Als akademische Mitarbeiterin ist Ramona Schmid in das Projekt eingebunden. Dabei geht es auch um die Messung und die Erfassung der Marker zur Emotionserkennung. Foto: HFU

Ein Forschungsprojekt an der Hochschule Furtwangen zu „Facial Emotional Recognition“ soll Hilfsmittel für autistische Menschen ermöglichen. Dazu geht es auch mal auf einer Planke über eine Häuserschlucht.

Es ist vermeintlich einfach: Wir lächeln unser Gegenüber an, und der oder die andere lächelt zurück. Was aber, wenn unser Lächeln nicht verstanden, nicht als freundlich eingeordnet wird? Menschen mit der Diagnose Autismus haben genau damit zu kämpfen. Autistische Menschen müssen oft lernen, welche Gesichtsausdrücke zu welcher Emotion gehören, um andere Menschen „lesen“ zu können. Viele Unsicherheiten und Ängste machen dies zur Dauerbelastung für Betroffene.

Das möchten Forscher der Hochschule Furtwangen (HFU) entschärfen. Das Forschungsprojekt „KomPASS“ hat zum Ziel, Computerspiele zu generieren, die autistischen Menschen – vor allem Jugendlichen – das „Gesichterlesen“ leichter machen.

Viel unterhaltsamer als eine Dauertherapie

„Die Idee ist, Kindern und Jugendlichen eine Art Training zu erschaffen, das sie aber nicht als anstrengend oder gar als Dauertherapie empfinden“, erklärt Projektleiter Knut Möller. Der Professor leitet an der HFU das Institut für angewandte Forschung.

Games machen Spaß – auch, wenn man nebenbei zum Erreichen des nächsten Levels eine Emotion erkennen und einordnen soll. „Das Ziel des Projekts ist es, ein geschütztes System zu entwickeln, in dem die Spielenden langfristig, auch im privaten Bereich, Trainings absolvieren können“, erklärt Möller.

Nicht nur für autistische Menschen

Die Computerspiele sind nicht nur für Autisten geeignet – denkbar wäre ein Einsatz auch bei Menschen in Positionen, in denen Personalverantwortung ein besonders empathisches Eingehen auf andere erfordert. Um solche spielerischen Trainings zu erstellen, gilt es zunächst, Emotionen zu erfassen, damit sie später per Avatar wiedergegeben werden können. „Damit ein Computer erkennen kann, um welche Emotion es sich handelt, muss es uns erst einmal gelingen, diese Emotion gezielt auszulösen“, sagt Verena Wagner-Hartl, die ebenfalls Teil des Projektteams ist. Die Professorin betreut den Messstand im Labor „Ingenieurpsychologie/Human Factors (IP/HF)“ am HFU-Standort Tuttlingen.

VR-Brillen kommen zum Einsatz

Dort wurde zunächst untersucht, inwieweit Bilder Gefühle auslösen können, die messbar sind. „Die Ergebnisse waren aber nicht deutlich genug“, schildert Wagner-Hartl. Mittlerweile setzt das Team VR-Brillen ein, mit denen die Probanden – meist Studenten – einschlägige Situationen erleben. „Im IP/HF-Labor schicken wir sie zum Beispiel in einem Hochhaus-Setting auf einer Planke über eine Häuserschlucht“, berichtet die Professorin für Ingenieurpsychologie.

Deutlich messbarer Nervenkitzel

Der Nervenkitzel ist deutlich messbar – Schwitzen an den Handflächen, erhöhter Puls, und ein Eye-Tracking-System in der Brille misst die Augenbewegungen. Das Experiment ist auch bei Besuchern beliebt. „Wir hatten zum Beispiel beim Tag der offenen Tür schon begeisterte Kinder zu Gast, die das so real erlebt haben, dass sie beim Sprung von der Planke auf allen Vieren gelandet sind“, berichtet Wagner-Hartl. Probanden helfen bei der Erfassung der Emotionen auch dadurch, dass sie sich an erlebte Momente erinnern, in denen das gefragte Gefühl intensiv empfunden wurde.

Internationale Experten arbeiten zusammen

Das Team von KomPASS ist interdisziplinär besetzt. Bei KomPASS und geplanten Folgeprojekten sind auch internationale Partner dabei, und mit der Uniklinik Freiburg ist das größte deutsche Autismus-Zentrum mit eingebunden.