Das Kind befindet sich zur Zeit in einem Pflegeheim im Wachkoma. Symbolbild. Foto: dpa

35-Jähriger zu Haftstrafe verurteilt. Kind in Wachkoma. Pflegegeld für Computerspiele.

Horb - Haftstrafen mit und ohne Bewährung verhängte Richter Achim Ruetz am Donnerstag nach der zweiten Verhandlung gegen eine 28-jährige Mutter und einen 35-jährigen Vater aus dem westlichen Landkreis. Sie waren wegen Untreue und Beihilfe zur Untreue in 14 Fällen angeklagt.

Die Mutter hatte für ihre schwerstbehinderte Tochter von September 2010 bis Januar 2011 monatlich 6447 Euro zunächst Pflegegeld und für den Zeitraum von September 2010 bis März 2011 vom Versorgungsamt Rottweil 27 618 Euro Opferentschädigungsleistungen erhalten. Das Kind ist seit 2006 schwerstbehindert und muss rund um die Uhr betreut werden. Es befindet sich zur Zeit in einem Pflegeheim im Wachkoma.

Der Angeklagte hatte das Kind im Dezember 2005 derart geschüttelt, dass es schwerste Verletzungen erlitt. Der Mann war vom Amtsgericht Freudenstadt wegen schwerer Körperverletzung und in der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Rottweil verurteilt worden und stand seit März 2010 unter Bewährung.

Die Verhältnisse in der Familie waren schwierig, zwei weitere Kinder mussten in Heimen untergebracht werden. Obwohl die schwerstbehinderte Tochter in eine Pflegeeinrichtung kam und die Kosten nicht über die Eltern abgerechnet wurden, bekam die Mutter Geld. Wofür genau, wurde in der Verhandlung nicht geklärt. Eines war jedoch klar: Die Mutter durfte das Geld nicht für sich selbst verwenden.

Vor lauter Verpflichtungen den Überblick verloren

Der Vermögensverwalterin war dann aufgefallen, dass die Eltern das Geld für andere Zwecke ausgaben – und sie erstattete Anzeige. Die Mutter hatte mit dem Geld Miete bezahlt, ein Auto gekauft und Beträge auf das Sparbuch des Kindes überwiesen, was es dem Vater ermöglichte, Geld abzuheben. Insgesamt waren es über 19 000 Euro. In der Verhandlung stellte das Gericht noch einmal fest, das das Geld ausschließlich für das Kind hätte verwendet werden dürfen. Die Angeklagte sagte, sie habe vor lauter Verpflichtungen den Überblick verloren. Das Geld sei ihr gerade recht gekommen. Die Angeklagte ist inzwischen mit einem anderen Mann verheiratet und hat drei weitere Kinder.

Der Vater stand wegen der Misshandlung seiner Tochter noch unter Bewährung. Für das Gericht stand fest, dass er die treibende Kraft beim Einkassieren war. Von den gezahlten 34 000 Euro haben beide fast 20 000 Euro für sich verwendet.

Für Oberstaatsanwalt Joachim Dittrich stand fest, dass es ein außergewöhnlicher Fall ist, "weil wir uns mit einer strafrechtlichen Würdigung aus den Folgen der Tat, die der Angeklagte selber verübt hat, beschäftigen mussten." Der 35-Jährige, der das Kind verletzt hatte, war auch die treibende Kraft beim Einzug des Geldes, das Mutter und Vater gemeinsam ausgaben.

Dittrich fragte, welche Forderungen der Angeklagte überhaupt stellen durfte, war er doch der Schädiger des Kindes. Dittrich forderte ein Jahr und sechs Monate für die Angeklagte und ein Jahr und neun Monate ohne Bewährung für den Angeklagten. Die Frage der Bewährung beantwortete er mit einem klaren Nein. Es sei "niederstes Niveau", wenn jemand Versorgungsleistungen für Computerspiele verwende.

Richter Ruetz verurteilte die Mutter zu einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung, den Vater zu einem Jahr und neun Monaten Haftstrafe ohne Bewährung wegen Mittäterschaft in einem besonders schweren Fall gemeinschaftlich begangener Untreue in 14 Fällen.