Jochen Schimmler zeigt den Altöltank in seiner Autowerkstatt, der durch die Flut umgekippt war. Foto: Hopp

Ortsvorsteherin: "Da wiehert der Amtsschimmel". Stadtbrandmeister: "Wir sehen das eher als Service".

Horb-Mühringen - Die Fluten drücken ins Haus. Die Feuerwehr steht vor der Tür. Doch gemacht wird zunächst nichts – erst Formular unterschreiben! Diese Situation erlebten einige Mühringer, als am Samstagabend ihr Keller mit Wasser volllief.

Ortsvorsteherin Monika Fuhl: "Es ist unfassbar. Die Fluten haben Mühringen getroffen, doch die Feuerwehr Horb war lange nicht zu sehen. Und als sie dann irgendwann mal auftauchten, ging erst ein Feuerwehrmann rum und forderte die Hausbesitzer auf, ein Formular auszufüllen. Das ist unfassbar für uns, dass bei einer solchen Katastrophe auch noch der Amtsschimmel wiehert, anstatt dass den Leuten geholfen wird." Merkwürdig daran: Nur auf der einen Seite des von der Flut getrennten Ortes mussten die Hausbesitzer das Formular unterschreiben. Fuhl kritisiert dabei nicht den Feuerwehrmann, der die Formulare einsammeln musste, sondern die, die das angeordnet haben.

Auch Bürgermeister Jan Zeitler war an diesem Abend ins geflutete Mühringen gekommen. Monika Fuhl zitiert ihn wie folgt: "Das müsse in diesem Fall sein. Der Gemeinderat werde aber entscheiden, ob die Hausbesitzer den Einsatz bezahlen müssen oder die Kommune."

Günter Loos, Sprecher des Innenministeriums, wundert sich über die Formulare: "Wenn es wirklich in Mühringen so gewesen sein sollte, ist das eine aus unserer Sicht unverständliche und unübliche Vorgehensweise. Die Hilfe der Feuerwehr geht immer vor Formularen!"

Markus Megerle, hauptamtlicher Kommandant der Horber Gesamtwehr: "Wir sehen diese Formulare eher als Service. Es geht um grüne Zettel, auf die wir eintragen, was an Material und Personal eingesetzt wurde. Auf der Rückseite steht, dass dieser Einsatz kostenpflichtig sein kann. Das Formular ist also nicht mehr als ein Hinweis." Bürgermeister Jan Zeitler sagt: "Diese Formulare sind Fahrzeugberichte, auf der die Feuerwehr die geleisteten Arbeiten dokumentiert.

Auf der Rückseite dieses Fahrzeugberichtes ist ein Feld, in dem der Auftraggeber darauf hingewiesen wird, dass es sich um einen Kostenpflichtigen Einsatz handeln kann." Der Text lautet: "Ich wurde darauf hingewiesen, dass es sich möglicherweise um einen kostenpflichtigen Einsatz der Feuerwehr handeln kann. Erläuterungen hierzu erhalte ich bei der Stadt bzw. Gemeindeverwaltung."

Zeitler weist darauf hin, dass diese Formulare auf der Grundlage der Landesfeuerwehrschule Baden-Württemberg erstellt wurde, da es sich bei solchen Einsätzen nicht um Pflichtaufgaben nach § 2 Abs. 1 Feuerwehrgesetz handelt und somit kostenfrei ist, sondern um sogenannte "Kannaufgaben" handelt, die jedoch nach §2 Abs. 2 kostenpflichtig sein können."

Fuhl ärgert sich auch gestern noch über die Aktion: "Vor allem ältere Leute haben unterschrieben, ohne zu wissen, was da auf sie zukommt. Das kann doch nicht sein."

Sauer über die Formular-Aktion

Und auch die Bürger von Mühringen sind richtig sauer über die Formular-Aktion der Horber Feuerwehr.

Im Haus von Alexander Mankowsky (55) stinkt es nach Öl. Er blickt den Kellerabgang hinab: Am Sonntag stand das Untergeschoss noch komplett und das Erdgeschoss bis zu Mankowskys Fußknöcheln unter Wasser. Die Heizöltanks waren umgekippt. Ab 12 Uhr pumpte eine private Firma den Keller leer. Denn Mankowsky hat das berüchtigte Kostenübernahme-Formular der Feuerwehr nicht unterschrieben. "Ich zahle doch Steuern, und das war ein Notfall." Ungläubig schaut er über den Rand seiner Brille. "Dem Feuerwehrmann war’s auch peinlich." Was ihn der Einsatz der Privatfirma kostet, weiß er noch nicht. "Die waren zwölf Stunden im Einsatz. Billig wird das nicht."

Jochen Schimmler (72), Besitzer der Autowerkstatt und Tankstelle in Mühringen, versteht nach dem Chaos vom Wochenende die Welt nicht mehr. Er hat einen Altöltank in der Grube seiner Werkstatt, der von den Fluten umgeworfen worden war. Er bat gegen 20 Uhr die Feuerwehr, das Wasser abzupumpen und den Tank aufrecht zu sichern, damit das Altöl nicht ausläuft. "Da sagen die mir: Das geht nicht, wir haben keine Nasskleidung dabei. Ohne Nasskleidung zum Hochwassereinsatz?" Schimmler fehlen die Worte. Nach Mitternacht schließlich habe ihn die Feuerwehr zu Hause angerufen und gesagt, sie sei nun bereit zur Sicherung des Tanks. Da war er schon so sauer, dass er gar nicht mehr los wollte. Nach einer Diskussion am Telefon ist er doch nochmal zur Werkstatt gekommen und hat die Einsatzkräfte eingelassen. Das Formular hat er nicht unterschrieben. Aber eine Rechnung, das habe die Feuerwehr versichert, die bekomme er in jedem Fall.