Das ehemalige "Flair" soll zwangsversteigert werden. Möglicherweise könnte bald die Engstelle beseitigt werden. Foto: Lück

Ehemalige Kultdisco in Talheim wird jetzt versteigert. Hat Rathaus ein Vorkaufsrecht?

Horb-Talheim - Endlich kommt Bewegung in die Kreuzung an der Haiterbacher Steige: Das ehemalige "Flair" soll jetzt zwangsversteigert werden.

Anton Ade, stellvertretender Ortsvorsteher von Talheim, sagt: "Das ist super. Ich würde das Areal sofort kaufen." Am Montag veröffentlichte der Schwarzwälder Bote die amtlichen Mitteilung des Amtsgerichts Horb: "Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das Flurstück in der Haiterbacher Steige 2 mit 370 Quadratmetern (Blatt: 1559 BV 1) öffentlich versteigert werden."

Das alte "Flair" war um die Jahrtausendwende eine echte Kultdisco. 1973, so erinnert sich Ade, haben Gastronomen aus dem Raum Böblingen hier das Gasthaus Hirsch eröffnet. Um die Jahrtausendwende habe der Nachwuchs der Familie dann die Diskothek aufgemacht. Noch heute im Inneren zu sehen: Die bunte Tapete, auf der Seite zur Haiterbacher Steige der Eingang mit dem geschmolzenen, gelben Plastik, das mal die Leuchtschrift für das "Flair 2000" war. Nach einem Feuer im Treppenhaus wurde die Disco 2004 geschlossen. Seitdem versuchen Rathaus und Ortschaftsverwaltung das Objekt zu kaufen.

Zuletzt hatte der damalige Ortsvorsteher Thomas Staubitzer beim Rundgang durch das Sanierungsgebiet von Talheim im März von den jahrelangen Versuchen berichtet, mit den Eigentümern des Flairs eine Einigung zu finden. Staubitzer damals: "Wir sind in Verhandlungen mit den Eigentümern. Die sitzen in Leverkusen und in Hamburg. Bei den grauen Häusern hinten die Haiterbacher Steige hoch bin ich zuversichtlich, dass wir dort bald zu einer Einigung kommen. Bei den gelben Häusern kann es noch länger dauern. Doch auch da bin ich zuversichtlich."

Doch jetzt die Zwangsversteigerung der gelben Häuser. Wie kann es dazu kommen? Ein Insider erklärt: "Wenn auf dem Objekt Forderungen oder Schulden sind und sich die Erben nicht einigen können, haben die Gläubiger die Möglichkeit, eine Zwangsvollstreckung einzuleiten."

Doch kommt das "Flair" jetzt überhaupt unter den Hammer? In Rathauskreisen heißt es, dass die Stadt möglicherweise ein Vorkaufsrecht habe. Das müsse man jetzt prüfen. Schon im Sommer vor einem Jahr hatte die Stadt angekündigt, das gesamte Areal aufkaufen zu wollen.

Doch warum ist das ehemalige "Flair" für alle so wichtig? Talheims Vize-Ortsvorsteher Ade sagt: "Vom möglichen Entwicklungspotenzial steht das ehemalige "Flair" in Talheim schon immer auf dem Wunschzettel vom Ortschaftsrat. Verkehrlich ist es dort zwischen dem ehemaligen Haus von Hermann Walz und dem "Flair" sehr eng – diese Stelle muss dringend entschärft und breiter werden."

Bleibt die Engstelle für den Bus und den Schwerlastverkehr, wenn ein Privater das "Flair" ersteigert? Ein Insider: "Mit einem Bebauungsplan können die Gremien beschließen, dass die notwendige Verkehrsfläche für eine bessere Kreuzung und Verkehrsführung vom neuen Eigentümer freigehalten werden muss."

Dazu kommt: Nach einem Abriss kann man hier was schickes Neues bauen. Das Haus rechts neben dem "Flair" gehört schon der Stadt. Sie hatte es gekauft und nutzt es derzeit als Flüchtlings-Unterkunft. Insgesamt hat das "Flair" und dazugehörige Gebäude und Grundstücke eine Fläche von 518 Quadratmetern.

Der Zustand des "Flair" ist miserabel. Das Amtsgericht schreibt: "Entrümpelung notwendig, alter Zustand, teilweise massive Brand- und Löschspuren. Das Erdgeschoss ist eine Brandruine. Gebäude unbewohnbar. Wirtschaftlich nicht sanierbarer Zustand. Bodenwert rund 31 000 Euro, Freilegungskosten laut Sachverständigen rund 44 300 Euro." Anton Ade sagt dazu: "Die Abrisskosten kommen mir mit 44 300 Euro recht niedrig vor bei der momentanen Baupreisentwicklung." Krass auch: Die Brandruine des "Flair" ist am wenigsten wert. Hier setzt das Amtsgericht einen Euro Verkehrswert an.

Selbst die 27 Quadratmeter Freifläche zur Haiterbacher Steige hin sind mehr wert als die Brandruine: 756 Euro Verkehrswert. Doch das wertvollste am "Flair" ist der jetzige Parkplatz an der Hochdorfer Straße: 121 Quadratmeter groß, Verkehrswert: 3400 Euro.

Doch es gibt schon Interessenten. "Ich kann mir vorstellen, auf das ›Flair‹ zu bieten", sagt Ade. Der Vize-Ortsvorsteher sagt auch, warum: "Bei der ehemaligen ›Linde‹ war ich nicht dabei. Doch das Gebäude ging in der Zwangsversteigerung günstig weg. Vielleicht klappt das auch beim ›Flair‹."

Der Schwarzwälder Bote fragte im Rathaus nach, ob die Stadt auch mitbietet oder andere Optionen prüft. Das Rathaus möchte am heutigen Mittwoch darauf antworten.