Im Dauereinsatz waren die Gechinger Feuewehrleute sowie Angehörige sämtlicher Wehren aus dem Gäu und aus Calw beim Hochwasser am 15. Mai 2009. Foto: Alfred Verstl

Hochwasserschutz ist seit dem verheerenden Unwetter am 15. Mai 2009 ein Dauerbrenner. Seither wird diskutiert und geplant, zig Ämter befassen sich mit Schutzmaßnahmen. Und die Kosten waren einmal mehr Thema im Gemeinderat.

Konkret ging es am Dienstagabend im Ratssaal um die lokale Hochwasserschutzmaßnahme 2 im Bereich der früheren Gärtnerei Kienzle und dem Gewerbegebiet Gültlinger Straße, die Regenwasser auch bei 100-jährigen Starkregenereignissen (HQ100) aus dem Stammheimer Tal und aus Richtung Althengstett sicher ableiten soll. Zu der vom Ingenieurbüro Wald & Corbe aus Hügelsheim vorgelegten Trassenplanung, bei welcher der sogenannte Gärtnereigraben ausgebaut und weitergeführt wird, dieser die Kreisstraße im Kreuzungsbereich Talstraße/Stammheimer Weg unterquert und in einer Flutmulde nach dem Abzweig Wolfswiesenweg aus der Talstraße im Bereich Wolfswiesental endet, kam aus der Mitte des Gemeinderats der Wunsch nach einer Alternativplanung. Diese sollte den Gärtnereigraben belassen und das Gewässer nach Querung der Gültlinger Straße durchs Gewerbegebiet hinter den Anliegern der Talstraße in die Irm führen.

Die Vor- und Nachteile

Gregor Kühn, Geschäftsführer bei Wald & Corbe, erläuterte dem Gremium die Details sowie die Vor- und Nachteile beider Varianten einschließlich der zu erwartenden Kosten: Für die Aufweitung von Graben und Irm sowie aller baulichen Maßnahmen bei der Querung von Straßen und weiteren Arbeiten liegen diese für die ursprüngliche Variante bei 1,42 Millionen Euro brutto. Die Alternative wird hochgerechnet rund 1,88 Millionen kosten plus Kosten für Grunderwerb samt Nebenkosten von rund 150 000 Euro.

Das ursprüngliche Problem bleibt

Im Blick auf die erheblichen Mehrkosten für die Alternative schlägt die Verwaltung vor, die Maßnahme wie ursprünglich zu realisieren. Beide Varianten sind so berechnet, dass Regenmengen von 36 Kubikmetern pro Sekunde, entsprechend HQ100, abgeleitet werden können, so Kühn. Zu diskutieren gab es einiges für die Räte, zum Beispiel die Kosten. Das Hochwasser im Mai 2009 sei ein HQ500-Hochwasser gewesen, somit eines, das in 500 Jahren einmal zu erwarten sei, sagte Wolfgang Premm (FW). Also habe man, auch wenn man jetzt viel Geld ausgebe, in so einem Fall wieder das gleiche Problem. Auch Konstantin Böttinger (BU) tat sich schwer mit den Kosten: „Wir geben 1,4 Millionen aus, damit wir Wasser im Ort haben.“ Die Gemeinde habe schon lange keinen ehrlichen Kassensturz mehr gemacht, monierte Claus Schaible (FW), „das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Maßnahme ist ein Witz.“ Er könne diese Aktion überhaupt nicht nachvollziehen, „weil der Engpass in der Dachtler Straße bleibt.“

Gemeinde muss noch viele andere Projekte stemmen

Außerdem habe die Gemeinde noch einige große andere Projekte vor sich wie Kita, Schule, Hallenbad und so weiter, die in naher Zukunft viel Geld verschlingen werden. Es wäre an der Zeit, die ganze Planung Hochwasserschutz – das sind insgesamt acht Projekte jeweils in der Kostengröße der diskutierten Maßnahme, in Summe bis zu zwölf Millionen Euro (Anm. d. Red.) – bevor es überhaupt an bauliche Maßnahmen gehe, so Schaible. Er sei „der tiefen Überzeugung“, dass das viele Geld lieber in andere Infrastrukturprojekte, für Kinder und Schule, gesteckt werden sollte, sagte Frank Schöninger (FW). „Was ist, wenn das Hochwasser morgen kommt? Werden wir dann belangt?“

100 Grundstückseigentümer müssen mitmachen

Es gehe heute um die Abwägung einer Einzelmaßnahme, „die Haushaltsreden haben wir ein andermal“, widersprach Simon Klass (BU). Kühn habe dargelegt, dass die Alternative geht, aber teuer ist. Das Finanzielle mache auch ihm Sorgen, „und alles Mögliche kommt auf uns zu“ gestand er. Ob es überhaupt genehmigt werde und ob alle 100 beteiligten Grundstückseigentümer mitmachen, fragte er sich. Die Förderung sei erstmal nur in Aussicht gestellt und es seien zig Ämter mit dem Vorhaben befasst, also werde es dauern.

Bürgermeister plant Bürgerinfoveranstaltung

Auch die von Bürgermeister Jens Häußler geplante Bürgerinfoveranstaltung vor der abschließenden Entwurfsplanung sei ein Risiko, weil sie Erwartungen wecken könnte, so Klass. Kühn habe die Objektrisiken auch erkannt und benannt, so der Rat weiter, da das Landratsamt jedoch bereits eingebunden war im Vorfeld „bin ich zuversichtlich, dass wir die Genehmigung erhalten.“ „Ob Sie sich die Maßnahme leisten können, ist eine politische Entscheidung,“, sagte Kühn, „wir erwarten nicht, dass die Maßnahme aus der Förderung rausfällt.“ Es stehen 700 000 Euro mögliche Förderung im Raum, „ohne Zuschuss können wir uns so ein Projekt nicht leisten“, sagte der Schultes. Heute werde nicht der Baubeschluss gefasst, machten Kühn und Häußler noch einmal deutlich. Zunächst werde der Entwurf den Bürgern öffentlich vorgestellt, „zeitnah“, so Häußler, danach dem Gemeinderat der Bauantrag zur Genehmigung vorgelegt. Kühn rechnet mit einer Genehmigungszeit von einem halben bis zu einem Jahr.

Häußler hält es für „elementar wichtig“, dass der jetzige Gemeinderat „das zu Ende bringt bis zum Baubeginn.“ Ins gleiche Horn stieß Jan Wentsch (FW): „Ich will wirklich zeitnah die Bürgerinfo, damit wir in diesem Gremium noch beschließen.“

Bei drei Enthaltungen entschied sich der Gemeinderat schließlich für die ursprüngliche, günstigere Trassenvariante.