Franz Geßler und sein Modell von der Kreuzerkapelle Foto: Lück Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Hier mussten verurteilte Hexen noch beten, ehe sie hingerichtet wurden

Franz Geßler vom Kultur- und Museumsverein hat extra sein Modell von der Kreuzerkapelle in den Städtebau- und Sanierungsausschuss mitgebracht. Sieht idyllisch aus. Doch es erzählt eine Gruselgeschichte aus der Vergangenheit.

Horb. Wer sich das Foto genau anschaut, sieht vorne einen Geistlichen. Und hinten den Weg zu einem sogenannten dreischlächtigen Galgen.

Geßler stellt für den Kultur- und Museumsverein die Gedenktafel vor, die am Standort der Kreuzerkapelle aufgestellt werden soll. Geßler: "Der eigentliche Initiator ist Heinrich Raible, der das ganze seit Jahren betreibt. Mit seinem Durchsetzungsvermögen und der Akribie sind wir jetzt soweit."

Geplant ist: Dort, wo jetzt das Kreuz ganz vorne steht, soll eine Stele hin. Dafür ausgesucht, sagt Geßler: "Die Sandsteinecke vom Trog des historischen Franziskanerbrunnes von 1660 beim Krankenhaus. Der stand beim Poppitz herum – und wir haben gedacht, dass passt nicht nur in die Zeit. Sondern sichert wenigstens diesen Teil des historischen Brunnens."

Auf dieses Eckteil wird eine Tafel installiert. Geßler: "Diesen Stein und die Tafel werden wir so positionieren, dass man von dort aus direkt auf die Stiftskirche schauen kann."

Volle Absicht. Denn: Die Kreuzerkapelle, so ist sich Heimatforscher Geßler sicher, wurde während der Zeit der Hexenprozesse erbaut. Vom Turm der Stiftskirche aus kann man sowohl die Kreuzerkapelle als auch den Wasserturm sehen. Vom Turm der Stiftskirche ist die ehemalige Kapelle 503 Meter weit entfernt, der Wasserturm, auf dem früher der dreischlächtige Galgen stand, 500 Meter weiter.

Der Grund, laut Geßler: "So konnten die Stiftsherren vom Turm aus genau beobachten, ob die Delinquenten ordnungsgemäß in der Kreuzerkapelle gesegnet wurden. Und auch die Hinrichtung beobachten. Das ist phänomenal. Da haben selbst die Freudenstädter gestaunt, als sie das nachgemessen haben. Die Horber haben damals noch den humanen Strafvollzug gemacht: Verurteilte Hexen wurden erst auf dem Hügel neben dem Galgen geköpft und dann erst der Leib verbrannt."

Die Gruselkapelle. Sie wurde 1806 abgebrochen. Geßler: "Deshalb hat die letzte Hinrichtung in Horb nicht mehr auf dem Galgenfeld oder beim Wasserturm stattgefunden. Sondern auf der Au am Neckar. Um 1840 wurde hier ein Mörder aus Rexingen enthauptet. Ein Zimmermann hat das Gerüst zu niedrig gebaut, so dass sich der Pfarrer beschwerte, dass er voll mit dem Blut des Hingerichteten war."

An dieses düstere Kapitel der Horber Geschichte soll auch die neue Gedenktafel erinnern. Geßler: "Wir werden auf die Tafel auch die Zahl der hier nachweislich hingerichteten Hexen schreiben."

Joachim Milles (FD/FW): "Ich finde es gut, dass dort der Stein angebracht wird. Und zwar dort, wo man Bezug hat auf die Historie. Das passt auch zum Antrag des Bürgers Rudolf Bok, der eine Resolution des Gemeinderates zu den Hexenprozessen angeregt hat."

Markus Pagel (OGL) wollte wissen, wie viele Hinrichtungen es dort oben gab. Geßler: "Da können wir nur mit den Hexen rechnen. Mit den anderen Hinrichtungen wurde sich noch nicht beschäftigt. Dazu müsste man die ganzen Ratsprotokolle von damals durchforschen."

Josef Nadj (CDU) und Bildhauer: "Mir ist es etwas unangenehm, wenn wir das Element eines Brunnens als Ambo (Steinelement für die Liturgie, d. Red.) umfunktionieren. Der Altaranblick entspricht aus meiner Sicht nach nicht dem, woraus es besteht."

Franz Geßler: "Wir sind bemüht, diese Stele an den Platz des Altars der Kapelle zu positionieren. Auf der Tafel steht deutlich, dass der Stein von einem Brunnen ist. Wir wollen da nichts vortäuschen."

Heinrich Raible: "Durch die Kombination zwischen dem Stein und der Tafel wollen wir verhindern, dass die Gedenkstele ein Abstellplatz für leere Flaschen und ein Lagerplatz für alle wird, die sich da sonst noch so rumtreiben. Das man da nichts drunterstellen kann oder sich draufsetzen kann. Nicht, dass das noch ein Sitzplatz wird für dieses Klientel!"

Bürgermeister Ralph Zimmermann kommentiert: "Wie sie aus der Reaktion des Gremiums entnehmen können, sind wir zustimmend und wohlwollend. Wir als Stadt sind dankbar für ihre Arbeit, die wesentlich zum Erhalt des Kulturguts beiträgt."