Grünen-Kandidat Wolf Hofmann und Nahost-Experte Mehmet Kilic klären die Besucher einer Wahlkampfveranstaltung im Horber Kloster über die Hintergründe der Flüchtlingskrise auf. Foto: Lück Foto: Schwarzwälder-Bote

Landtagswahlkampf: Wolf Hofmann (Grüne) holt Nahost-Experten Mehmet Kilic zu Veranstaltung ins Kloster

Von Jürgen Lück

Das ist Wahlkampf mal ganz anders: Zur Hauptveranstaltung der Grünen in Horb war das Thema der Syrien-Konflikt und die Türkei.

Horb. Wolf Hofmann, Erstkandidat der Grünen, der vier Jahre Auslandsschuldienst in der Türkei geleistet hatte, holte mit Mehmet Kilic aus Heidelberg einen fundierten Kenner ins Kloster. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete der Grünen aus Heidelberg, Mitglied des Expertenkomitees für Migration im Europarat.

Flüchtlinge. Ursachen und Auswirkungen für Deutschland. Für Wolf Hofmann ist klar: "Wir haben eine Verantwortungsgemeinschaft. Die Verantwortung für die große Politik liegt beim Bund." Dennoch spricht er sich für eine "handlungsfähige Landespolitik aus". Dabei seien Abschiebungen nicht die Lösung. Hofmann: "So schnell wie die Rechtsradikalen das wollen, geht es in der Praxis gar nicht. Weil es allein an Fliegern mangelt. Man müsste Riesen-Zuchthäuser bauen – und das geht nicht."

Er spricht sich – auch nach den Vorkommnissen in Köln – für "klare Regeln im Rechtsstaat" aus. Erinnert daran, dass Mercedes-Chef Dieter Zetsche angesichts der Flüchtlinge von einem "zweiten Wirtschaftswunder" spricht.

Dann wird es endlich mal Wahlkampf. Hofmann: "Wenn ich mitbekomme, dass Norbert Beck sich jetzt an die AfD annähert, dann treibt er die Menschen erst in die Hände dieser Partei. Da haben sich Landrat Rückert und Rosenberger als CDU’ler ganz anders verhalten. Ich habe keine Berührungsängste mit der CDU."

Und während der Linke Stefan Dreher auf viele Stimmen auch von enttäuschten linken Grünen hofft (wir berichteten), hält Hofmann dagegen: "Wer die Linke wählt, sollte überlegen, was er damit verursacht, wenn die Mehrheit von Rot-Grün im Land weg ist."

Hofmann liest einiges vom Blatt ab. Er wirkt ruhig. Und später, am Schluss der Veranstaltung, legt er noch einmal nach. Der Spitzenkandidat der Grünen: "Wir haben jetzt durch Grün-Rot 50 Prozent mehr Kita-Plätze im Land. Wenn ich die CDU höre, soll der Nationalpark wieder weg. Timm Kern will die Grunderwerbssteuer kürzen. Wenn man daran dreht, ist der weitere Ausbau der Gemeinschaftssschulen in Gefahr. Man mag gar nicht ausdenken, was mit den Schulstandorten Loßburg und Schopfloch passiert wäre, wenn wir die dort nicht eingeführt hätten."

Ein klares Statement für die Politik, für die die Landes-Grünen stehen. Ruhig und sachlich vorgetragen. Keine Polemik, wenig Emotion.

Die bringt dann Mehmet Kilic ins Spiel. Der streitbare, gebürtige Türke geht erst mal ins Detail, was die aktuellen Verhandlungen zwischen Bundeskanzlerin Merkel und der Türkei anbelangt.

Kilic hat so seine Zweifel an der offiziellen Politik des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan. Kilic: "Merkwürdigerweise wurden bei den bisherigen angeblichen IS-Anschlägen nur Gegner von Erdogan in die Luft gejagt. Zum heutigen Anschlag kommt die Frage dazu, wie es sein kann, dass Lkw-Ladungen voller Sprengstoff neben Militärfahrzeugen nicht entdeckt werden?"

Die Ursache im Syrien-Konflikt sieht Kilic in einer geheimen Allianz zwischen Wahabismus (Saudi-Arabien), dem Emirat Katar und der Türkei. Kilic: "Der Steinzeit-Islamismus soll sich verbreiten, um einen kurdischen Staat zu verhindern. Saudi-Arabien und die Türkei sind Teil des Problems. Wenn das so weiter geht, dann kommen bald auch kurdische Flüchtlinge. Deshalb sollte Merkel keinen Deal mit Erdogan machen."

Kilic befürchtet, dass Erdogan trotz der Milliarden aus Deutschland die Flüchtlinge losschicken wird. Der Rechtsanwalt: "Erdogan hat den Krieg in Syrien mit seinen Dschihadisten angefeuert. Um in Bildern zu sprechen: Merkel stellt sich tot in der Hoffnung, dass der Bär sie nicht frisst. Damit weckt sie die Schakale."

Wolf Hoffmann bringt seine Erfahrungen mit ein: "Ich bin oft in der Türkei. Der Wirtschaftsaufschwung durch Erdogan ist nur auf Pump finanziert. Das ist ein Pulverfass. Wichtig ist, zu begreifen, dass in den Zeiten der Globalisierung die Außen- zur Innenpolitik wird."

Kilic erinnert daran, dass die Türkei weiterhin einen Grenzstreifen, den er "Terroristen-Autobahn für den IS nennt", offen lässt. Um das kurdische Autonomiegebiet zu schwächen. Kilic: "Wenn Erdogan diese Grenze dicht macht, ist der IS in kürzester Zeit zermalmt."

Dann ist die Veranstaltung um 21.30 Uhr zu Ende. Kristina Sauter überreicht Kilic noch einen Blumenstrauß. Hinterher sagt sie: "Das war überraschend gut besucht."

Fazit: Die Grünen setzen auf Fakten und versuchten im Kloster, den Zuhörern einen klareren Blick auf die verwirrenden Verhältnisse rund um Syrien zu vermitteln. Hat zwar wenig mit Landtagswahlkampf zu tun. Aber die Zuhörer dürften sicherlich einen Erkenntnisgewinn mitgenommen haben.