In der Stuttgarter Straße steht einer der beiden Messgeräte des Typs "Traffistar S 350" in der Stadt. Foto: Lück

Messgerät  "Traffistar S 350" immer noch in der Kritik. Jenoptik: Software-Update dauert länger.

Horb - Die Blitzersäulen "Traffi-star S 350" von Jenoptik stehen mehr und mehr in der Kritik. Ein weiteres Gericht hat gegen die Verwertung der Messungen entschieden, einige Kommunen schalten die Blitzer vorerst ab. In Horb bleiben sie aber aktiv.

Nachdem der saarländische Verfassungsgerichtshof am 5. Juli dieses Jahres entschieden hatte, dass Geschwindigkeitsmessungen mit dem Messgerät Traffistar S 350 nicht verwertbar sind, folgte nun das Amtsgericht in Bautzen (Sachsen) dieser Beurteilung.

Was die Gerichte kritisieren? Die Blitzersäulen dieses Typs speichern die "Rohmessdaten" nicht. Die Richtigkeit der Messung könne dadurch nicht nachgeprüft werden, erklärten die Gerichte. Das Ministeriums des Innern und für Kommunales im Bundesland Brandenburg empfahl seinen Kommunen deshalb die Stilllegung bis zur erfolgreichen Software-Nachrüstung. Allerdings zieht da wohl nicht jede Kommune mit.

ADAC sieht Einsatz kritisch

Auch der ADAC sieht den Einsatz der Säulen kritisch. So wurde in der Bild-Zeitung der Sprecher des ADAC Westfalen vor wenigen Tagen wie folgt zitiert: "Geschwindigkeitskontrollen müssen überprüfbar sein. Ist das nicht der Fall, sollten die Städte und die Gemeinden die fraglichen Blitzer momentan nicht nutzen." Auf das Software-Update hatte sich auch die Stadtverwaltung Horb im Juli berufen. Allerdings: Jenoptik, der Hersteller dieser Messgeräte, gibt zu, dass die Nachrüstung doch nicht so schnell geht, wie zunächst erwartet.

Warten auf Software-Update

Das Unternehmen informiert dazu auf seiner Homepage: "Die Software-Entwicklung und interne Testphase war am 22. Juli abgeschlossen. Allerdings haben die weitere Entwicklung im Saarland sowie Einschätzungen von internen Experten und externen Branchenbeobachtern gezeigt, dass ein Risiko besteht, dass dieser Umfang der Umrüstung nicht dauerhaft bzw. im Saarland nicht die nötige Akzeptanz finden würde. Denn auch Anlagen anderer Hersteller mit einem technisch ähnlichen Ansatz wurden im Saarland abgeschaltet."

Die Weiterentwicklung sei komplexer als erwartet. Jenoptik ging am 1. August davon aus, dass man das Update noch im dritten Quartal dieses Jahres umsetzen kann. Nur wenige Tage würden dann verbleiben.

Ministerium für Einsatz

All das veranlasst die Horber Stadtverwaltung allerdings nicht, die beiden Säulen in der Stuttgarter Straße und in Ihlingen abzuschalten und beruft sich auf die Linie des baden-württembergischen Verkehrsministeriums. Stadtsprecher Christian Volk: "Die Stadtverwaltung sieht hierbei keine ›neue‹ Entwicklung, sondern sieht die Ausführungen des baden-württembergischen Verkehrsministeriums, dass das Geschwindigkeitsmessgerät Traffistar S 350 weiterhin zur Geschwindigkeitsüberwachung eingesetzt werden kann, nach wie vor als gegeben an. Aus diesem Grunde werden auch weiterhin die Geschwindigkeiten gemessen und die Daten entsprechend ausgewertet."

Auch Jenoptik pocht weiterhin auf die problemlose Verwendbarkeit seiner Blitzer: "Es gibt aus unserer Sicht keine Veranlassung, die Anlagen vom Typ Traffistar S 350 außerhalb des Saarlandes abzuschalten, die nachweislich zur Senkung von Unfallzahlen und damit einhergehenden Unfallopfern dienen." Das saarländische Gericht habe nicht die Korrektheit der Messung durch unser Lasermesssystem Traffistar S 350 angezweifelt. "Der klagende Verkehrsteilnehmer sah aber eine Verletzung seines Rechts auf ein faires Verfahren, da er den Standpunkt vertritt, den ausgegebenen Messwert nicht ausreichend nachprüfen zu können. Zu diesem Sachverhalt gab und gibt es gegenteilige Ansichten, die von Gerichten, Gutachtern, Herstellern und der PTB (Physikalisch-Technische Bundes-anstalt, Anm.d.Red.) ver-treten werden." Das Landesverkehrsministerium hatte betont, dass das Urteil "kein Freibrief für Temposünder im Land" sei.

Rat des Anwalts suchen?

Der ADAC hat allerdings den Traffistar-Geblitzten am 20. September empfohlen, sich anwaltlichen Rat zu suchen. Auch Steffen Wally, Rechtsanwalt und einer der Experten für Verkehrsrecht aus Horb, hatte im Juli im Gespräch mit unserer Zeitung allen, die einen Bußgeldbescheid aus diesen Blitzsäulen bekommen haben, empfohlen, Widerspruch einzulegen.

Doch wie oft wurde bereits Widerspruch eingelegt? "Wie viele Widersprüche aufgrund des Gerichtsurteils eingelegt wurden, lässt sich durch die Bußgeldstelle nicht nachvollziehen. Bisher gab es jedoch zehn Widersprüche, von denen noch sieben ›anhängig‹ sind, so die Stadtverwaltung.

Drei davon hätten sich zwischenzeitlich erledigt, da die betroffenen Fahrzeugführer das Verwarngeld bezahlt hätten. "Zudem konnte seit Bekanntwerden des saarländischen Urteils keine Steigerungen von Widersprüchen festgestellt werden", so der Stadtsprecher weiter.

Zwischenzeitlich erreichten uns auch Anrufe in der Redaktion, dass Betroffene zwar geblitzt wurden, aber nie einen Bußgeldbescheid erhalten hätten. Mit der aktuellen Debatte hat das aber laut Stadt nichts zu tun: "Ganz vereinzelt kommt es vor, dass der Bildnachweis in seiner Qualität und Darstellung nicht für die Eröffnung eines Verfahrens ausreichend ist. Im Rahmen des Opportunitätsprinzips wird in solch einem Fall von einer weiteren Verfolgung der Ordnungswidrigkeit abgesehen. Ob es sich hierbei um solch einen Fall handelt, ist für uns jedoch nicht nachvollziehbar."