Eine Aussage im Stadtplanungsentwurf: Hechingen ist eigentlich eine schöne, historische Stadt. Aber er zählt auch viele Problemzonen auf, die dringend saniert werden müssten. Das Stadtentwicklungskonzept soll helfen, dass das mal passiert. Bis zur Realisierung wird aber noch viel Wasser durch den Brunnen fließen. Foto: Stopper

Umsetzung des Stadtentwicklungskonzepts dürfte lange dauern. Mit Bürgerwerkstatt soll der Plan fortentwickelt werden.

Hechingen - Dass die Stadt keinen Plan hat, wird bald niemand mehr sagen können. Im Gemeinderat wurde am Donnerstag ein Zwischenbericht zum "Integrierten Stadtentwicklungskonzept ISEK" vorgestellt. Es zeigt viele altbekannte Fragen auf. Lösungen aber bleiben weiter schwierig.

Vor fast zwei Jahren hat der Gemeinderat bei der Wüstenrot Haus- und Städtebau GmbH ein Städtebaukonzept in Auftrag gegeben mit dem Ziel, einen "Masterplan" der Stadtentwicklung zu erstellen. 100.000 Euro wird das Werk kosten. Was gestern als Zwischenbericht im Gemeinderat vorgestellt wurde, war eine erschreckend lange Liste an Problemstellen in der Stadt. Für Hechinger war kaum Überraschendes dabei. Und so wurde auch diskutiert, ob der Plan sein Geld überhaupt wert ist.

 Die kritischen Stellen

Grob gesagt lässt sich der Bericht so zusammenfassen, dass die gesamte obere Kernstadt in desolatem Zustand ist. Einen verwahrlosten und planlos zugeparkten Eindruck macht auf die Planer der Schlossplatz beim Marstall, die Staig, das Gebiet um die Rabenstraße hoch über die Goldschmiedstraße zum Bereich zwischen Stiftskirche und Firstparkplatz, ebenso die Kanzleistraße beim Fecker samt Brandruinengelände. Das Gebäude von Stadtbücherei und Volkshochschule sei zu versteckt und zu Fuß schwer zu erreichen.

Aber auch im weiteren Stadtgebiet gibt es Schwachstellen. Der Bahnhof ist schwer zu finden. Das Gebiet der Oberen Mühlstraße weist "Unternutzung" auf, der Citypark wirkt wenig einladend und sei als Gebäude am Stadteingang und für Einzelhandel nicht gut geeignet.

Das Positive

Was in vielen Gesprächen mit Einwohnern aller Altersstufen deutlich wurde: Hechingen gilt als sehr kinder- und familienfreundlich, der historische Kern wird hoch geschätzt, die Krisenstabilität der Medizintechnik-Arbeitsplätze beruhigt viele, die Gemeinschaft schaffende Kraft des Vereinslebens wird hoch geschätzt – vor allem auch in den Stadtteilen. Und noch ein Punkt: Die Planer sind überzeugt, dass Wohnraum in Hechingen gefragt ist und in Zukunft noch mehr gefragt sein wird, weil Reutlingen und Tübingen als quirlige Zentren mehr Leute anziehen, als dort direkt wohnen können. Das schafft in Hechingen Perspektiven für Investoren.

 Lösungsvorschläge

Bleibt trotzdem die Frage, wie die aufgelisteten Probleme gelöst werden könnten. Im Konzept-Entwurf liest sich das reichlich vage. "Aktives Leerstandsmanagement", "aktive Bodenpolitik", für leer stehende Läden, "Umnutzung in Wohnungen", "Sanierungsgebiet", Baulücken sollen "lagegerecht entwickelt" werden. Allesamt Ideen, die seit Jahren immer mal wieder im Gemeinderat kursieren. Dazu passt auch, dass Unsinns- Stadtgesprächs-Klassiker wie Seilbahn und Rutschen zwischen Ober- und Unterstadt nicht vergessen wurden. Und auch zu allen Hechinger Stadtteilen gibt es Auflistungen von Mängeln und gewünschten Projekten. Viel zu diskutieren also im Gremium. Und so entspann sich eine lebhafte Debatte.

 Frank Balbach fragte Bürgermeister Philipp Hahn, ob der die 100 000 Euro für das Konzept sinnvoll angelegt findet.

 Bürgermeister Philipp Hahn wand sich da etwas, bezog dann aber doch Stellung: Die meisten Vorschläge seien altbekannt, viele Probleme von der Stadt kaum zu lösen – beispielsweise weil ihr die fraglichen Häuser nicht gehören. Seine Schreibtischschublade sei voll mit Konzepten aus der Amtszeit seiner Vorgänger.

"Ortsteil Kernstadt leider untergegangen"

 Regina Heneka monierte, dass für das Konzept nur die Stadtteil-Gremien befragt wurden. "Der Ortsteil Kernstadt ist da leider untergegangen".

 Werner Beck, Mitinitiator des Konzepts, räumte ein, dass die Analyse nicht viel Neues bringe, und zudem werde ein niederschmetternd-zutreffendes des Bild des Hechinger Zustands gezeichnet. Aber er hielt trotzdem zum ISEK-Plan, denn er erhoffe sich eine "Priorisierung", was vordringlich anzugehen sei, und zudem sei ein Stadtentwicklungskonzept auch Voraussetzung für die Zuschuss-Gewährung bei Projekten.

 Margret Simoneit kritisierte, dass die Stadt über viele "Projekte" nicht frühzeitig und umfassend informiere. Sie ging auf Vorhaben wie das auf dem Aviona-Gelände ein. Philipp Hahn konterte hier sehr harsch, kündigte aber an, dass zu Aviona und Marktplatz 2 in der Juli-Gemeinderatssitzung öffentliche Präsentationen vorgesehen sind.

Konzept für Hechinger nicht viel Neues

Jürgen Fischer betonte ebenfalls, dass das Konzept für Hechinger nicht viel Neues enthält, und er erinnerte daran, dass alle Problemlösungen auch viel Geld kosten würden, was in Corona-Zeiten ein Problem sei. Andererseits: Der Obertorplatz habe auch acht Jahre zwischen Idee und Realisierung gebraucht, fügte er noch an.

 Hannes Reis lobte den Plan und vor allem die Aspekte, die auf Klimaneutralität abheben.

 Stefan Hipp hob hervor, dass das Konzept auch viel Stärken enthalte. Die historische Altstadt, die Modernität der Betriebe und anderer Einrichtungen, die Familienfreundlichkeit und Bildungsqualität. "Es ist nicht alles schlecht hier", betonte er und forderte seine Ratskollegen dazu auf, auch "die Stärken zu sehen und an denen dann auch weiterzuarbeiten".

 Klaus Jetter konnte dem nur beipflichten, auch viele andere Köpfe im Gremium sah man nicken. Jetter sprach dann das Schlusswort in der munteren Debatte: "Ich wünsche mir, dass dann auch irgendwas in die Tat umgesetzt wird. Denn wenn auch hier wieder mal nichts passieren würde, hätten wir dafür zu viel Geld ausgegeben".

 Wie es weitergeht?

Mit einer Bürgerwerkstatt, die am Mittwoch, 14. Oktober, in der Stadthalle stattfinden soll. Hier soll auch die Möglichkeit einer "Online-Beteiligung" eingeräumt werden. Dann wird noch einmal der Gemeinderat beraten und beschließen. Und im neuen Jahr dann könnte es an die Umsetzung gehen. Wie lange das dann aber dauern könnte, dazu wird derzeit niemand eine Prognose abgeben wollen.