Junge Lauffer-Mitarbeiter wollen Antworten. Foto: Morlok

Die IG Metall Freudenstadt demonstrierte im Horber Industriegebiet Heiligenfeld mit Betriebsrat und Belegschaft für Transparenz, Gesprächsbereitschaft der Geschäftsleitung und um Arbeitsplatzsicherheit.

Horb - High Noon vor der Imbissbude. Laute Hardrock-Musik dröhnte aus den Lautsprechern, die auf dem Gelände vor der ehemaligen Gaststätte "Suses Salatschüssel" im Horber Industriegebiet Heiligenfeld aufgebaut waren. Belegte Brötchen und Getränke standen zudem bereit, doch die Gewerkschafter der IG Metall Freudenstadt, um ihre erste Bevollmächtigte Dorothee Diehm, luden zu keiner vorgezogenen Sommerparty ein, sondern zu einem Warnstreik samt Kundgebung. Es ging bei diesem Treffen um wichtige Zielsetzungen.

Man kämpfte an diesem Tag ab 12 Uhr Mittag um ein Zukunftskonzept für eine Standort- und Beschäftigungssicherung beim Horber Traditionsunternehmen Lauffer, dass seit zwei Jahren an chinesische Investoren verkauft ist. "Die Geschäftsführung der Firma Lauffer ist seit 2020 nicht bereit mit der IG Metall und dem Betriebsrat über die Zukunft des Standortes und der Arbeitsplätze zu verhandeln" schrieb Diehm in ihrer Einladung. "Vielmehr fordert die Geschäftsführung von der Belegschaft einen Millionenverzicht über betriebliche Sonderzahlungen, wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld und dem tariflichen Zusatzgeld." "Eine Verzichtsforderung der Geschäftsführung ohne Garantien für die Zukunft der Maschinenfabrik Lauffer und der Arbeitsplätze kommt für die IG Metall und den Betriebsrat nicht in Frage", so die Gewerkschafts-Funktionärin weiter, die für sich in Anspruch nimmt, nur verbal-radikal zu sein.

Dritte Demo innerhalb von 14 Tagen

Aus den oben genannten Gründen setzte nun die Belegschaft gegenüber der Geschäftsführung von Lauffer am Mittwoch ein deutliches Zeichen. Geschätzt 120 Mitarbeiter des Unternehmens, denen sich auch Solidaritätsdelegationen der Firmen Arburg, Woodward L’Orange, Bosch Rexroth, Boysen, Kern Liebers, Homag Holzbronn und Bürkle anschlossen, trafen sich unterhalb ihrer Produktionsstätte, um für einen Zukunftstarifvertrag zu kämpfen.

Es ist die dritte Demo innerhalb von 14 Tagen, die von der IG Metall Freudenstadt organisiert wird, Man traf sich zuvor vor den Werkstoren von Bürkle, dann bei Ceratizit in Empfingen und nun bei Lauffer im Horber Industriegebiet Heiligenfeld.

Wer jedoch glaubte, dass die Belegschaft ihre Mittagspause zum Streiken nutzte, der war auf dem Holzweg. Ab 12 Uhr wurde gestreikt – und zwar für den Rest des Tages. Insgesamt würden seit dem 1. März mehr als 700 000 Beschäftigte in ganz Deutschland für bessere Tarifverträge streiken. Allein in NRW seien es am 24. März 24 Betriebe, die 24 Stunden bestreikt würden, wusste Diehm.

