Friedliches "Abhängen" am Bahnhof Horb? Nicht jeder, der sich dort aufhält, gehört automatisch zur "Problemszene", doch bei "Rocky" (stehend) weiß man’s nicht. Foto: Lück

Erneut fällt Person mit "immer mehr Aussetzern" auf. Friedliche Treffpunkt-Leute sehen sich als Leidtragende.

Horb - Der Bahnhofs-Pöbler ist verurteilt. Doch wie ruhig ist die Szene? Wird "Rocky" zum neuen Problemfall am Bahnhof? Die gute Nachricht: Am Treffpunkt Bahnhof gibt es auch unproblematische Leute.

Der Schwarzwälder Bote hat Kalle, Paul und Didi (Namen geändert) getroffen. Die drei sitzen auf der Steinbank vor dem Bahnhof Richtung Gleise. Es ist abends, gegen 19.15 Uhr. Kalle hatte sich beim Schwarzwälder Boten gemeldet.

Er sagt: "Wir sind froh, dass Sascha K. endlich verurteilt wurde. Er hat hier für jede Menge Unruhe gesorgt, und dafür, dass wir die Leidtragenden sind!" Paul: "Die Horber suchen ein Opfer, da sind wir dann die Leidtragenden."

Der konkrete Anlass, warum sich die drei an den Schwarzwälder Boten gewendet haben: Der "Skandal" mit dem Kind. Kalle: "Eine Frau hat sich zu uns gesetzt, mit ihrem vierjährigen Kind. Es musste mal aufs Klo. Sie ging in eine Gaststätte, doch sie wurde rausgeschmissen. Aussage des Mitarbeiters: Für Euch Penner ist das WC woanders. Ein Kind als Penner zu bezeichnen – das ist doch unmenschlich. Der kleine Vierjährige kam ganz verdattert raus und hat sich dann in der Tür eingenässt!"

Didi: "Das ist der Gipfel der Frechheit, was die dem Kind angetan haben. Das Kind ist aber nur die Spitze des Eisbergs. Es dreht sich ums Ganze, dass wir für etwas verurteilt werden, was andere getan haben. Wie der Bahnhofs-Pöbler."

Der beschuldigte Gastronom sagt dazu: "Von den dreien ist mir nur Kalle bekannt. Man muss verstehen, dass unsere Bedienungen wirklich genervt und angespannt durch die jahrelangen Vorkommnisse rund um den Bahnhofs-Pöbler sind. Derzeit haben wir das Problem, dass sich ein Teil der Szene auf die Bank vor unserer Terrasse setzt. Die sollte eigentlich für normale Passanten, Öffi-Fahrgäste oder ältere Leute sein, die sich ein paar Minuten im Schatten ausruhen. Es gibt welche wie Kalle, die friedlich sind. Doch teilweise stehen eben auch Problemfälle bei denen."

Fakt ist, so betonen Kalle, Paul und Didi unisono, dass sie die sind, die keinen Ärger machen. Die mal vor dem Bahnhof sitzen, am Neckar oder im Winter ganz in der Ecke oberhalb der Treppe stehen.

Kalle: "Am Mittwoch vor Fronleichnam, als Kids den Bahnhof mit dem Feuerlöscher eingenebelt haben, haben wir die Polizei gerufen. Wenn wir unsere Treffpunkte verlassen, räumen wir auf."

Paul: "Neulich am Neckar war eine Bank verkokelt, alles voller Flaschen und Dosen. Das waren aber nicht wir, sondern die Kids von der Abschlussfeier der Realschule. Doch das wird uns in die Schuhe geschoben. Krass auch, dass dort kein Mülleimer steht."

An einem Mülltonnenverschlag Richtung Gleise hängt ein Schild: "Wildpinkeln verboten!"

Was hat es damit auf sich? Kalle fällt dazu etwas ein: "Wenn wir mal müssen, dann gehen wir entweder ins Kaufland oder ins Bahnhofsklo für 50 Cent. Nur – da gehen um 20 Uhr die Gitter runter. Und auch das Kaufland schließt mal. Ein Dixie-Klo könne da weiterhelfen."

Kalle, Didi und Paul. Sie geben sich als die "Ordnungshüter". Die auch mal die Polizei rufen, wenn es Randale gibt.

Stimmt das? Ein Ordnungshüter bestätigt: "Ja. Die drei gehören wirklich zu denen, mit denen man sprechen kann. Sie räumen auf. Die gehören nicht zur Problemszene." Der Ordnungshüter schildert, wie krass einzelne Personen der Problem-Szene wirklich sind: "Ich habe selbst beobachtet, wie die ins Kaufland gegangen sind und eine Flasche Schnaps am Regal gegriffen haben. Innerhalb von drei Minuten war die weggegurgelt. Dann haben sie ein Päckchen Tabak gegriffen und haben das an der Kasse bezahlt."

Zu solchen Leuten zählen Kalle, Paul und Didi nicht. Ein Kaufland-Mitarbeiter bestätigt: "Gegen die liegt nichts vor. Uns sind keine Probleme mit den dreien bekannt."

Der Bahnhofs-Pöbler hatte jede Menge Hausverbote im Kaufland.

Ist die Problem-Szene jetzt friedlich? Oder gibt es einen, der nach der Verurteilung von Sascha K. das Potenzial hat, der neue "Bahnhofs-Pöbler" zu werden?

Immer wieder fällt der Name "Rocky" (Name geändert). Der lieferte sich beim Prozess gegen den Bahnhofs-Pöbler einen denkwürdigen Auftritt im Landgericht Rottweil. 1,2 Promille im Blut, musste mit der Polizei vom Bahnhof abgeführt und zu seiner Zeugenaussage nach Rottweil gefahren werden. Wusste noch nicht mal, ob er Zeuge oder Angeklagter ist.

Hat Rocky das Potenzial zum neuen Bahnhofs-Pöbler? Fakt ist: Er war es, der am 2. Mai 2017 um 14.02 Uhr zu einem Sperrmüllhaufen lief, eine Möbelplatte herauszerrte und damit auf den Bahnhofs-Pöbler Sascha K. einschlug. Der Schwarzwälder Bote hatte die Szene beobachtet und das Bahnhofs-Problem erst publik gemacht.

Neulich stellte sich "Rocky" von Bahnhofsseite direkt an die Tür des Gleis Süd und pinkelte dort hin. Alle Gäste sahen das, wie Kalle, Paul und Didi bestätigen.

Kalle: "Letzten Samstag hat ›Rocky‹ einem von den Jungen eine Bierflasche an den Kopf geworfen!" Paul: "Der Rocky sollte mal zum Arzt gehen und sich Medikamente verschreiben lassen. Er hat Aussetzer. Und die Zeit zwischen den Aussetzern wird immer kürzer."

Auch Mitarbeiter einer Gaststätte sagen: "Rocky könnte der nächste Bahnhofs-Pöbler werden."