Das Grafenpaar 2022/23 sind Janet (Dritte von links) und Christian „Speck“ Bok (Vierter von links), hier mit dem Hofmarschall Dani Wagner (links), den Pagen Muriel Schneiderhan und Amelie Katz sowie Zunftmeister Alex Guth. Foto: Morlok

Nichts bleibt so wie es war – und das gilt auch für die Narrenzunft Horb. Doch die Tradition, dass das Grafenpaar immer am ersten Samstag nach Martini vorgestellt wird, steht so festgemauert wie die Stiftskirche.

Horb - Seit Samstagabend hat das närrische Horber Volk hat wieder eine echte Regierung. Janet und Christian "Speck" Bok sind das neue Grafenpaar. Sie werden im Jubiläumsjahr – die Narrenzunft Horb feiert 2023 ihr 100-jähriges Bestehen – als Ita von Toggenburg und Graf Rudolf von Hohenberg ganz offiziell als die neuen Regenten die Horber Narren durch die fünfte und schönste Horber Jahreszeit führen.

"Wie lang waret au dia zwei bei den Favoriten vorne mit dabei? I glaub bestimmt scho über 15 Johr – jetzt isch endlich woara wohr. In unserem Jubiläumsjahr sind Sie das auserwählte Grafenpaar", reimte Hofmarschall Daniel Wagner in gewohnt souveräner Weise.

Einzug ins Steinhaus

Bis die beiden jedoch in vollem Ornat ins Steinhaus einzogen, verging eine ordentliche Zeit, in der die Besucher mit einigen aberwitzigen Beiträgen bei Laune gehalten wurden.

Als erstes stürmten die 4Z’s die Bühne. "Wir send heut da als die 4Z, sehen gut aus und nicht fett, hen bloß a bissle Übergwicht, dafür ein brutal schees Gesicht", behaupteten die Zunftmeister Christoph Baiker, Gerd Munding, Alex Guth und Christian Bok, die aber eher wie die Original-Panzerknackerbande aussahen. "Im Gegensatz zur großen Politik, ist bei uns vier ein Bildungsabschluss Pflicht. Jeder hot nen Job und zahlt auch mächtig Steuer, nicht wie die Berliner Regierungsungeheuer", gab’s den ersten Seitenhieb des Abends in Richtung Politik. Abschließend verkündeten sie noch schnell die Parole fürs Jubiläumsjahr: "Ob hässlich oder alt – es wird gefeiert bis es knallt", bevor sie sich auf ein Fanta an der Bar trafen.

Politische "Produkte"

Genial dann die Parodie von Kropfer-Chef Tobias Sontheimer, der die Sendung "Shopping Queen" auf den Arm nahm. Tolle Produkte, wie den grünen Waschlappen Kretschmann habe er entdeckt, den man in alle Richtungen nutzen und wenn wieder getrocknet, sogar rauchen könne. Von einem "verbaerbockten" Shampoo ohne Inhaltsstoffe riet er zwar ab, zeigte sich aber begeistert vom "Seitenbacher-Narrenmüsli" mit Vollrauschgarantie. Weizen, Korn und Obstler waren die Hauptzutaten, von dem der Produkttester kaum genug kriegen konnte.

Bürgermeister verschnupft?

Waren die Kritiken in Richtung Politik bis zu diesem Zeitpunkt noch gut versteckt, so wurde der Moderator des Abends, Alexander "Locke" Guth, in Bezug auf Bürgermeister Ralph Zimmermann recht deutlich. Zimmermann sei seit dem Beitrag der "Agro-Schantle" im Vorjahr, als man ihm das Thema Panoramastraße ungeschminkt um die Ohren gehauen hat, so verschnupft, dass er mitteilte, dass er sein gesamtes Engagement in Richtung Narrenzunft einstelle. "Schade – oh je" kommentiert Guth diesen schweren Verlust, vertrat jedoch die Meinung, dass Wahl-Politiker auch etwas Kritik aushalten müssen. "Wenn nicht, sollen sie zu Haus bleiben – aber dort sterben die Leute."

Zunft-Methusalem

Die Veranstalter plagt zudem das Problem, zum 100-jährigen Jubiläum auch jemand zu finden, der als Zeitgenosse einen Rückblick halten konnte. Doch zum Glück konnte man mit Zunft-Methusalem Thomas "Metze" Kreidler einen Mann auf die Bühne holen, der so alt war wie er aussah und das Rad der Zeit zurückdrehen konnte. Er erzählte vom samstäglichen Bad, von strengen Lehrern, vor denen man damals noch Respekt hatte, und von sonderbaren Sprechweisen in der heutigen Schule. "Vom Genitiv, vom Singular ond au vom Dativ isch die Rede – mir war die ganze Sache dann zu blöde", kalauerte er und bildete spontan einen Satz in dem Dativ als auch Genitiv vorkommen. "Ge-nit-iv en Neckar nei, weil der könnt da-tiv sei." Er musste auch von Zeiten berichten, in denen es selbst für einen Narren nichts zu lachen gab, doch dann kam das Wirtschaftswunder "und zu kaufen gab es ällen Plunder."

Mit einem flammenden Appell an das Brauchtum und den wahren Geist der Fasnet – "net des Häs und Kapp – der Geischt soll glänza" – endete der großartige Rückblick, der so mache Erinnerungen wieder aufleben ließ. Vor allem am Ehrentisch der Narrenzunft-Prominenz.

Schantle-Chor verteilt Spitzen

Musikalisch wurde es, als der Schantle-Chor von der "Kaserne droben auf dem Berg" sang. Der Erkenntnis "Auf dem Horber Marktplatz ist jetzt Hose tot" folgte der hoffnungsvolle Refrain "Ob’s gelingt, wir werden‘s sehn – mit dem Peter wird’s schon gehen". Die "Wolperdinger" der Narrenzunft, Susanne Baiker und Elke Straub, die im kommenden Jahr wie ihr großes Vorbild, das Gartenschaumaskottchen "Necky", präsent sein werden, besangen einige lokalpolitische Aktualitäten.

Natürlich durften auch die Turmschurken ihren Senf zum Programm beisteuern. Sie nutzten zehn Prozent ihrer Whats-App-Chatverläufe – die restlichen 90 Prozent waren nicht jugendfrei – um an einige Highlights der letzten zehn Jahre zu erinnern. Ungeschminkt, so wie man eben heute kommuniziert.

Mit drei kräftigen "Narri-Narro ond Horrido" startete die Horber Narrenzunft nach der offiziellen Proklamation des Grafenpaars vergnügt in die 100. Fasnetssaison. Höhepunkt der Saalfasnet ist der Eröffnungsball, der unter dem Motto "Bella Italia – Dolce Vita in Horb" am Samstag, 28. Januar, in der Rundhalle stattfindet. Am 14. Januar startet dazu der Kartenvorverkauf.

Info

Große Dinge werfen lange Schatten. Aus diesem Grund bittet die Narrenzunft Horb heute schon alle Fuß- / Laufgruppen, die sich am Fasnetsmontagumzug mit einem bestimmten Motto beteiligen möchten, sich mit Narrenrat Nenad Resanovic (umzugsanmeldung@narrenzunft-horb.de) bis zum 1. Januar 2023 anzumelden.

Interessierte sollen bei ihrer Anmeldung Name, Motto und ungefähre Anzahl der Teilnehmer angeben.