Sie bemängelte, dass die Geschäftsleitung von Lauffer seit vier Monaten nicht mehr mit dem Betriebsrat sprechen würde. "Dieses Verhalten ist indiskutabel. Wenn die Beschäftigten das tun würden, dann stände der Betrieb still", so ihre Einschätzung. Und sie ist sich sicher, dass die meisten Betriebe, und dazu zählt sie auch Lauffer, durch die Nullrunde im letzten Jahr Gewinne machen konnten. Mit bitterem Sarkasmus erinnerte sie an die "vollmundigen Versprechen vor zwei Jahren", als die Chinesen den Betrieb übernommen haben. Für sie waren es nur Worthülsen, denen jeder Hintergrund und der Wille zur Umsetzung fehlt. Rolf Kühne, Betriebsratsvorsitzender von Boysen aus Altensteig formulierte es noch drastischer. "Lauffer ist von einer Heuschrecke übernommen worden und für die seid ihr weniger wert als ein Furz im Arsch." Aus diesem Grund riet er der Lauffer-Mannschaft: "Hört nicht auf, denen auf die Nerven zu gehen, denn wer nicht kämpft hat schon verloren."

"Wir müssen wachsam sein"

Eberhard Gsell, der Betriebsratsvorsitzende von Lauffer stellte für sich und seine Kolleginnen und Kollegen fest: "Es geht in der Wirtschaft scheinbar wirklich nur ums Geld und die kleinen Leute sind es, die die Rechnung zahlen." Er beklagte die ständig fehlende Information durch die Geschäftsleitung und fragte sich, ob das Strategie oder einfach nur Blödheit sei. Tariferhöhungen würde die Geschäftsleitung mit dem Argument, man spare auf Sicht, ablehnen, hob Gsell hervor. Für ihn sei es aber so, als würde man im dichten Nebel auf einem Parkplatz stehen und den Ausgang suchen. "Doch bis die den gefunden haben, sind wir längst pleite." Deshalb sein Appell an die Kollegen: "Klare Kante zeigen, sich wehren und ja nicht glauben, dass es schon irgendwie besser wird."

"Wir müssen wachsam sein, mutig und solidarisch – deshalb hauen wir jetzt nochmals alles rein was wir haben", so das deutliche Statement der IG Metall zu diesem Tarifkampf.

Am Band der Solidarität zogen die Streikenden zum Abschluss dieser Kundgebung mit coronagerechtem Abstand vor die Tore des Hauptgebäudes um ihrem Unmut auch dort Fahnen schwenkend und mit lautem Ratschen-Gerassel Gehör zu verschaffen.

Berichtigung: Missverständnis bei Warnstreik? IG Metall sieht Diehm-Aussage "in falschem Kontext"

Der Arbeitskampf bei der Firma Lauffer – er ist auch ein Kampf der Worte. In dem Konflikt geht es um die Perspektive der Beschäftigten und laut dem Betriebsratsvorsitzenden Eberhard Gsell "vor allem um die Glaubwürdigkeit". Laut IG Metall sei über einzelne Aussagen "im falschen Kontext" berichtet worden.

IG Metall sieht Dorothee Diehm falsch zitiert

Die IG Metall sieht in diesem Bericht ihre 1. Bevollmächtigten Dorothee Diehm, IGM Freudenstadt, in einem falschen Zusammenhang zitiert.

"Tarifthemen sind komplex und nach der Pressemitteilung kam es zu einer Berichterstattung, die partiell in einen falschen Kontext gestellt wurden", so Diehm. Sie meint damit die Äußerungen von Lauffer in dem am Folgetag erschienenen Bericht "Lauffer muss wegen Corona-Krise ›auf Sicht fahren‹". Darin hatte die Lauffer-Geschäftsführung der Gewerkschaft aufgrund des ersten Berichts eine Falschaussage vorgeworfen.

Die IG Metall schildert es nun noch einmal aus ihrer Sicht: "Im Rahmen der Warnstreikkundgebung am 24. März kritisierte Diehm den Arbeitgeberverband Südwestmetall, weil die Verhandlungsführer über vier Monate keine substanziellen Gespräche mit der IG Metall geführt haben. Mit dieser Ignoranz und Blockadehaltung in herausfordernden Zeiten werden die Belegschaften buchstäblich zu Warnstreiks gezwungen."

