Nur fünf Beerdigungen im Jahr

H orb-Talheim. Das ist eine heikle Frage. Es geht um Pietät, Bestattungskultur, Trauer. OB Peter Rosenberger hatte schon im Gemeinderat gesagt: "Angesichts der Wünsche nach dem Neubau von Aussegnungshallen wird sich die Frage der Wirtschaftlichkeit stellen."

Ein Beispiel dafür ist der Talfriedhof in Talheim. Hier gibt es eine Aussegnungshalle. Sie ist aus dem Jahr 1951. Ortschaftsrat Hermann Walz: "Das Gebäude ist nicht mehr zeitgemäß und viel zu klein. Deshalb müssen alle Trauernden draußen stehen. Damit steht man buchstäblich im Regen." Deshalb hat der Ortschaftsrat beschlossen, eine neue Aussegnungshalle zu bauen.

Der bisherige Aufbahrungsraum ist zehn Quadratmeter groß, dafür sind 75 Quadratmeter davor überdacht, damit die Trauernden nicht im Regen stehen.

Ein Förderverein sammelt schon fleißig Spenden, um die Hälfte der Baukosten zu übernehmen.

Doch einige Talheimer fragen sich: Ist das Geldverschwendung? Muss man wirklich 180 000 Euro für ein im Grunde genommenes wenig genutztes Gebäude ausgeben? Wird dafür auch noch der Infrastrukturbeitrag des Steinbruchunternehmers Armin Kaltenbach verschwendet? Angeblich sollen jährlich immer noch 25 000 Euro in die Kasse fließen – für die Belastung aus dem inzwischen stillgelegten Steinbruch.

Macht es wirklich Sinn, im Talfriedhof Talheim eine neue Aussegnungshalle zu bauen?

Die alte Aussegnungshalle ist in einem guten Zustand. Sie ist allerdings höher gelegen, Trauernde müssen Treppenstufen steigen oder einen langen Weg gehen, um auf den unteren Teil des Talfriedhofs zu kommen.

Stadtsprecher Christian Volk sagt: "Der Zustand der bestehenden Aussegnungshalle ist dem Alter entsprechend. Bis auf kleinere Schönheitsreparaturen ist die Aussegnungshalle in einem baulich guten Zustand."

Warum sind die Baukosten für eine neue Aussegnungshalle so hoch?

Talheimer vermuten: In der neuen Aussegnungshalle soll auch ein WC gebaut werden. Da die neue Halle allerdings auf einer Ebene mit der Steinach liegen wird, wäre die Abwasserentsorgung sehr aufwendig. Stadtsprecher Christian Volk: "Derzeit gibt es keine Festlegungen, ob die mögliche Aussegnungshalle ein WC enthalten sollte oder nicht. In der Tat stellt das fehlende Gefälle jedoch zur Abwasserbeseitigung eine Schwierigkeit dar. Die Abwasserentsorgung wäre lediglich durch Unterquerung des Baches zum Anschluss an eine bestehende Leitung auf der gegenüberliegenden Seite des Baches möglich. Durch die Unterquerung des Baches und die größeren Entfernungen stellt dies einen hohen Aufwand dar, der entsprechend teuer wäre. Es bleibt ebenfalls zu bemerken, dass auf allen Friedhöfen im Winter das Wasser abgestellt werden muss. Damit wäre auch hier eine Toilettenanlage nur in den Monaten April bis Oktober nutzbar." In der vorhandenen Aussegnungshalle gibt es kein WC oder Waschbecken, so das Rathaus.

180 000 Euro Baukosten. Eine Menge Geld. Doch wie viele Beerdigungen gibt es überhaupt auf dem Talfriedhof Talheim?

Stadtsprecher Christian Volk: "Die Halle wurde im vergangenen Jahr drei Mal genutzt. Auf dem Talfriedhof hat es im Jahr 2018 fünf Bestattungen gegeben. Alles waren Erdbestattungen."

Fließen wirklich jährlich 25 000 Euro "Strukturbeitrag" vom Steinbruchunternehmer in die Stadt- oder Ortschaftskassen?

Stadtsprecher Volk teilt mit: "Der Gemeinderat hat im Rahmen der Verpachtung der Grundstücke für den neuen Steinbruch entschieden, dass die Einnahmen anteilig an den Waldhaushalt gehen und der Rest in eine zweckgebundene Rücklage fließt. Diese zweckgebundene Rücklage soll für gesamtstädtische Maßnahmen in Talheim verwendet werden. Die Entscheidung hierüber trifft der Gemeinderat nach vorheriger Anhörung des Ortschaftsrats Talheim. Die Höhe der Einnahmen ist abhängig vom Gesteinsabbau."

Macht die neue Aussegnungshalle für 180 000 Euro wirklich Sinn?

Das müssen Ortschaftsrat und Gemeinderat entscheiden.