81 ist uns sehr wichtig und von überörtlicher Bedeutung. Es gibt ein klares Bekenntnis über Parteigrenzen hinweg zu dieser Straße in der Region. Und entsprechend groß ist der Druck auf die Planungsbehörde. Bei anderen Projekten sind wir schon weiter: Die Umfahrung Behla ist fertig, zwischen Donaueschingen und Hüfingen wird die B27 derzeit vierspurig ausgebaut. Großes Glück haben wir in Döggingen. Die zweite Gauchachbrücke ist bereits geplant. Hier rechnet man mit dem Bau aber schon im Jahr 2021. Es ist wirklich super, dass die zweite Brücke kommt. Das wird die Verbindung zwischen dem Schwarzwald-Baar-Kreis und der Rheinebene nochmals deutlich verbessern.

Und die Schienenprojekte?

Langsam, aber sicher schreiten wir fort. Die Gäubahn ist für unsere Region von entscheidender Bedeutung als Anbindung nach Stuttgart, zur Messe und zum Flughafen.

Wie geht es mit dem Streit um den Flughafen Zürich weiter?

Ich freue mich, dass es nie eine Zustimmung des Bundes zur Änderung des Betriebsreglements gegeben hat. Der Vorschlag der Landräte der Region bietet die Chance auf neue Gespräche, nicht aber auf der Grundlage des Staatsvertragsentwurfs von 2012, sondern eines weißen Blatt Papiers.

Die Polizei zieht Ende des Jahres endgültig nach Konstanz. Was sagen Sie dazu?

Das ist eine sehr bedauerliche Entwicklung. Wir wollten ein Polizeipräsidium in der Region. Das wäre auch angemessen, zumal VS nach Freiburg die zweitgrößte Stadt in Südbaden ist. Jetzt geht es darum, dass wir eine gute Ausstattung der Polizei bekommen.

Haben Sie als Kreisvorsitzender Veranstaltungen geplant, mit denen Sie Vertrauen gewinnen möchten?

Am 10. Oktober haben wir in Mönchweiler unseren Kreisparteitag. Der Kreisvorstand wird neu gewählt. Hierzu kommt Paul Ziemiak, der neue Generalsekretär der CDU. Wir werden uns dort stark mit inhaltlichen Themen auseinander setzen.

Stehen Sie in Mönchweiler als Kreisvorsitzender zur Wiederwahl?

Ja.