Diehm habe gesagt: "Erst nach wochenlangen Warnstreiks zeigt der Arbeitgeberverband Südwestmetall Gesprächsbereitschaft." In unserem Bericht seien die Zusammenhänge verwechselt worden. "Zu keinem Zeitpunkt wurde eine Aussage getätigt, dass die Geschäftsführung der Firma Lauffer mit dem Betriebsrat um betriebliche Themen nicht verhandeln würde", erklärt Diehm.

Zum Sachverhalt berichtet die IG Metall: "Die Ende 2017 von einem chinesischen Investor übernommene Maschinenfabrik (Lauffer, Anm. d. Red) hat aus Sicht der IG Metall und des Betriebsrats aktuell keine zukunftssichere Perspektive. Die Verhandlungen um weitere finanzielle Verzichte der Belegschaft für das Jahr 2021 liegen derzeit auf Eis."

Eberhard Gsell, Betriebsratsvorsitzender von Lauffer, erklärt: "Die von der Geschäftsführung gemachten Versprechungen, bei Übernahme durch den chinesischen Investor zu Arbeitsplatzsicherheit, durch Know-how und Wachstum sehen wir überhaupt nicht." Im vergangen Jahr sei die Geschäftsführung vielmehr mit einem "Verzichtspaket für die Beschäftigten in Millionenhöhe" auf die IG Metall zugekommen, um einer drohenden Ergebniskrise zu begegnen", so Gsell.

Weiter schildert die IG Metall: Die Verhandlungen zwischen IG Metall, Betriebsrat und Geschäftsführung endeten im Dezember 2020 mit einem Entgeltverzicht der Beschäftigten in Gesamthöhe von 540 000 Euro. Gegenleistung der Firma: die Übernahme der Auszubilden nach der Ausbildung in 2021 und der Umsetzung einer Beschäftigungsbrücke Alt/Jung.

Mit einer Summe in Höhe von 420 000 Euro solle in aktuellen Verhandlungen zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung älteren Beschäftigten die Möglichkeit eines vorgezogenen Renteneintritts ermöglicht und Jungfacharbeiter sollen im Gegenzug in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis übernommen werden.

Die Geschäftsführung sei nicht bereit gewesen, sich an diesem Beschäftigungssicherungspaket finanziell zu beteiligen und habe in den Verhandlungen in 2020 mit der ›Entlassung‹ der Auszubildenden gedroht. Dieser Konflikt belaste bis heute das Verhältnis und somit auch die Gespräche um die Zukunftsperspektive der Fabrik zwischen Betriebsrat, IG Metall und Geschäftsführung, so die Einschätzung der IG Metall.

Betriebsrat und IG Metall erwarten Umdenken

Sie stellt fest: "Die Geschäftsführung der Firma Lauffer sieht sich nicht in der Lage, mit der IG Metall und dem Betriebsrat über die Zukunft des Standortes und der Arbeitsplätze zu verhandeln. Vielmehr fordert die Geschäftsführung für das laufende Jahr 2021 von der Belegschaft einen Millionenverzicht über betriebliche Sonderzahlungen, wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld und das tariflichen Zusatzgeld." Dorothee Diehm stellt klar: "Eine Verzichtsforderung der Geschäftsführung ohne mittelfristige Garantien für die Zukunft der Maschinenfabrik Lauffer und der Arbeitsplätze kommen für IGM Betriebsrat und Belegschaft nicht in Frage!"

Betriebsrat und IG Metall erwarten von der Geschäftsführung der Firma Lauffer auch ein "Umdenken in Bezug auf den Umgang mit den Rechten des Betriebsrats und den Verhandlungen um die Zukunft der Arbeitsplätze bei Lauffer", wie es in der Pressemitteilung der IG Metall heißt.

"Es geht nicht mehr um kurzfristige Ergebnissicherung zu Lasten der Beschäftigten, es geht um die Zukunft der Arbeitsplätze, um die Zukunft der Beschäftigten und vor allem um die Glaubwürdigkeit der Geschäftsführer", bekräftigt Eberhard Gsell.