Bandnudel trifft Buffalowurm: Mit dieser Insekten-Pasta kam das Start-up Plumento-Foods vor wenigen Jahren auf den Markt. Foto: dpa/Marijan Murat

Der Gründer Daniel Mohr aus Pforzheim war sich 2018 sicher, dass seine Pasta mit Buffalowürmern ins Schwarze treffen würde. Heute arbeitet er wieder als Ingenieur. Eine Geschichte, die kein Einzelfall sein dürfte.

Daniel Mohr kann sich noch gut an die Euphorie erinnern, als er 2018 in Deutschland das erste Lebensmittel mit Insektenproteinen in den Handel gebracht hat. Der Zeitpunkt erschien günstig: Gerade erst war die Novel-Food-Verordnung in Kraft getreten, mit der die EU den Verkauf neuer Lebensmittel regeln wollte. Den promovierten Wirtschaftsingenieur ermunterte das, neue Wege zu beschreiten.

 

„Sogar Julia Klöckner hat sich damals als Landwirtschaftsministerin für Insektennahrung als Lebensmittel der Zukunft stark gemacht“, sagt der Start-up-Gründer. Auch die Medien sprangen auf und priesen Insekten als Essen der Zukunft. In mehr als einem Dutzend TV-Beiträgen, 180 Onlinemedien und 200 Zeitungsartikeln wurde über Mohrs Start-up Plumento-Foods berichtet. Letztlich sollte aber alles anders kommen.

Wachsender Fleischkonsum belastet Umwelt

„Mir ging es darum, etwas Gutes zu tun. Ich hatte eine schwere Krankheit überstanden und habe mich gefragt, was ich noch Sinnvolles in meinem Leben tun kann,“ erzählt der Unternehmer. Es ist bekannt, dass der Fleischkonsum unglaublich viele Ressourcen frisst. Der Anbau von Soja als Tierfutter beschleunigt die Abholzung der Regenwälder in Südamerika. Zudem ist Fleisch zusammen mit Milchprodukten in Deutschland für über 70 Prozent der ernährungsbedingten Treibhausgasemissionen verantwortlich.

Gleichzeitig gilt Fleisch für viele Menschen als unverzichtbar, ist wegen der Proteine gut fürs Herz, weil es das Immunsystem unterstützt, beim Muskelaufbau hilft und den Stoffwechsel und die Fettverbrennung beschleunigt. „Im Krankenhaus kam mir die Idee, mit Insekten als Proteinträger die Welt zu retten,“ sagt Mohr. Für jemanden, der einige Jahre in China gelebt hat, erschien ihm die Lösung als naheliegend. In Asien und Afrika ist der Verzehr von Insekten weit verbreitet.

Zunächst wollte er Burger herstellen. Schnell stellte sich jedoch heraus, dass dies wegen der strengen Hygienevorschriften in Deutschland zu aufwendig wäre. Also entschied sich Mohr für Nudeln. In Pforzheim fand er eine Manufaktur, die für ihn Insekten-Pasta mit Mehl aus Buffalo-Würmern herstellte.

Restposten der Insekten-Pasta vertreibt er online

Eigentlich waren Nahrungsmittel, die jene Würmer enthalten, in der EU zu diesem Zeitpunkt noch nicht zugelassen, für sie galt bis zur Zulassung eine Übergangsregelung. Das Mehl importierte Mohr aus den Niederlanden, da es in Deutschland noch keine zugelassenen Insektenfarmen gab. Zehn Prozent Insektenschredder sollten die Nudeln mit dem „leicht nussigen Geschmack“ laut Hersteller enthalten. Schnell stellten sich erste Erfolge ein: Metro nahm die Nudel von Plumento-Foods ins Sortiment auf, weitere Supermarktketten folgten. 3,99 Euro kostete die Packung. Auch andere Gründer witterten ihre Chance: Das Start-up Bugfoundation aus Osnabrück setzte auf Insektenburger, Swarm Nutrition aus Köln stellte Riegel her.

Fünf Jahre nach Gründung von Plumento-Foods sind Insekten-Pasta aus den Supermarktregalen verschwunden. Auch die Produkte von Bugfoundation und Swarm Nutrition sind nirgends mehr erhältlich. Plumento-Foods-Gründer Mohr hat die Produktion eingestellt, Restposten vertreibt er online. „Ich muss zugeben, dass ich ein Stück weit naiv war“, sagt er. „Wahrscheinlich war die Zeit noch nicht reif, und von der Politik kam keinerlei Unterstützung.“ Ein halbe Million Euro habe er verloren, sagt er. Inzwischen arbeite er wieder als Ingenieur.

Professor: Insektennahrung bringt keine gesellschaftlichen Benefits

War also alles nur ein Hype? Laut Michael Ahlheim, Professor für Umweltökonomie an der Uni Hohenheim, spricht vieles dafür. „Ich kann in der Produktion von Insektennahrung wenige gesellschaftliche Benefits erkennen. Schließlich gibt es genügend andere Nahrungsmittel, die viele Proteine enthalten.“ In asiatischen Ländern würden Insekten meist gegrillt und als Ganzes verspeist. Bei den Nudeln von Plumento-Foods würden die Insekten hingegen nur beigemischt, das Geschmackserlebnis unterscheide sich nicht wesentlich von herkömmlicher Pasta. Hinzu komme, dass die Herstellung von Insektennahrung durchaus energieintensiv sei, da die Würmer zur Abtötung von Bakterien stark erhitzt werden müssten. Staatlichen Handlungsbedarf, etwa in Form von Subventionen, sieht Ahlheim deshalb nicht.

Laut der Bayreuther Ernährungssoziologin Tina Bartelmeß gelten Insekten hierzulande bisher nicht als Lebensmittel. „Damit ein neues Nahrungsmittel angenommen wird, müssen sowohl die rechtlichen als auch die normativen und kognitiv-kulturellen Voraussetzungen gegeben sein“, sagt sie. Die EU habe die nötigen rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen. „Ob sich in Zukunft auch die normativen und kulturellen Voraussetzungen in Bezug auf den Verzehr von Insekten wandeln, bleibt abzuwarten.“