Die Gedenktafel bei der früheren Kreuzerkapelle ist eingeweiht: Heinrich Raible, Peter Rosenberger, Dieter Walz, Joachim Lipp und Franz Geßler Fotos: Lück Foto: Schwarzwälder Bote

Historisches: Gedenktafel zur Hexenverfolgung enthüllt / In Kreuzerkapelle gab es kurz Trost vor Hinrichtung

Jetzt fehlt nur noch die Resolution des Gemeinderats zur Hexenverfolgung, denn inzwischen erinnert eine Gedenktafel an der Kreuzerkapelle an dieses düsterste Kapitel der Horber Geschichte.

Horb. Der Grundriss der Kreuzerkapelle ist auf dem Boden aufgestreut. Die Stele – der ehemalige Eckstein des Franziskus-Brunnens vor dem Krankenhaus. Das Stahlgerüst für die Gedenktafel – von Helmuth Thumm. Die Stele mit der Tafel – dort, wo der Altar der Kreuzerkapelle im 16. Jahrhundert errichtet wurde. Die Gedenktafel – sie erinnert an die letzte Beichte der gefolterten Hexen und Ketzer, die vom damaligen Stadtrat zum Tode verurteilt worden waren. Oben rechts: ein Bild des Galgens und des Rades.

Franz Geßler vom Kultur- und Museumsverein: "Das war die wohl schlimmste Hinrichtungsart in Horb. Den Verurteilten wurden mit dem Rad die Knochen gebrochen, damit sie auf dieses Rad geflochten werden konnten. Dann wurde das Rad an einer Stange hochgezogen, damit man auch von weit her die Delinquenten sehen konnte – als Abschreckung."

Für mehr als hundert Verurteilte war die Kreuzerkapelle der "letzte Ort des Trostes und des Zuspruchs", so steht es auf der Tafel.

Diakon Klaus Konrad segnete die Tafel gestern. Er sagt: "Ich habe mich vor ein paar Wochen mit dem Kultur- und Museumsverein über diesen Ort unterhalten. Es hat mir wohlgetan, dass die Augustiner hier in Horb Schrift und Wort richtig verstanden haben, weil sie nicht mitgemacht haben an der Hexenverfolgung. Sondern hier Trost und Segen gespendet haben."

Ein denkwürdiger Ort. Eine denkwürdige Tafel. Joachim Lipp, erster Vorsitzender des Kultur- und Museumsvereins: "Wir hoffen, dass die Stadt Horb mit dem von Rudolf Bok angestoßenen Verfahren, beim Wasserturm eine Gedenktafel für die Opfer der Horber Hexenverfolgung zu erstellen, bald zum Abschluss kommt. Damit würde die Stadt mit diesem Standort hier und dem einstigen Hochgericht auf dem Kreuzkappellenweg über gleich zwei direkt über dem Jakobusweg gelegene Stätten verfügen, die im eigentlichen Sinne des Denkmalschutzes zum Denken anregen. Und vielleicht werden beide Stätten noch Stationen eines Horber Hexenwegs."

Hexen in Bildechinger Steige

Denn es war schon eine Gruselgeschichte, die damals gelaufen ist. Der Stiftskirchenturm, die Kreuzerkapelle und die Hinrichtungsstätte am Wasserturm waren in einer Sichtachse. Alle drei Punkte sind im Abstand von 500 Metern. Laut Heimatforscher Geßler konnten die Chorherren (und alle anderen) vom Stiftskirchenturm beobachten, wie die gefolterten Verurteilten mit dem Hexenwagen die Bildechinger Steige hochgekarrt wurden, in der Kreuzerkapelle noch Trost und Segen bekamen, ehe sie am Wasserturm hingerichtet wurden. Geßler: "Damals standen hier keine Bäume. Man konnte die Hinrichtungsstätte von weit her sehen – vom Hügel, wo jetzt das Autohaus Daub ist oder sogar von Hochdorf aus."

Der erste Schritt, um an diese grausige Geschichte zu erinnern, ist die Gedenktafel. Zwei Jahre lang hat es gedauert, ehe der Kultur- und Museumsverein alles fertig hatte. Erst musste eine geophysikalische Untersuchung her – Kosten: 2000 Euro, so Heinrich Raible. Doch die Gesellschaft zur Erhaltung und Erforschung der Kleindenkmale hatte eine günstigere Lösung. Der Bauhof Horb sorgte für das Fundament und hat frisch zur Enthüllung der Gedenktafel zwei Wegweiser zur Kreuzkapelle angebracht. Die Volksbank übernahm auch einen Teil der Kosten.

Raible: "Wir sind stolz darauf, dass wir jetzt ein eingetragenes Kulturdenkmal haben. Leider ist kein Geld mehr vorhanden, um den Grundriss der Kapelle nachvollziehen zu können. Ich hoffe, dass unsere Stele nicht zum Hondsbronzer (Anm. der Red. Pinkelstein) für Hunde wird."

Horbs Oberbürgermeister Peter Rosenberger dankt dem Kultur- und Museumsverein für die "akribische Spurensuche seit Jahrzehnten. Bei der Resolution zur Hexenverfolgung wird der Gemeinderat im kommenden Jahr den entscheidenden Schritt tun." Rudolf Bok aus Nordstetten hatte vorgeschlagen, dass der Gemeinderat diese Resolution verabschiedet. Weil die Hexen damals im 16. und 17. Jahrhundert vom Stadtrat verurteilt wurden (wir berichteten).

Beim Empfang im Pavillon bei Sekt, Kaffee und Hefezopf gibt es nur ein Tuschelthema: Macht es Sinn, den Grundriss der Kapelle wirklich mit einer niedrigen Mauer wieder aufzubauen? Raible selbst hatte erzählt, dass er immer jede Menge Müll rund um die Kreuzerkapelle findet. Hier ist wohl ein "Szene-Treff".

Auch eine Bank, die der Verein hier aufgestellt hatte, wurde nach zwei Tagen zerstört. Heimatforscher Geßler: "Ich hoffe, dass die Stele der Geschichtsbewältigung dient und nicht der Geschichtsverdrängung."